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Click A Tree – vom Bäume-Pflanzer zur Sustainability-as-a-Service-Firma

Was wurde eigentlich aus dem "Höhle-der-Löwen-Startup Click A Tree? Es ist viel passiert seit dem Beinahe-Invest der Löwen. Damit noch mehr passieren kann, soll nun auch eine weitere Finanzierungsrunde stattfinden. Eine neue Chance, auch für andere Investoren jenseits der Löwenhöhle.
Click A Tree – vom Bäume-Pflanzer zur Sustainability-as-a-Service-Firma
Montag, 23. Januar 2023VonRuth Cremer

Im Juni 2021 war Chris Kaiser mit seinem jungen Unternehmen Click A Tree in “Die Höhle der Löwen” zu sehen. Zwar gab es einen Deal für die Plattform, mit der Unternehmen einfach und übersichtlich Bäume pflanzen können. Doch mitten in der Corona-Pandemie waren die Zeiten sehr unsicher und der Deal kam im Nachhinein leider nicht zu Stande. Das Aus für die ehrgeizigen Ziele des Gründers hat dies aber nicht bedeutet. Denn es ist eine Menge geschehen.

“Karitalismus” nannte Chris Kaiser im Frühsommer 2021 seine Haltung. Gutes Tun, und nicht trotzdem Geld verdienen, sondern damit. Etwas, mit dem sich weite Teile der deutschen Gesellschaft auch 1,5 Jahre später immer noch schwer tun. Doch Beispiele wie sein Unternehmen Click A Tree machen Schule, längst sind sie nicht mehr die Exoten unter den Startups, sondern besetzen immer häufiger die vorderen Reihen in den Berichten der einschlägigen Medien oder der Pitch-Wettbewerbe.

Auch damals schon leuchtete wohl vielen Zuschauern ein, dass ein Konzept wie bei Click A Tree, wo Unternehmen ein Stück Nachhaltigkeit “outsourcen” können, und so zum Beispiel ihr Angebot für die Kunden einfach und transparent mit dem Pflanzen eines Baumes beim Erwerb einer bestimmten Leistung verbinden können, durchaus Sinn macht. Denn einerseits haben gerade kleinere und mittelständische Unternehmen alle Hände voll zu tun, sich Krise auf Krise folgend und dank staatlicher Gängelung über Wasser zu halten. Aber auch große Unternehmen können und wollen Nachhaltigkeit nicht unbedingt zu einer ihrer Kernaufgaben machen, wollen sich aber auch nicht immer vor ihrer Verantwortung drücken. Erst recht, seit Kunden und Mitarbeiter hier einen gewissen Druck aufbauen. Was also spricht gegen einen Service, der ihnen das einfach macht und zudem auch noch bei der Kommunikation genau dieser Maßnahmen hilft?

Letztendlich hat sich dies auch als krisenfester erwiesen, als viele (Investoren) gedacht hätten.

Wie sich in der Krise die Kundengruppen veränderten

Zum Glück gab es nach dem Absprung der Löwen einen anderen Investor, der selbst mitten in der Corona-Pandemie an das Startup glaubte. Denn in der damaligen Hauptbranche von Click A Tree, der Reisebranche, sah es zu dieser Zeit natürlich nicht so gut aus. Trotzdem konnte man Partnerschaften mit Branchenriesen wie Best Western etablieren, die sich jetzt auszahlen. Doch hätte man allein darauf gesetzt, mit jeder Reise- oder Hotelbuchung einen Baum für das anbietende Unternehmen pflanzen zu können, wäre man wohl kaum auf die heute stolze Zahl von 180.000 gepflanzten Bäumen gekommen, denn schließlich gab es zu dieser Zeit kaum Reisebuchungen.

Daher ging man andere Wege, in andere Branchen. Nach der Wiederöffnung der Gastronomie entpuppte sich diese als spannendes Betätigungsfeld mit tollen Möglichkeiten für die Kunden. So hat das Wald-Restaurant St. Ottilien in Freiburg nun ein monatlich wechselndes “Baum-Gericht” auf der Karte: Jedes Mal, wenn ein Gast dieses Gericht bestellt, wird ein Baum gepflanzt. Die Aktion war ein voller Erfolg, Stammgäste bestellen schon fast blind das neueste “Baum-Gericht” und das Restaurant konnte seinen Umsatz auf 150% hochschrauben. Auch die Sausalitos-Kette macht mit ihrem “Green-Karma-Cocktail” wohl sehr gute Erfahrungen. So entstehen nicht nur Modifikationen und neue Ideen, auch sammelt das Unternehmen Daten und Erfahrungen, was funktioniert und mit welcher Zielgruppe. Für Kunden des Services natürlich ein Riesen-Vorteil, denn ihnen können immer besser erprobte, immer effizientere Verbindungen von Nachhaltigkeit und Marketing geboten werden.

Doch in der Gastronomie hört es eben noch längst nicht auf. Click A Tree zählt mittlerweile sogar Dachdecker, Bestatter und Schönheitschirurgen zu seinen Kunden.

Wie man wuchs – Team, Tätigkeitsfelder und Ambitionen

Das Wachstum bezog sich aber längst nicht nur auf das Pflanzen von Bäumen. Aus der ehemaligen One-Man-Show ist mittlerweile ein 6-köpfiges Team geworden, zusätzlich zu den Arbeitern in den Projekten vor Ort. Und dies sind mittlerweile nicht mehr nur Baumpflanz-Projekte. Denn Click A Tree möchte sich nicht allein darauf beschränken, die Vision ist eine größere. Nachhaltigkeitskonzepte will man entwickeln, und zwar genau die, die gerade am Markt gefragt sind. Außerdem wollte man auch vor Ort mehr und mehr Menschen mit einbinden, denn Bäume pflanzen ist arbeitsbedingt eher nur etwas für Jüngere.

