“Die größten Probleme hatten wir durch unser schnelles Wachstum” – Marc Appelhoff von fashion4home im Interview

Anfassen erlaubt: Im Büro des Möbel-Shops fashion4home (www.fashion4home.de) finden sich zahlreiche Sofas, Tische und Lampen, die das Start-up selbst verkauft. Im November des vergangenen Jahres trat das Start-up an, die “Möbelbranche zu revolutionieren”. […]

Anfassen erlaubt: Im Büro des Möbel-Shops fashion4home (www.fashion4home.de) finden sich zahlreiche Sofas, Tische und Lampen, die das Start-up selbst verkauft. Im November des vergangenen Jahres trat das Start-up an, die “Möbelbranche zu revolutionieren”. Im Interview mit deutsche-startups.de spricht Mitgründer Marc Appelhoff über langsame Entwicklungszyklen, Zollbestimmungen und Besucher aus den Niederlanden.

Vor rund einem Jahr ging fashion4home an den Start. Inzwischen sind Sie und ihre Mannschaft zweimal umgezogen. Wie lange bleiben Sie in ihrem dritten Büro?
Wir fühlen uns sehr wohl am Alexanderplatz mitten in Berlin und haben hier die ideale Kombination aus Büro und Showroom vorgefunden. Deshalb zieht es uns sicher nicht bald erneut in neue Räumlichkeiten.

Wie viele Menschen arbeiten inzwischen bei fashion4home?
Wir sind mittlerweile ein Team von 50 Leuten, die meisten davon in Marketing und Kundenservice in Berlin.

Sie haben es gerade schon angesprochen, dass Sie in Ihrem neuen Büro auch einen Showroom eingerichtet haben. Wird dieser angenommen?
Diese Möglichkeit wird nicht nur von Berlinern gerne wahrgenommen: Die Besucher kommen teilweise sogar aus den Niederlanden oder Österreich auf ihrem Städtetrip zum Probesitzen vorbei. Wir haben eine wechselnde Auswahl der mittlerweile über 2.000 Artikel in unserem Showroom am Alexanderplatz in Berlin. Kunden laden wir ein, nach Voranmeldung vorbeizukommen.

Klingt ein wenig nach traditionellem Möbelgeschäft. Mit Fashion4home wollen Sie dennoch die “Möbelbranche revolutionieren”. Wie soll das gelingen?
Circa 60 % des Möbelhandels arbeitet noch mit Zwischenhändlern, die die Produktkosten aufblähen und bestellen zweimal im Jahr Ihre Produkte – was viel Lagerkosten aber auch langsame Entwicklungszyklen neuer Designs mit sich bringt.

Was machen Sie anders?
Unser Team arbeitet jeden Tag daran, dem Kunden tolle, neue Designs zu unschlagbarer Preis-Leistung  zu bieten. Wir bieten Qualität auf boconcept -Niveau zu Preisen, die 50 bis 80 % günstiger sind als im traditionellen Möbelhandel. Das gelingt nur durch Auftragsfertigung On-Demand direkt ab Werk und Transport direkt zum Kunden. Den Kostenvorteil geben wir voll an den Kunden weiter. Insofern bleibt es dabei, dass wir die Möbelbranche umkrempeln wollen.

Wo werden die Möbel, die bei fashion4home verkauft werden, hergestellt?
Die meisten unserer Lieferanten sitzen in Asien und Osteuropa, wir arbeiten aber auch immer mehr mit deutschen Herstellern zusammen. Wir wählen für jeden Produkttyp einen renommieren Lieferanten aus, der Experte auf seinem Gebiet ist und auch für andere große Marken in der Möbelindustrie arbeitet wie zum Beispiel Philippe Starck oder boconcept. Zudem wird  jede Fertigungscharge persönlich in der Fabrik durch unser eigenes Qualitätsteam kontrolliert, bevor diese zum Versand verpackt wird. So können wir sicherstellen, dass wir dem Kunden immer gute Qualität zusichern.

