“Man hat weniger Zeit, den User zu fesseln” – Klaas Kersting von Flaregames
Seit August des vergangenen Jahres startet Gameforge-Gründer Klaas Kersting mit Flaregames (www.flaregames.com) wieder durch. Mit Royal Revolt!, Ocean Tower und BraveSmart betreibt das Start-up bisher drei Smartphone-Spiele. Im Interview mit deutsche-startups.de spricht Flaregames-Macher Kersting kurz vor dem Browsergames Forum 2012, das 1./2. November stattfindet, über das Marktpotenzial von Mobile Games, Lokalisierung und Alpha Centauri.
Ihr kommt alle aus dem klassischen Browsergamesmarkt, nun macht ihr Mobile Games. Was führte dazu, dass ihr auf den Bereich Smartphone und Tablet setzt?
Mobile ist der am schnellsten wachsende Entertainment-Markt, wir müssten verrückt sein, wenn wir dort nicht aktiv werden würden. Ich persönlich sehe an meinem eigenen Nutzungsverhalten sehr deutlich den Siegeszug mobiler Spiele. Zwar schalte ich gerne ab und an noch die Konsole an oder zocke Civ 5 auf dem PC, aber der größte Teil meiner Spielzeit findet auf mobilen Geräten statt.
Mobile wird von vielen als die Zukunft des Spielemarktes gesehen. Glaubt ihr auch, dass die Zukunft nicht im Browser liegt, sondern mobil ist?
Auf jeden Fall. Der Browser wird nicht verschwinden, doch die stark wachsende Verbreitung der Tablets und Smartphones eröffnen einen neuen Markt. Gerade für asynchrone Multiplayer-Spiele – und das sind die meisten Browsergames –, ist eine Plattform, die man in der Tasche hat und jederzeit für ein paar Minuten einsetzen kann, ideal.
Wie schätzt ihr das Marktpotenzial ein?
Das Marktpotenzial ist nicht kleiner als das von Browser- und Clientgames. Die Games aus den „Top Grossing Charts“ monetarisieren auch in ähnlicher Weise.
Das Problem an Mobile ist nicht die Entwicklung, sondern die Vermarktung, sagen zum Beispiel Zynga und Bigpoint. Wie seht ihr das?
Wir sind hier in einem jungen Markt, dessen Gesetze wir erst noch lernen müssen. Marketing funktioniert in Mobile anders als im Web. Die Erkenntnisse, die anderswo gewonnen wurden, können nicht einfach übertragen werden. Wenn es so einfach wäre, würde es jeder machen.
Wie vermarktet ihr eure Spiele?
Wir arbeiten mit einer komplexen Mischung aus performance-orientierten Maßnahmen, betreiben PR und unterhalten eine umfangreiche Kooperationslandschaft.
Unterscheidet sich das Gameplay eines Browserspiels von dem eines Mobile Games?
Eine alte Weisheit aus der Entwicklung von Mobile Games besagt, dass der zentrale Game Loop nicht länger dauern darf als eine Tasse Starbucks Kaffee. Man hat weniger Zeit, den User zu fesseln, der Spieleinstieg wird wichtiger. Komplexität darf schon auch sein, aber wenn die ersten fünf Minuten nicht überzeugen, ist der User sofort weg.
Der Trend im Bereich Mobile geht, ähnlich wie bei Browsergames vor ein paar Jahren, weg vom einmaligen Bezahlen hin zu free2play. Wie ist es eurer Erfahrung nach, zahlen die Spieler ähnlich viel wie bei Browsergames oder sind wir hier noch im Entwicklungsstatus?
Das ist von Spiel zu Spiel sehr unterschiedlich.
Wie lange seht ihr die Lifetime eines Spielers im Bereich Mobile?
Der Lebenszyklus ist kürzer, so viel steht fest. Wie viel genau, das weiß niemand so richtig – der Markt ist ja noch jung. Dass das OGame von Gameforge zehn Jahre nach Launch immer noch auf dem Markt sein würde, hätte damals auch niemand gedacht.
Was kostet ein gutes Mobile Spiel in der Entwicklung?
Für ein paar hundertausend Euro lassen sich bereits konkurrenzfähige Apps bauen. Investitionssummen von mehreren Millionen Euro werden aber immer häufiger.
Thema Lokalisierung: Ist es leichter, ein Mobile Spiel international auszurollen als ein Browserspiel?
Ja. Man muss zwar auch lokalisieren, aber sich nicht mit Dutzenden von Payment-Firmen herumschlagen.
Welches Mobile Spiel spielt ihr am liebsten?
Neben unserem Royal Revolt hänge ich auf Lost Cities von Rainer Knizia und den Codemonkeys.
Welches klassische Retailspiel würdet ihr persönlich gerne einmal auf euren Smartphones spielen?
Leider eher unwahrscheinlich: ein mobiles Remake meine Lieblingsspiels Alpha Centauri. Noch nicht „klassisch“ und daher wahrscheinlicher: Der neue Titel von Daedalic, Chaos auf Deponia, gefällt mir ausgezeichnet, davon hätte ich gerne eine iPad-Fassung. Aber die kommt sicher noch.
Zur Person
Klaas Kersting, Jahrgang 1979, studierte nach zwei vergeblichen Versuchen Internationale Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt IT in Mannheim. Ende 2003 gründete er gemeinsam mit Alexander Rösner die Browserspieleschmiede Gameforge. Das Unternehmen entwickelt Browserspiele und client-basierte Massive Multiplayer Online Games. 2010 stieg Kersting bei Gameforge. 2012 gründete er Flaregames.