#Interview

“Es gab Hürden, die unser Alter mit sich brachte”

Mit gerade einmal 19 bzw. 21 Jahren gründeten Markus Musiol und Lars Möhring das Cannabis-Startup enua. "Als Startup ist aller Anfang schwer. Das hat uns aber nur motiviert und da war unser junges Gründungsalter hilfreich", sagt Gründer Möhring.
“Es gab Hürden, die unser Alter mit sich brachte”
Montag, 5. Dezember 2022VonAlexander Hüsing

Bei enua aus Aachen, das von Lars Möhring und Markus Musiol gegründet wurde, dreht sich alles um Cannabis. “Wir gestalten den gesamten Weg von der Pflanze bis zur Anwendung und das unter unser eigenen Marke. Das heißt, dass wir die internationalen Produzenten gezielt auswählen und die Qualität des Anbaus prüfen. Neben der Prüfung der hohen Qualitätsstandards übernehmen anschließend wir die Lieferkette und kümmern uns um Verpackung, Import, Lagerung, Logistik und schließlich den Vertrieb an die Apotheken”, sagt Gründer Möhring.

Im Interview mit deutsche-startups.de spricht der enua-Macher außerdem über Hürden, Timing und Partner.

Wie würdest Du Deiner Großmutter enua erklären?
Ganz einfach gesagt: Wir, enua, verschaffen den Menschen Zugang zu Medizinalcannabis. Im Vordergrund stehen dabei die positiven Wirkungen von Cannabis für Gesundheit und Wohlbefinden. Cannabis ist seit Jahrzehnten mit einem negativen Stigma versehen, obwohl Cannabinoide ein wirksames natürliches Mittel bei Schmerzen, Schlafstörungen oder Migräne sind. In Studien konnte insbesondere bei chronischen Schmerzen, Multipler Sklerose, Appetitlosigkeit, Übelkeit und Erbrechen infolge einer Chemotherapie und ungewolltem Gewichtsverlust wie zum Beispiel bei AIDS eine klinische Wirksamkeit nachgewiesen werden. Wir wollen den Menschen eine natürliche Alternative zu den bestehenden Behandlungsmethoden zugänglich machen, auch meine Großmutter könnte von der Wirkung der Pflanze profitieren.

War dies von Anfang an euer Konzept?
Unser Konzept hat sich mit den Jahren nicht verändert. Natürlich hat sich unsere Produktpalette und die Anzahl der Partner erweitert. Mit der Gründung 2018 begann unsere Reise in dem stark umkämpften Pharmaumfeld. Inzwischen sind wir einer der größten Anbieter für medizinisches Cannabis in Deutschland. Mit der Öffnung des Freizeitmarktes, wie im Koalitionsvertrag vorgesehen, können wir als Pioniere einen aufstrebenden Milliardenmarkt erschließen. Wir sehen uns in der Pflicht, unsere Expertise und Vorreiterrolle aus der medizinischen Sparte auf den neuen Markt für Genuss-Cannabis fortzuführen.

Wie genau funktioniert denn euer Geschäftsmodell?
enua ist eine Premium-Cannabis-Brand und somit Hersteller von hochqualitativen medizinischen Cannabisprodukten. Wir gestalten den gesamten Weg von der Pflanze bis zur Anwendung und das unter unser eigenen Marke. Das heißt, dass wir die internationalen Produzenten gezielt auswählen und die Qualität des Anbaus prüfen. Neben der Prüfung der hohen Qualitätsstandards übernehmen anschließend wir die Lieferkette und kümmern uns um Verpackung, Import, Lagerung, Logistik und schließlich den Vertrieb an die Apotheken. Dazu kommt, dass unsere komplette Produktpalette GMP-zertifiziert ist, damit allen Patienten und zukünftigen Konsumenten der sicherste Zugang gewährleistet wird. Eine GMP-Zertifizierung spiegelt den notwendigen europäischen Standard für die Arzneimittelherstellung.