Was sind die größten Herausforderungen beim Verkauf von Möbeln über das Netz?
Möbel stellt man sich in sein Heim, sie sind also ein sehr emotionales Produkt, was die meisten Kunden gerne vor dem Kauf anfassen und probesitzen wollen. Diese Herausforderung gehen wir nicht nur mit dem Versprechen des besten Preis-Leistungs-Versprechens an: Wir versenden kostenlos Stoffproben an unsere Kunden, in Berlin haben wir jetzt unseren Showroom zum Probesitzen und unsere Produkte kann man 30 Tage lang ohne jedes Risiko wieder auf unsere Kosten abholen lassen. Zudem haben wir die Möglichkeit, dass der Kunde auf Rechnung und in naher Zukunft auch auf Raten kauft.

Retouren sind ein gutes Stichwort. Bei einigen Shops, die in den vergangenen Jahren gestartet sind, sind Retouren ein gigantisches Problem. Wie sieht dies bei fashion4home aus?
Gerade bei großen Möbelstücken sind Retourenkosten sowohl für Transport als auch durch Verlust bei Weiterverkauf problematisch. Retouren versuchen wir durch zwei Punkte zu vermeiden:  Eine 100%ige Qualitätskontrolle, bevor das Möbel die Fabrik verlässt und durch gutes Bildmaterial und präzise Produktinformationen in unserem Shop, so dass der Kunde weiß, was er bestellt. Wir wollen unseren Kunden Möbel verkaufen, die sie wirklich wollen! Wenn sie es geliefert bekommen, sind sie überrascht über die gute Qualität zu einem super Preis.

Und wie viele Besteller senden ihre Möbel wieder zurück: 50 %, 20 % oder 10 %?
Wir profitieren hier von Preis und Qualität und liegen am unteren Ende der Skala.

Jetzt mal zu den harten Zahlen: Wie viele Bestellungen gehen tagtäglich bei fashion4home ein und welchen Umsatz machen Sie im Monat?
Diese Informationen geben wir leider nicht an die Öffentlichkeit. Vielleicht nur eins: Hat der klassische Möbelhandel im Sommer traditionell hohe Umsatzeinbußen, galt das nicht für uns. Wir konnten uns über stetig wachsende Bestellzahlen freuen.

Kann ich irgendeine Größenordnung in Bezug auf die täglichen Bestellungen aus Ihnen raus kitzeln – sind es nun über 5.000, rund 1.000 oder 100?
Ich bin Gott sei Dank nicht kitzelig.

Schade! In einem “Handelsblatt”-Artikel war davon die Rede, dass Sie spätestens 2011 die Gewinnschwelle anpeilen. Bleibt es bei diesen stattlichen Planungen?
Wir sind sehr zufrieden mit der Entwicklung von fashion4home und sind in allen fünf Märkten gut unterwegs, insofern gibt es keinen Grund unsere Pläne zu ändern.

Sie sind bisher in Deutschland, Österreich, den Niederladen, Großbritannien und den USA aktiv. Wo läuft das Geschäft am besten?
Wir sind in Deutschland gestartet und haben hier in Berlin unsere Zentrale mit großem Showroom, deshalb ist Deutschland noch der größte Markt für uns. Aber auch die anderen Länder entwickeln sich sehr positiv.

Ist das Sortiment in allen Ländern gleich? Aufgrund lokaler Normen zum Beispiel im Brandschutz sind die Sortimente bereits teilweise unterschiedlich. Solange wir unserem Geschäftsmodell treu bleiben können, werden wir auch auf lokal unterschiedliche Einrichtungsstile eingehen und teilweise spezifische Produkte nur in den USA oder UK anbieten.

Aus welchem Grund fehlt die Schweiz bisher auf ihrer Landkarte? Die Schweiz ist mit ihren Zollbestimmungen operativ schwieriger als Österreich oder Holland und zudem mit unterschiedlichen Sprachen komplexer. Deshalb konzentrieren wir uns zunächst auf die größeren Märkte in Westeuropa.

