#Interview

“Am Anfang war es schwierig Aufmerksamkeit auf uns zu lenken”

Bei Metergrid dreht sich alles um Mieterstrom. "Beim Modell verkauft der Hauseigentümer mit einer PV-Anlage auf dem Dach Strom an seine Mieter", sagt Gründer Julian Schulz. 468 Capital, Tiny Supercomputer Investment Company und Co. investierten bereits in das Startup.
“Am Anfang war es schwierig Aufmerksamkeit auf uns zu lenken”
Freitag, 1. Dezember 2023VonAlexander Hüsing

Das Stuttgarter Startup Metergrid, 2020 von Martin Lowinski und Julian Schulz gegründet, möchte Mieterstrom, also Strom, der in unmittelbarer Nähe zu Wohnungen dezentral produziert wird, skalierbar machen. Zusätzlich möchte das Unternehmen “das Managen von Rechnungen, Verträgen, Forderungen, Abschlägen, Mieterwechsel und vieles mehr erleichtern”. 468 Capital, Tiny Supercomputer Investment Company, Mätch VC und Profi-Fußballspieler Mario Götze investierten zuletzt 2,7 Millionen Euro in das Unternehmen.

“Am Anfang war es natürlich schwierig überhaupt Aufmerksamkeit auf uns zu lenken und damit auch auf den Radar von potentiellen Geldgebern zu kommen. Mittlerweile haben wir ein paar hundert Projekte umgesetzt und sprechen darüber natürlich auch öffentlich. Das hat über die Zeit dazu geführt, dass sich immer mehr potentielle Investoren bei uns gemeldet und gesagt haben: ‘Wir würden Euch gern beim Wachstum unterstützen.’ So war es letztlich auch für die Seed-Runde”, erzählt Gründer Schulz über die Investorensuche.

Im Interview mit deutsche-startups.de spricht der Metergrid-Gründer außerdem über Wachstum, Luxusprobleme und Technik.

Wie würdest Du Deiner Großmutter Metergrid erklären?
Beim Modell Mieterstrom verkauft der Hauseigentümer mit einer PV-Anlage auf dem Dach erzeugten Strom an seine Mieter. Damit ist Mieterstrom so, wie die im eigenen Garten angebauten Tomaten an seine Nachbarn verkaufen, anstatt dass jeder zum Supermarkt geht – nur eben mit Strom. Das ist nachhaltig, lässt Menschen von dem profitieren, was sie selbst erzeugen, ist allerdings etwas komplizierter, weil man Strom nicht einfach abzählt und in Tüten verkauft. Wir sorgen mit Beratung und Software zur Abrechnung des Stroms dafür, dass es trotzdem (fast) so einfach ist, wie das mit den Tomaten.

Wie wollt Ihr Geld verdienen, also wie genau funktioniert euer Geschäftsmodell?
Unser Service hat mehrere Komponenten. Erstens: Die Beratung und Projektsteuerung, die wir für Kunden übernehmen. Zweitens: Die Software für die Abrechnung und das Management eines Mieterstromprojektes. Für die Beratung berechnen wir eine einmalige Gebühr und für die Software einen kleinen monatlichen Betrag. Drittens: Weiterhin verkaufen wir auch die notwendige Technik, um Mieterstrom umzusetzen. Und relativ neu haben wir über die genannten Punkte hinaus gerade einen Rundum-Service geschaffen, bei dem wir für den Kunden quasi die gesamten Operations übernehmen und er/sie sich damit um fast nichts mehr selbst kümmern muss. Da wir hier natürlich einen höheren Aufwand haben, kostet dieser Service natürlich auch entsprechend etwas mehr.

Wie ist die Idee zu Metergrid entstanden?
Die Idee ist uns gekommen, als wir während des Studiums mit einem Vermieter gesprochen haben, der gerne einfach seinen erzeugten Strom seinen Mietern verkaufen wollte. Dafür gab es damals keine Lösung oder es war auf jeden Fall sehr kompliziert. Mit unserer Plattform nehmen wir für die Menschen die Komplexität bis zu einem gewissen Grad raus aus dem Thema und damit auch die Hürde. Davon profitieren am Ende die Vermieter, die Mieter und die Umwelt.

