#Gastbeitrag

Das bleibt vom Krisenjahr übrig, so geht es weiter

2023 war ein Knick-Jahr für nahezu alle Bereiche der Immobilien-Startup-Szene: PropTechs und Startups mit Bezug zu Büroimmobilien haben besonders gelitten. Wird nun 2024 alles besser? Richtig Entwarnung kann man auch für das noch junge Jahr nicht geben.
Das bleibt vom Krisenjahr übrig, so geht es weiter
Donnerstag, 1. Februar 2024VonTeam

Hohe Zinsen, Kapitalverknappung, Neubauprojekte, die an den Rand des Erliegens kamen genauso wie die Transaktionen von Wohnungen, Häusern und Büros. Die Rahmenbedingungen am Immobilienmarkt waren 2023 herausfordernd wie selten zuvor in der Vergangenheit. Kein Wunder, dass die komplexe Lage auch auf Immobilien-Startups durchgeschlagen ist. 

Investoren waren dadurch extrem zögerlich, Finanzierungsrunden platzten, Kunden bezahlten ihre Rechnungen nicht, Unternehmen berichteten davon, dass Beauftragungs- und Zahlungsmoral in den Keller gingen. Vertrieb im B2C- und B2B-Segment und vor allem bei Büroimmobilien sank auf ein Rekordtief.

In der Folge mussten 2023 gleich mehrere PropTechs Insolvenz anmelden; eben auch, weil sich deren Auftraggeber, etwa Projektentwickler, vom Markt verabschiedet hatten und damit ihre Dienstleister mit in den Abgrund rissen. Hinzukamen die wenig hilfreichen Regulierungen oder allein schon die Diskussionen darüber – etwa beim Heizungsgesetz oder bei EU-Sanierungsvorgaben –, die Immobilieninvestoren und Käufer spürbar verunsichert haben. Sowohl auf privater als auch auf institutioneller Seite. 

Ja, 2023 war ein Knick-Jahr für nahezu alle Bereiche der Immobilien-Startup-Szene: Prop-Techs und Startups mit Bezug zu Büroimmobilien haben 2023 besonders gelitten. Aber auch jene, deren Geschäftsmodelle auf Wohnen abzielt oder die allgemeinen Dienstleistungen und Lösungen anbieten. Mieten-, Kaufen-, Wohnen-Konzepte, Vertriebs- und Finanzierungsplattformen waren über den kompletten Jahresverlauf stärker unter Druck als in den Zeiten der Niedrigzinsen.

Erste Hoffnungsschimmer erkennbar – doch Krise ist noch nicht vorbei

Wird nun 2024 alles besser? Richtig Entwarnung kann man auch für das noch junge Jahr nicht geben. Doch so schlimm wie 2023 kann es gar nicht kommen, obwohl das Jahr gleich mit einer Reihe von staatlich verursachten Preiserhöhungen anfing, die auch Immobilieninvestitionen verteuern. Der Tiefpunkt aber scheint zumindest überwunden. 

Ein Lichtblick: Die wichtigsten Assetklassen entwickeln sich höchst unterschiedlich. Bewertungen für Wohnimmobilien etwa haben 2023 zwar deutlich nachgegeben – die Talsohle dürfte daher nun erreicht sein, was Transaktionen sowohl bei Mehrfamilienhäusern als auch Eigentumswohnungen wieder ankurbeln dürfte. Sofern Verkäufer von Bestandsimmobilien bereit sind, die angepassten Preise auch zu akzeptieren und zu verhandeln. Der größte Hoffnungsschimmer: Bauzinsen fallen seit Herbst von circa 4,20% (Anfang November) auf ein Niveau von unter 3,50% (Anfang Januar). Immobilien werden so wieder “leistbarer”. Die Positiveffekte für Branchen-Startups sollten da nicht unterschätzt werden. 

Nachfrage nach Wohnraum ungebrochen – Politik ist Bremser 

Dabei stellt sich eine andere Rahmenbedingung für Wohnimmobilien aus Investorensicht ebenfalls als positiv dar: Wohnraum ist knapp und wird aufgrund weiter steigender Zuwanderungszahlen, flächendeckend eingestellter Neubauprojekte und ungebrochener Nachfrage immer begehrter. 

Allerdings müssen Käufer und Verkäufer eben wieder zusammenkommen und sich über gemeinsame Preise verständigen, was in 2023 nicht immer geklappt hat. Von großen Preisabfällen muss nicht automatisch ausgegangen werden. Gerade wenn neue geopolitische Konflikte ausbleiben und bestehende beruhigt werden. 

Die allgemeine Konjunktur steht jedoch nach wie vor unter Druck, nicht zuletzt auch wegen der für die Gesamtwirtschaft und besonders für das Immobiliensegment kostensteigenden und investitionsschädlichen Politik. Investitionen in Wohnraum massiv zu erleichtern, sollte vorrangige Aufgabe des Gesetzgebers sein. Doch welche Punkte man auch durchdekliniert – es ist nichts passiert, was Bauen und Wohnen kostengünstiger und nachhaltiger gestaltet.

Sorgenkind Büromarkt

Kritisch zu sehen ist auch die Entwicklung bei Büroimmobilien. Die Auslastung ist gesunken und wird dies angesichts des Booms mobiler Arbeit weiterhin sein. Es wird schlichtweg viel weniger Büroraum benötigt – und da, wo die Mitarbeiter im Unternehmen zusammenkommen, ist eher Kommunikation, Austausch, Wissenstransfer gefragt, wofür die Immobilien umgerüstet werden müssen. 

Jungunternehmen, die nur in dieser Sparte unterwegs sind, haben es schwer – es sei denn, sie bieten genau die modernen Büroweltlösungen an, nach denen der Markt fragt. Denn Bürofläche wird nach wie vor gebraucht, nur anders, weniger und qualitativ hochwertiger.

Ein Fazit für die Gesamtheit der Immobilien-Startups zu fällen, ist daher keine Leichtigkeit. Zu unterschiedlich sind die angebotenen Dienstleistungen und Segmente, in denen sie tätig sind. 

Doch übermäßig positiv sieht es in naher Zukunft nicht aus, weil bis auf die Nachfrage nach Wohnraum und die Entspannung an der Zinsfront kaum positive Zeichen zu sehen sind; zumal erst jüngst wieder die Inflationsrate gestiegen ist, nach einer kurzen Erholung zwischendurch.  

Vieles hängt von der weiteren Zinsentwicklung, aber auch den geopolitischen Dynamiken ab. Bleiben neue internationale Krisen aus, ist mit Marktentspannung zu rechnen. Verschlechtert sich die Konjunktur, auch wegen der Rekordpreise für Energie, wird das Start-up-Segment wahrscheinlich auch in 2024 blockiert bleiben.

Über den Autor
Alexander Surminski ist CEO der Immobilienplattform immocation.

Startup-Jobs: Auf der Suche nach einer neuen Herausforderung? In der unserer Jobbörse findet Ihr Stellenanzeigen von Startups und Unternehmen.

Foto (oben): Shutterstock