Wie ist überhaupt die Idee zu enua entstanden?
Der Impuls zur Gründung 2018 war ein persönlicher: Als ein mir nahestehendes Familienmitglied an Krebs erkrankte, erfuhr ich, wie hoch die Hürden für eine Cannabistherapie in Deutschland sind. Mit meinem Kommilitonen Markus, zu dem Zeitpunkt 19 Jahre alt, wollte ich das ändern. Auf den Fahrten zur Uni in Maastricht, wo wir International Business studierten, entstand die Idee zu enua.

Bei der Gründung wart ihr noch recht jung: 21 bzw. 19 Jahre. Ein Vor- oder ein Nachteil?
Ich würde das gar nicht als Vor- oder Nachteil sehen. Es gab natürlich bestimmte Hürden, die unser Alter mit sich brachte. Als Start-up, in einem der stärkst umkämpften Märkte Deutschlands, ist aller Anfang schwer. Das hat uns aber nur motiviert und da war unser junges Gründungsalter hilfreich, denn unvorhersehbare und stressige Arbeitstage machen uns nichts aus. Trotzdem mussten wir uns als First Time Founder in Investorenrunden und Verhandlungen immer mehr beweisen als “ältere” Gründer. Hier führt Marktexpertise und die eigene Unternehmensvision zum Ziel und die haben wir bewiesen!

Wie hat sich enua seit der Gründung entwickelt?
Mittlerweile haben wir uns deutschlandweit ein breites Apothekennetzwerk aufgebaut, und haben eine sehr große Anzahl an aktiven B2B-Kunden aufgebaut, drei erfolgreiche Finanzierungsrunden hinter uns und stellen weiter neue Mitarbeiter:innen ein. Wir steuern auf die 30 Mitarbeiter zu, doch das ist hinsichtlich der bevorstehenden Legalisierung erst der Anfang! Schon jetzt behandeln wir tausende Patienten von unseren medizinischen Cannabinoid-Produkten jeden Monat.

Blicke bitte einmal zurück: Was ist in den vergangenen Jahren so richtig schief gegangen?
Noch immer gibt es Vorbehalte gegenüber Cannabis. Zu häufig müssen Patienten in Deutschland für den Zugang zur Cannabistherapie kämpfen, momentan werden sogar nur 60 % der Anträge auf Kostenübernahme durch den MDK bewilligt. Dazu kommt die fehlende Erfahrung der Gesundheitsbranche, sodass häufig Patienten ihre Ärzte aufklären und überzeugen müssen. Natürlich ist diese fehlende Erfahrung auch der Neuheit der Therapie in Deutschland geschuldet. Wir möchten dafür sorgen, dass sich das ändert, aber der Wandel ist nicht immer einfach.

Und wo hat Ihr bisher alles richtig gemacht?
Wir haben aus intrinsischer Motivation und einer starken Überzeugung an das Produkt und den sich aufstrebenden Markt gegründet – nicht weil wir dachten, “dass das gerade in den Markt passt.” Unsere unternehmerische Reise ist von einer Reihe guten Entscheidungen geprägt, sowie einer ganzen Menge Glück. Zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Market und Timing.
Konkret kann ich den Aufbau unseres Investorenkreises, das Hiring toller Mitarbeiter, sowie das Onboarden von strategisch wichtigen Partnern nennen. Gerade auch durch das enorme Momentum der Legalisierungspläne zeigt sich, dass wir durch unsere Vorarbeit bestens aufgestellt sind, diese Chance komplett auszuschöpfen.

Welchen generellen Tipp gibst Du anderen Gründer:innen mit auf den Weg?
Lasst euch Ideen nicht ausreden. Viele Gründungen bleiben leider in den Köpfen der Menschen – ich lebe da nach dem Motto “Every idea is only as good as its execution.” Findet den richtigen Co-Founder. Gerade bei der ersten Gründung ist es meiner Meinung nach enorm wichtig, den richtigen Partner an der Seite zu haben. Konzentriert euch auf die Stärken und nicht auf die Schwächen. Baut euch eure Personal Brand basierend auf euren Stärken auf, anstatt versuchen Schwächen auszugleichen.

Wo steht enua in einem Jahr?
enua wird in einem Jahr die führende Brand für Cannabis in Deutschland sein.

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Foto (oben): enua

Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.