Was waren die größten Herausforderungen, die Ihr bisher überwinden musstet?
Die größte Herausforderung war, welche jetzt auch unsere größte Stärke ist, den Kunden in seinen Bedürfnissen genau zu verstehen und aus diesem Verständnis einen Service und ein Produkt zu bauen. Dafür braucht man auch in der Regel nicht viel Kapital, aber man muss gut zuhören. Denn: Mieterstrom ist ein komplexes Produkt, das man gut erklären und aufbereiten muss, um es den Menschen nahe zu bringen. Das haben wir in den letzten zwei Jahren mit mehreren hundert Projekten auch mit recht wenig Kapital geschafft und da sind wir wirklich stolz drauf. Jetzt, wo wir unsere Seed-Runde geschlossen haben, wird die Herausforderung sein, das noch wesentlich schneller hinzubekommen, während wir weiterhin – auch mit einem größeren Team und mehr Projekten – genauso nah am Kunden bleiben, um den Entwicklungen der Bedürfnisse und des Marktes weiterhin einen Schritt voraus zu sein.

Ihr konntet bereits mehrere Millionen Investorengelder einsammeln. Wie seid ihr mit euren Geldgebern in Kontakt gekommen?
Am Anfang war es natürlich schwierig überhaupt Aufmerksamkeit auf uns zu lenken und damit auch auf den Radar von potentiellen Geldgebern zu kommen. Mittlerweile haben wir ein paar hundert Projekte umgesetzt und sprechen darüber natürlich auch öffentlich. Das hat über die Zeit dazu geführt, dass sich immer mehr potentielle Investoren bei uns gemeldet und gesagt haben: “Wir würden Euch gern beim Wachstum unterstützen.” So war es letztlich auch für die Seed-Runde, die wir jetzt geschlossen haben. Durch das extreme Interesse, das der ganze Sektor mittlerweile erhalten hat, mussten wir am Ende tatsächlich auswählen, wer reinkommt und wer nicht. Klingt nach Luxusproblem, ist aber auch gar nicht so einfach und wir sind unglaublich happy, dass wir jetzt so starke Partner an Bord haben.

Euer Firmensitz ist Stuttgart. Ist das jetzt ein Vor- oder ein Nachteil?
Stuttgart hat viele Vorteile, vor allem, weil hier viele erfolgreiche Unternehmen sitzen und es daher ein Hotspot für bestimmte Bereiche und Fähigkeiten – wie zum Beispiel, Business Functions, Sales, Projektmanagement – ist. In anderen Bereichen, wie zum Beispiel Tech, sind andere Städte wie Berlin sicherlich stärker. Daher sehen wir es auch als Vorteil, dass wir von Anfang an remote gearbeitet haben und das zu unserer DNA dazugehört. Außerdem erleben wir in Stuttgart eine längere Bindung bei Mitarbeitern in Startups, da es nicht wie in Berlin jeden Monat zahlreiche neue junge Unternehmen gibt und Mitarbeitende weniger häufig wechseln. Wir haben das Gefühl, dass sich die Menschen hier sehr bewusst für den Weg in ein Startup entscheiden, das ist aus unserer Sicht für alle Seiten positiv.

Wo steht Metergrid in einem Jahr?
In einem Jahr wollen wir maximal auf Wachstumskurs sein. Das Team wird sich verfünffacht haben und wir planen von einigen hundert umgesetzten Projekten und siebenstelligen Umsatz bis Ende diesen Jahres auf 2.000 Projekte im nächsten Jahr zu wachsen. Unser Ziel ist es, bis 2028 sechs Millionen Menschen mit grünem und dezentralen Strom zu versorgen.

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Foto (oben): Metergrid

Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.