Seminare selbst organisieren: Wer will – und wer will was?

Man lernt ja nie aus – und besonders Start-ups haben oft einen enormen und sehr individuellen Weiterbildungsbedarf. Für eine individuelle Unternehmensberatung ist gerade kein Geld da, also begibt man sich auf die Suche […]
Seminare selbst organisieren: Wer will – und wer will was?
Montag, 11. November 2013VonElke Fleing

Man lernt ja nie aus – und besonders Start-ups haben oft einen enormen und sehr individuellen Weiterbildungsbedarf. Für eine individuelle Unternehmensberatung ist gerade kein Geld da, also begibt man sich auf die Suche nach geeigneten Seminaren. Und wird oft nicht fündig. Gut, denkt man sich, dann basteln wir uns unser Wunsch-Seminar eben selbst. Aber wie? Genau diese Frage beantworten wir Ihnen in einer vierteiligen Serie.

Danach stellen wir Ihnen noch die gesamte Serie als 35-seitiges kostenloses Whitepaper zur Verfügung. Damit Sie immer wissen, welcher Schritt gerade getan wird und welcher als nächstes zu gehen ist, gibt’s die Step by Step-Infografik gleich vorweg. Ein Klick ins Bild zeigt die Infografik.

Ihr Wunsch-Präsenz-Seminar im Selbstbausatz

Ein Präsenz-Seminar zu organisieren bedeutet einiges an Arbeit – ist aber keine Raketentechnik. Ihr Einwand gegen ein Präsenz-Seminar ist schon vorab zu hören:

Ein Online-Seminar ist doch viel moderner und leichter zu organisieren?

Stimmt beides. Aber: Es gibt Themen und Bereiche, in denen ein Präsenz-Seminar einfach am effizientesten zur Weiterbildung ist.

Gerade in Bereichen, in denen ein intensiver Austausch miteinander und praktisches Üben wichtig sind, reicht auch kein noch so gutes Online-Seminar an ein Seminar, einen Workshop heran, bei dem alle Teilnehmer mit dem Trainer bzw. der Trainerin in einen Raum versammelt sind. Zumal in einem Online-Seminar bestimmte Arbeitsformen wie Kleingruppenarbeit wesentlich komplizierter umzusetzen sind.

Und es fehlen halt doch immer einige der Wahrnehmungskanäle, die in einer persönlichen Zusammenarbeit zu kurz kommen oder ganz wegfallen.

Übrignes: Die Tipps zur Organisation einen eigenen Seminars lassen sich natürlich analog auf jede andere Veranstaltung mit kleinerem Teilnehmerkreis übertragen.  Bei großen Events mit einem Programm, das aus vielen verschiedenen Programmpunkten besteht, muss das Vorgehen bei der Organisation um diverse Punkte ergänzt werden.

1. Andere Interessenten finden

Zunächst mal sollten Sie sich die Frage beantworten, wie viele Mitstreiter Sie idealer Weise überhaupt dabei haben wollen.

Wie viele Teilnehmende?

Überlegen Sie sich, wie viele Teilnehmer Sie sich für Ihren Workshop wünschen. Jede Zahl hat ihre Vor- und Nachteile: Je weniger Teilnehmende, desto individueller kann die Betreuung durch den Trainer sein.

Andererseits ist der Input von und der Austausch mit den anderen Teilnehmern ja auch wichtig und befruchtend, insofern sind mindestens 5 bis 6 schon ganz gut.

Nicht zu vernachlässigen ist natürlich auch der Kostenaspekt: Je größer die Teilnehmerzahl, desto geringer wird der für die Kosten zu zahlende Anteil jedes Einzelnen.

Aber jetzt nicht auf ‘Seminar-Schnäppchen’-Teilnehmerfang gehen. Denn mit einer zu großen Teilnehmerzahl sinkt wahrscheinlich die Effizienz des Seminars wieder, denn eine große ‘Herde’ kann nicht mehr individuell betreut werden, einige sehr effiziente Arbeitsformen müssten entfallen und wenn’s gar zu viele werden, sitzen Sie plötzlich in einem Vortrag statt einem Seminar. Und das wollen Sie diesmal ja gerade nicht.

Tipp: Je nach Thema und Praxisanteil der Übungen im Workshop ist eine Teilnehmerzahl von etwa 5 bis maximal (!) 15 – besser 10 – prima, um noch gut arbeiten zu können.

Wenn Sie Pech haben, ist die Organisation Ihres eigenen tollen Workshops nach diesem Schritt schon wieder beendet. Dann nämlich, wenn Sie keine oder nicht annähernd genügend andere Interessenten für Ihr Wunsch-Seminar finden. Dann müssen Sie umswitchen und sich auf die Suche nach einem Einzelcoaching oder was auch immer machen.