Welche Länder gehen Sie als nächstes an?
Hier ist noch keine Entscheidung gefallen, aber Frankreich als drittgrößter Versandhandelsmarkt in Europa ist sicher irgendwann fällig.

Was raten Sie anderen Start-ups, die im Ausland Fuß fassen wollen?
Man darf die lokalen Unterschiede nicht unterschätzen – von der Kommunikation mit den Endkunden bis hin zum Online Marketing ist jeder Markt anders in Wettbewerbsintensität und Vermarktungsansatz. Wobei die europäischen Märkte sich schon noch wesentlich ähnlicher sind als die USA.

Blicken Sie bitte einmal zurück: Was ist in den vergangenen zwölf  Monaten so richtig schief gegangen?
Die größten Probleme hatten wir durch unser schnelles Wachstum: Es kam bei einigen Kunden zu Lieferverzögerungen und auch auf technischer Seite kamen wir schnell ans Limit der Skalierbarkeit in Excel: Eine 70-Megabyte-Excel-Datei zum Lagermanagement legt halt mal schnell den ein oder anderen Rechner lahm.

Und wo haben Sie Ihrer Meinung nach alles richtig gemacht?
Wir haben vom ersten Tag die Qualität der Produkte als oberste Priorität gesetzt, damit wir nicht nur kurzfristig, sondern auch langfristig Kunden von fashion4home überzeugen können. Die Auswahl der Fertigungspartner und die Qualitätskontrolle sind hier zwar zeitintensiv, aber machen sich unserer Meinung nach auf Dauer bezahlt.

Auf welche Werbemaßnahmen haben Sie in den vergangenen zwölf Monaten gesetzt?
Wir gehen alle klassischen Online Marketing Kanäle an, wobei der Schwerpunkt nach wie vor klar bei SEM liegt. Die positive Presseresonanz hilft uns aber auch enorm weiter – gerade wenn wir neue Modelle einführen.

Ursprünglich sollte Fashion4home unter dem Namen Club of Style starten. Kurz vor dem Start folgte der Wechsel auf den Namen fashion4home. Warum?
Wir wollten keinen Club-Effekt erzeugen, denn bei uns kann man auch ohne Anmeldung einfach ein Sofa kaufen. Zudem bringt fashion4home  unsere Ambition auf den Punkt, unseren Kunden schöne und bezahlbare Einrichtungsgegenstände in kurzen Entwicklungszyklen, analog zur Mode-Industrie, anzubieten. Die Menschen haben Spaß daran, sich mit jeder Fashion-Saison äußerlich zu verändern. Und wir glauben fest daran, dass dies auch für das eigene Heim gilt und dort nur bisher das entsprechende Angebot fehlte. In diese Lücke wollen wir mit fashion4home immer mehr reinwachsen.

Wo steht fashion4home in einem Jahr?
In einem Jahr bietet fashion4home ein Möbelsortiment für alle Lebensbereiche:  Uns fehlen momentan noch wichtige Segmente wie Schlafzimmer, Büro oder Wohnaccessoires, die wir nach und nach einführen werden – immer mit dem gleich ambitionierten Anspruch an Qualität und unschlagbarer Preis-Leistung.

Zur Person
Marc Appelhoff gründete gemeinsam mit Christoph Cordes den Designer-Möbelshop fashion4home. Davor wirkte der WHU-Absolvent beim britischen Private Equity-Unternehmen Cinven und bei The Boston Consulting. Ein Jahr nach dem Start ist der Shop in Deutschland, Österreich, den Niederladen, Großbritannien und den USA aktiv. Neben Rocket Internet, dem Inkubator der Samwerbrüder Alexander, Marc und Oliver, ist auch Holtzbrinck Ventures (wie die Samwer-Brüder an deutsche-startups.de beteiligt) bei fashion4home als Investor an Bord.

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Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.