Beim fischen von Plastik aus dem Ozean auf den Philippinen können nun auch ältere Menschen helfen, zudem kam die klare Nachfrage nach einem solchen Projekt von Kundenseite.

Und auch strukturellen Problemen nimmt man sich an: in Ghana unterstützt man nun auch eine Unternehmerschule, die aus einem regionalen Projekt zu syntropischer Landwirtschaft (Mischbepflanzung, um langfristig die Fruchtbarkeit der Böden zu erhalten) entstand. So sollen jungen Menschen der Region Wissen und Fertigkeiten gelehrt werden, die ihnen helfen, selbst neue Geschäftsmodelle und damit auch faire Arbeitsplätze zu schaffen. Neben Unternehmer-Standards wie Geschäftsmodellentwicklung und Business-Planung werden hier auch Englisch-, IT- und Internet-Kenntnisse entwickelt, damit die praktische Umsetzung gleich starten kann.

Was kann ein Unternehmen, was eine NGO nicht kann?

Natürlich kann man sich jetzt fragen, ob es für alles das wirklich ein Unternehmen braucht, oder ob dies nicht klassische NGO-Arbeit ist und auch bleiben sollte. Doch es gibt so einige gut Gründe, warum es nicht nur ok, sondern sogar mehr als hilfreich ist, wenn die Organisation, die anderen Unternehmen hilft, nachhaltiger zu werden, selbst ein Unternehmen ist.

Zum einen sind – und das hat gerade die jetzige Krise gezeigt – Geschäftsbeziehungen oft krisenfester als Spenden. Denn auch und gerade in der momentanen Krise hat sich gezeigt, dass Unternehmen auf Nachhaltigkeit nicht einfach wieder verzichten können. Denn in Zeiten des Fachkräftemangels kann man die Tatsache, dass 3 von 4 Mitarbeitern für ein Unternehmen arbeiten wollen, dass sich nachhaltig oder sozial engagiert, nicht mehr einfach ignorieren. Auch sind es schlichtweg die Kunden, die weiterhin ein entsprechendes Engagement verlangen. Menschen zahlen auch bei steigenden Energiepreisen eher noch den ein oder anderen Euro mehr für nachhaltige Produkte – ob sie allerdings noch etwas für Spenden übrig haben, wenn sie sich selbst schon eingeschränkt fühlen, ist eher ungewiss.

Zum anderen können Unternehmen ihre Kunden auch viel eher im Marketing ihrer Aktionen unterstützen als NGOs ihre Spender. Denn dies ist weder eine ihrer Kernaufgaben, für die sie die entsprechenden Mitarbeiter haben, noch können sie normalerweise hierfür Budget bereitstellen. Außerdem wird von ihnen einen gewissen Neutralität erwartet, die es ihnen schwer machen könnte, Unternehmen in ihrem Marketing zu Unterstützen. Dieses Know-How ist aber speziell bei Nachhaltigkeits-Aktionen immer mehr gefragt.

Ein wirtschaftliches Unternehmen kann hier jedoch die passenden Gesamt-Pakete schnüren – und dann eben damit Geld verdienen. Professionell nachhaltig zu sein ist kein Green-Washing – im Gegenteil, wenn spezialisierte Unternehmen solche Dienstleistungen übernehmen, kann gut sichergestellt werden, dass das Geld auch wirklich da ankommt, wo es hin soll. So sind diese Spezialisten oft zertifiziert, haben langjährige Beziehungen zu den Partnern vor Ort und einfach tieferes Wissen von der Materie, als das ein deutsches Durchschnitts-Unternehmen in kurzer Zeit aufbauen könnte.

Auch den wirklichen Überblick zu behalten, fällt vielen Firmen, die sich erstmals engagieren, sehr schwer. Dafür hat Click A Tree nun auch seine Universal-Impact-Plattform ins Leben gerufen, auf der jeder Partner transparent einsehen kann, was genau durch die Kooperation schon passiert ist und dies auch einfach nach außen teilen kann.

Es ist also viel passiert seit dem Beinahe-Invest der Löwen. Damit noch mehr passieren kann, soll nun auch eine weitere Finanzierungsrunde stattfinden. Eine neue Chance, auch für andere Investoren jenseits der Löwenhöhle.

Also ja, ein solches Modell kann funktionieren, kann Dinge bewirken und trotzdem Geld verdienen, selbst in Krisenzeiten. Und je mehr es davon gibt, desto mehr Nachahmer werden sich finden, wenn man damit, Gutes zu tun, auch Geld verdienen kann. Der “Karitarismus” könnte also vielleicht doch noch zum Domino-Effekt werden. Und es ist ja nicht so, als ob unser Planet das nicht gebrauchen könnte.

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Foto (oben):  TVNOW / Bernd-Michael Maurer

Ruth Cremer

Ruth Cremer ist Mathematikerin und als Beraterin, Coach und Speaker tätig. Außerdem ist sie Hochschuldozentin im Bereich Unternehmertum und eCommerce. Die ehemalige Investment-Managerin kennt die Szene in- und auswendig und hilft Startups insbesondere dabei, Pitches vorzubereiten und Investment- sowie Akquisitionsprozesse zu meistern. Ruth Cremer ist bereits seit der fünften Staffel als externe Beraterin für das Format „Die Höhle der Löwen“ tätig und unterstützt die Auswahl und Vorbereitung der Kandidaten. Mehr zu ihr auch unter www.ruthcremer.de.