Aber die Wahrscheinlichkeit, dass es Ihnen gelingt, genügend potenzielle Mitstreiter zu finden, war noch nie größer als heute, wo jeder mit jedem problemlos in Kontakt treten kann:

In eigenen Netzwerken und Social Web herumfragen

Gehen Sie Ihre virtuellen und realen Netzwerke, Gruppen bei Xing oder Facebook, Circles bei Google+ gedanklich durch und überlegen Sie, in welchen Gruppen sich wohl Leute befinden, die sich auch für Ihr Wunschthema interessieren und bereit wären, dafür Geld auszugeben.

Oft ist ja so, dass man sich in Bereichen intensiver weiterbilden möchte, für die man sich sowieso schon interessiert, weshalb man auch schon länger in entsprechenden Netzwerken und Gruppen aktiv ist.
Je besser sie insgesamt im Social Web vernetzt sind, desto wahrscheinlicher finden sich auch weitere Interessenten, wenn Sie einfach in Ihrem Blog und bei Twitter, Facebook, Xing und Google+ eine entsprechende Anfrage posten und Interessenten bitten, sich per E-Mail mit Ihnen in Verbindung zu setzen.

Eigene Kontakte anschreiben

Sie können natürlich auch ihre Kollegen, Bekannten und Geschäftspartner per E-Mail fragen, ob Interesse an einem Seminar zu Ihrem Wunschthema besteht. Der Vorteil dieser Kontaktaufnahme: Man kennt sich gegenseitig, was es wahrscheinlicher macht, dass die Angeschriebenen auch Lust haben, mal wieder was zusammen zu unternehmen. Und warum soll das nicht mal ein gemeinsames Seminar sein?

In dieser E-Mail müssen Sie nur darauf achten, dass sie nicht wie eine Werbemail von einem professionellen Seminarveranstalter rüberkommt. Dann landet sie gern versehentlich in der ‘Rundablage’.

Wichtig: Deadline setzen – Und am besten bitten Sie, Ihre Frage bis in zwei Wochen zu beantworten. Zu kurze Deadlines verursachen Druck und zu lange lassen die Empfänger das Thema auf die lange Bank schieben und dann vergessen.

Genauso übrigens wie gar keine Deadline: Man will eigentlich wirklich zu etwas Stellung beziehen, aber dann überrollt einen das Tagesgeschäft, die Anfrage rutscht immer weiter nach hinten, weil sie ja ‘nicht so eilt’ und zack – irgendwann hat man sie vergessen.

Verteiler-Liste nicht zu schnell schließen

Bevor Sie mit der Mitstreiter-Suche loslegten, haben Sie sich ja schon überlegt, wie viele Teilnehmer mindestens und wie viele höchstens außer Ihnen dabei sein sollen.

Bitte nicht sofort die Liste schießen, wenn ‘genug’ Leute ihr Interesse bekundet haben. Denn wer grundsätzliches Interesse bekundet hat, springt vielleicht nach der Themen-Spezifizierung wieder ab, und wer dann noch dabei ist, hat sich noch nicht verbindlich angemeldet. Und nicht jeder, der sich verbindlich anmeldet, überweist auch seinen Kostenanteil pünktlich.

Und selbst die, die bezahlt haben und eigentlich unbedingt dabei sein wollen, können noch auf den letzten Drücker durch Krankheit oder ganz wichtige Verpflichtungen verhindert sein – und freuen sich dann über Nachrücker, die ihren Kostenanteil unbürokratisch übernehmen.

Also lassen Sie erst mal alle Interessenten im Verteiler-Pool. Der dünnt sich im Verlauf der Entwicklungen von ganz allein aus.

Wichtiger Tipp zum Adressieren des Verteilerpools:  Sie werden im Verlauf der Workshop-Organisation diverse Rundmails an alle Interessenten bzw. Teilnehmer verschicken.  Da sich die Teilnehmer vor dem Workshop in der Regel nicht kennen, setzen Sie deren E-Mail-Adressen keinesfalls in das ‘An’-Feld Ihrer E-Mail, weil dann jeder die E-Mail-Adressen aller anderen lesen kann. Und darüber sind viele – zu Recht – verärgert.

Setzen Sie stattdessen die Adressen ins Blind Copy (BCC)-Feld und ihre eigene ins ‘An’-Feld. Dann kann jeder Empfänger nur Ihre E-Mail-Adresse lesen.

2. Mitorganisatoren finden

Unterschätzen Sie den Zeitaufwand für die Organisation eines Seminars nicht. Allein an der Anzahl der ToDo-Schritte in diesem Beitrag sehen Sie schon, dass sich das nicht ‘mal eben’ nebenbei erledigen lässt.

Also überlegen Sie gegebenenfalls, ob Sie sich Mit-Organisatoren aus dem Teilnehmerkreis suchen können. Oft ist es ja so, dass einige der Interessenten auf jeden Fall dabei sein wollen und dass Sie einige der Teilnehmer vorab schon kennen.

