#Gastbeitrag

3 Fragen, die sich angehende Business Angels stellen sollten

Immer mehr Gründer:innen versuchen sich nach ihrem Exit als Business Angels. Doch anders als in Anlageklassen, bei denen die Strategie vorher behutsam festgelegt wird, wird bei Angel Investments oft direkt losgelegt. Dies kann jedoch gefährlich sein. Ein Gastbeitrag von Jan Voss.
3 Fragen, die sich angehende Business Angels stellen sollten
Donnerstag, 6. Juni 2024VonAlexander

Im Berliner Startup-Umfeld hat sich in den letzten Jahren viel getan. Seit meinem Umzug nach Berlin in 2018 haben sich Finanzierungsvolumen, aber vor allem auch die Exitvolumen, stark erhöht. Oft werde ich von erfolgreichen Gründer:innen nach ihrem Exit angesprochen, wie sie ihr Geld investieren sollen – und fast immer sind Angel Investments dabei ein Thema. Doch anders als in Anlageklassen, wo die Strategie vor Anlagebeginn behutsam festgelegt wird, wird bei Angel Investments oft direkt losgelegt. Aus meiner Erfahrung kann das gefährlich sein.

Wie folgt daher drei Fragen, die sich anstrebenden Business Angels stellen sollten – und natürlich meine eigenen Empfehlungen.

Machen VC-Investments überhaupt Sinn für mich?

Für ehemalige Gründer ist nach dem Exit eine VC-Allokation im Portfolio oft eine Selbstverständlichkeit. Schließlich hat man oft selbst von Angels profitiert und möchte zurückgeben – und idealerweise dabei natürlich Geld verdienen.

Was man dabei nicht vergessen darf: VC ist eine enorm riskante Anlageklasse. Es gilt das sogenannte “Power Law”: Ein Großteil von Startup-Investments generieren keine Rendite oder verlieren Geld, werden aber von einzelnen “Outlier” mit zwei- bis dreistelligen Multiples auf Portfolioebene ausgeglichen. Fehlt aber ein solcher “Outlier”, ist die VC-Rendite im Vergleich zu börsennotierten Technologiewerten oft enttäuschend. Gleichzeitig sind VC-Investments sehr illiquide und operativ oft zeitaufwendig.

Daher meine Empfehlung: Falls sich Investoren der Risiken bewusst sind, so kann VC als Teil eines diversifizierten Portfolios durchaus Sinn machen. Will ein ehemaliger Gründer aber weniger riskant und planungssicher sein, gibt es vermutlich bessere Alternativen.

Bin ich bereit, die notwendigen Risiken einzugehen?

Ein häufiger Fehler frischer Business Angels ist ein zu defensives Investieren: Da sie sich vor Kapitalverlusten scheuen, investieren sie in Unternehmen, die inkrementell weniger riskant sind als ein VC-Investment (“im Worst Case erhalte ich mein Geld zurück”), aber die im Erfolgsfall auch kein VC-Outlier sind (“im Best Case verkaufen wir für 100 Millionen Euro”).

Auf Papier macht das Sinn – in der Praxis aber weniger: Denn am Ende tätigen sie Investments, die weiterhin VC-typische Ausfallraten haben, aber im Erfolgsfall i.d.R. nicht ausreichend großer “Outlier” sein können. Ist der Bestfall “nur” ein 100 Millionen Euro Exit, die Einstiegsbewertung aber 5 bis 10 Millionen Euro, so reichen die Gewinne oft nicht aus, um auf Portfolioebene Ausfälle bei anderen Unternehmen auszugleichen. Im Ergebnis ist die Portfoliorendite im Worst Case enttäuschend, oder im Best Case ähnlich einem Private Equity-Fonds – aber mit viel mehr Risiko, und längerer Kapitalbindung.

Daher mein Ratschlag: Darauf achten, dass ein Investment ausreichend Potential im Best Case bietet. Ist man als Investor nicht bereit, auf Einzelinvestments Geld zu verlieren, so ist Venture Capital vermutlich nicht die richtige Anlageklasse.

Wie konstruiere ich mein Portfolio?

Der finale Schritt, den es für frische Business Angels zu beachten gilt, ist die Portfoliokonstruktion. Auch hier können wir uns wieder auf das “Power Law” fokussieren, und zwar, wie es von Venture Capital-Fonds genutzt wird: Ein VC-Fonds baut i.d.R. ein Portfolio von 25 bis 35 Beteiligungen und rechnet damit, dass ein oder zwei dieser Investitionen das Potential haben, im Erfolgsfall eine Rendite im Volumen des Fonds zu erzielen. 5 bis 10 erzielen eine moderate Rendite, doch der Großteil der Investitionen generiert keine Rendite oder verliert sogar das investierte Kapital.

An dieser Sichtweise sollten sich auch Angels orientieren, vor allem im Hinblick auf die notwendige Portfoliogröße. Oft erlebe ich, dass Angels nur 8 bis 10 Investitionen tätigen – das bringt enormes Risiko: Da rechnerisch 2 bis 4 % der Startups “Outlier” sind, gibt es bei einem kleinen Portfolio keine Garantie, dass ein solcher Outlier dabei ist. Ist das nicht der Fall, ist die Portfoliorendite vermutlich enttäuschend – und letztlich ist es für einen Investor natürlich enorm schmerzhaft, bei einer einzelnen Insolvenz 10 % des VC-Portfolios abschreiben zu müssen.

Meine Empfehlung: Denkt wie ein Pre-Seed-Fonds. Baut ein breit gestreutes Portfolio, das auf die Präsenz von mindestens einem “Outlier” optimiert ist (d.h. Bei erwarteten 2 % Outliern mindestens 1 / 2 % = 50 Unternehmen). Am Ende seid ihr damit vielleicht etwas überdiversifiziert, doch stellt gleichzeitig sicher, dass ihr bei der Präsenz einiger guter Deals zumindest kein Geld verlieren solltet.

Über den Autor
Jan Voss ist Gründer von Cape May Wealth, einer auf Unternehmer:innen und deren Family Offices spezialisierte Beratungsgesellschaft.

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Foto (oben): Bing Image Creator – DALL·E 3

Alexander

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.