#Interview

“Vielen fällt nicht leicht, zu erkennen, dass wir alte Strukturen aufbrechen”

Mit Dyno können Unternehmen ihre Betriebsrente digital managen. "Die größte Herausforderung war es, das richtige Geschäftsmodell zu finden, um die fehlende Digitalisierung und das Problem der Rentenlücke zu vereinen", sagt Gründer Marc Karkossa.
“Vielen fällt nicht leicht, zu erkennen, dass wir alte Strukturen aufbrechen”
Dienstag, 28. November 2023VonAlexander Hüsing

Beim Offenburger InsurTech Dyno, das 2021 von Marc Karkossa, Luis Weber und Peter Sutter gegründet wurde, dreht sich alles um Altersvorsorge. Das Unternehmen positioniert sich dabei als “unabhängige All-in-One Lösung für die Abwicklung der betrieblichen Vorsorge in Unternehmen”. Die Frühphaseninvestoren 468 Capital und LEA Partners sowie Mätch VC, Martin Trenkle, Fabian Silberer, Marco Reinbold und Christoph Zöller investierten bereits 1,5 Millionen Euro in das junge Unternehmen, das derzeit 10 Mitarbeitende beschäftigt.

Im Interview mit deutsche-startups.de stellt Gründer Karkossa das Konzept hinter Dyno einmal ausführlich vor.

Wie würdest du deiner Großmutter Dyno erklären?
Wie du auch, bekommen viele Menschen in Deutschland eine staatliche Rente. Leider reicht diese Rente wie du sicher weißt oftmals nicht aus. Um dieses Problem zu lösen, gibt es die Möglichkeit, bei deinem Unternehmen betriebliche Altersvorsorge in Anspruch zu nehmen. Für das Unternehmen ist das aber oft ein großer Aufwand. Dazu kommt, dass Makler Provisionen für die Vermittlung der zur betrieblichen Altersvorsorge gehörenden Versicherungsprodukte erhalten. Das schmälert die Rente in der Zukunft enorm.  Bei Dyno helfen wir Unternehmen dabei, ihre Betriebsrenten total stressfrei und ohne Berge von Papierkram zu organisieren. Das Beste daran ist, dass wir keine Provisionen nehmen. Dadurch haben die Mitarbeiter der Unternehmen in der Zukunft bis zu 60.000 Euro mehr Rente zur Verfügung.

Wie genau funktioniert euer Geschäftsmodell?
Wir verdienen Geld, indem wir von unseren Kunden eine monatliche SaaS-Gebühr pro Mitarbeiter erhalten. Die Gebühr pro Kopf ist deutlich geringer als das, was unsere Kunden in administrativer Arbeit einsparen, und meistens ist es für unsere Kunden komplett kostenneutral, wenn man die eingesparten Lohnkosten dagegen rechnet. 

Wie ist die Idee zu Dyno entstanden?
Während meiner Zeit in der Versicherungsbranche hat einer unserer Firmenkunden mich gebeten, seinen administrativen Prozess für betriebliche Altersvorsorge zu verbessern. Die bisherige Verwaltung war zu aufwendig, und die Mitarbeiter hatten keine Lust auf Gespräche mit unbekannten Versicherungsberatern. Im Zuge der COVID-Pandemie waren auch Vor-Ort-Treffen schwieriger geworden. Diesen Case habe ich mit meinem Co-Founder Luis besprochen, der in seiner Rolle bei LIDL als HR-Verantwortlicher täglich die gleichen Probleme hatte. Da es kein passendes Tool am Markt gab, haben wir unseren ersten Prototyp entwickelt, bei einigen Unternehmen getestet und viel Feedback gesammelt. Im Vergleich zum alten Prozess nahmen nun viel mehr Mitarbeiter die betriebliche Altersvorsorge in Anspruch, und die HR-Mitarbeiter hatten weniger Arbeit – das hat uns gezeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind.

Wie hast Du Dein Mitgründer kennengelernt?
Luis und ich kennen uns schon seit Schulzeiten und sind richtig gute Freunde. Peter kennen wir durch das Startup Ökosystem in Offenburg – er war davor Vice President Marketing bei sevDesk. Er hat uns in den letzten Monaten mit wertvollem Rat im Bereich Marketing unterstützt, und das passte so gut, dass wir ihn unbedingt an Bord haben wollten.

Was waren die größten Herausforderungen, die ihr bisher überwinden musstet?
Die größte Herausforderung bisher war es, das richtige Geschäftsmodell zu finden, um die fehlende Digitalisierung und das gesellschaftlich noch Größere Problem der Rentenlücke zu vereinen. Es hat eine Weile gedauert, bis wir ein Modell gefunden haben, bei dem wir keine Kompromisse bei den Interessen der Unternehmen, aber auch der Arbeitnehmenden eingehen müssen. Nun haben wir eine Win-Win Situation geschaffen. Wir mussten uns klar von den herkömmlichen Versicherungsmaklern abheben. Vielen fällt es – noch immer – nicht leicht, zu erkennen, dass wir tatsächlich die alten Strukturen aufbrechen und nicht einfach nur digitalisieren. In Demo-Calls werden wir häufig danach gefragt, wo denn der Haken sei. Es gibt keinen und wenn wir genügend Zeit bekommen, um Dyno zu erläutern, ist es für alle ein No-Brainer. Kurze Zeit, nachdem wir unseren Prototypen entwickelt hatten, hat uns eine große Versicherungsgesellschaft ein Angebot gemacht, das nicht zu 100 % mit unserer Mission im Einklang ist. Damals wäre das für uns extrem viel Geld gewesen. Den Mut zu sammeln, uns gegen das Angebot zu entscheiden und unseren Weg zu gehen, hat uns einiges abverlangt 

Ihr konntet bereits Investorengelder einsammeln. Wie seid ihr mit euren Geldgebern in Kontakt gekommen?
Über die letzten beiden Jahre hinweg konnten wir viele Kontakte zu potenziellen Investoren aufbauen. Vor allem über das Gründernetzwerk in Offenburg und darüber hinaus sind Beziehungen entstanden, die für die anstehende Runde sehr wertvoll waren. Nach der Entwicklung unseres ersten Prototyps war uns klar, dass wir mehr Geld brauchen, wenn wir unsere Mission ernsthaft verfolgen wollen. Durch unser aufgebautes Netzwerk konnten wir dann mit unterschiedlichsten Investoren sprechen. Letztendlich hat sich so ein tolles Konsortium zusammengefunden

Euer Firmensitz ist in Offenburg. Ist das ein Vor- oder ein Nachteil?
Im Moment ist das definitiv ein Vorteil. Fast das gesamte Team stammt aus Offenburg, was es uns ermöglicht, alle unter ein Dach zu packen und Vollgas zu geben. Die Hochschule Offenburg und Uni Freiburg bringen hervorragende Talente hervor, was uns im Recruiting hilft.

Wo seht Dyno in einem Jahr?
In den nächsten 12 Monaten werden wir voraussichtlich 250 Millionen Euro an zusätzlichen Renteneinnahmen für die Arbeitnehmenden unserer Kunden generiert haben und wir wollen das Dyno-Team auf circa 30 Mitglieder aufstocken. Hierfür suchen wir aktuell vor allem in den Bereichen Sales, Marketing und Customer Success.

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Foto (oben): Dyno

Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.