Sie können Sie Orga-Arbeit also auf mehrere Köpfe verteilen, wobei jeder Mitorganisator genau umrissene Zuständigkeiten haben sollte. Zum Beispiel:

  • Jemand recherchiert infrage kommende Seminarräume – aber verhandeln und buchen tun Sie selbst. Oder Sie geben auch diesen Punkt ab.
  • Sie kümmern sich um die gesamte organisatorische Vorbereitung, aber die inhaltliche Kommunikation mit dem Referenten und/oder die Betreuung von Trainer und Teilnehmern vor Ort übernimmt jemand anderes.
  • Sie kümmern sich um alles Organisatorische, jemand anders um die finanzielle Abwicklung: Geldeingänge der Teilnehmer prüfen und ggfs. mahnen, Vorkassen überweisen, Rechnungen bezahlen…

Dies als Beispiele, wie man die Arbeit auf mehrere Köpfe verteilen kann. Wie Sie’s letztendlich machen, oder ob sie alles allein wuppen wollen, sei Ihnen überlassen.

3. Erfahrungshorizonte und Wünsche abfragen

Glauben Sie mir, auch wenn Sie denken, Ihr Wunschthema sei unmissverständlich und scharf umrissen, die Gruppe von ihren Vorkenntnissen her ausgesprochen homogen und die Wünsche bezüglich der möglichen Lernmethoden auch: Sie irren sich. 10 Teilnehmer, da bedeutet 15 Wissenstände, 22 verschiedene Wünsche bezüglich inhaltlicher Schwerpunkte und 8  unterschiedliche Bedürfnisse bezüglich der Arbeitsweisen.

Einige Punkte sollten Sie bei jedem Interessenten abfragen, um ein Seminar auf die Beine zu stellen, das möglichst alle Teilnehmer bei ihrem Wissenstand sowie ihrem inhaltlichen und methodischen Bedarf abzuholen.

Am einfachsten funktioniert diese Umfrage unter allen Seminar-Interessenten per Google Doc. Erstellen Sie dort ein ‘Formular’ und schicken Sie den Link zum Ausfüllen der Umfrage per E-Mail (dran denken: Adressen ins BCC-Feld) an alle Interessenten.

Dann kann zunächst keiner die Ergebnisse der anderen sehen und füllt so unbefangen das Formular aus. Setzen Sie auch hier eine Deadline von 7 bis 10 Tagen, damit der Auftrag an die anderen etwas verbindlicher ist.

Später können Sie dann alle Antworten allen zugänglich machen. So erfährt man vorab schon einiges über die anderen und deren Erfahrungs- und Erwartungshorizont.

Außerdem können Sie das Ergebnis ihrer Umfrage später dem Referenten für seine Vorbereitung zukommen lassen. Umso genauer kann er Inhalte und Arbeitsweisen auf Ihrer aller Bedürfnisse zuschneiden.

Hier ein paar mögliche Fragen, die – bzw. analog passende – Sie bei allen Interessenten abklopfen sollten:

  • Vorname Name (Pflichtfeld)
  • E-Mail-Adresse (Pflichtfeld)
  • URL der Website
  • Über mich (ein wenig was über das berufliche Tun und den Bezug zum Workshopthema erzählen lassen)
  • Wunsch bezüglich minimaler und maximaler Teilnehmerzahl
  • Wunsch bezüglich Dauer des Workshops (n Stunden, 1 Tag, 2 Tage,…)
  • Wie viel würde man maximal für den Workshop inkl. aller Kosten (aber plus individueller Reisekosten) auszugeben bereit sein?
  • lieber Wochenende oder unter der Woche
  • Mögliche Termin-Zeiträume (Achten Sie darauf, möglichst keine Termin-Slots während der Schulferien vorzuschlagen, weil dann viele im Urlaub sind, auch eventuelle Referenten; außerdem ist für ein Seminar in großen Städten darauf zu achten, dass gerade keine riesigen Messen oder ähnliche Events sattfinden, weil es dann problematisch sein kann, einen Seminarraum oder ein schönes günstiges Hotel zu finden)
  • Bevorzugte Region des Workshops
  • Bereitschaft, bei der Organisation zu helfen?
  • Kennt man einen geeigneten Workshopleiter? Namen und möglichst URL nennen lassen
  • Wie fit schon jetzt bezüglich des Themas? (Skala 1-10)
  • Zukünftige Einsatzvorhaben für die Inhalte des Seminars
  • Theoretischer Input zu welchen Themenbereichen gewünscht?
  • Praktische Übungen wozu gewünscht?
  • Verhältnis Theorie : Praxis in Prozent
  • Sonstige inhaltliche/methodische Anregungen und Wünsche

In der nächsten Folge dieser Serie widmen wir uns der Suche nach einem geeigneten Referenten und einem passenden Seminarraum.

Bild ganz oben: Shutterstock

Elke Fleing

Elke Fleing aus Hamburg liefert Texte aller Art, redaktionellen Content und Kommunikations-Konzepte. Sie gibt Seminare, hält Vorträge und coacht Unternehmen. Bei deutsche-startups.de widmet sie sich vor allem Themen und Tools, die der Erfolgs-Maximierung von Unternehmen dienen.