#Interview

“Wir haben mit unserem Namen schon für sehr viel Verwirrung gesorgt”

one.five kämpft gegen Kunststoffverpackungen und entwickelt deswegen "neuartige Verpackungen". Planet A Ventures, Speedinvest, Green Generation Fund, Climentum Capital, Revent und Wepa Ventures investierten bereits 10,5 Millionen Euro in die Jungfirma.
“Wir haben mit unserem Namen schon für sehr viel Verwirrung gesorgt”
Dienstag, 8. November 2022VonAlexander Hüsing

Das Hamburger Startup one.five, das 2020 von Martin Weber und Claire Hae-Min Gusko gegründet wurde, “erforscht, entwickelt und skaliert innovative Biomaterialien”. “Kunststoffverpackungen machen 40 % unseres gesamten Kunststoffabfalls aus und sind damit eine immense Belastung für unsere Umwelt. Mit unserem Startup möchten wir dieses Problem lösen, indem wir neuartige Verpackungen entwickeln”, sagt Gründer Weber 

Planet A Ventures, Speedinvest, Green Generation Fund, Climentum Capital, Revent und Wepa Ventures investieren 10,5 Millionen Euro in one.five. Rund 25 Mitarbeiter:innen arbeiten derzeit für das Unternehmen. In einem Jahr sollen es 50 Mitarbeiter:innen sein. Die Jungfirma plant zudem bereits eine Series A in Höhe von 25 Millionen Euro. Im Interview mit deutsche-startups.de stellt das one.five-Team das Konzept hinter ihrem Startup einmal ganz ausführlich vor.

Wie würdest Du Deiner Großmutter one.five erklären?
Weber: Kunststoffverpackungen machen 40 % unseres gesamten Kunststoffabfalls aus und sind damit eine immense Belastung für unsere Umwelt. Mit unserem Startup möchten wir dieses Problem lösen, indem wir neuartige Verpackungen entwickeln, die nachweislich gut für die Umgebung sind. Tatsächlich schlummern in unseren Universitäten und Forschungsinstituten bereits viele ungenutzte Ideen für nachhaltige Verpackungen. Diese sind jedoch häufig nicht weit genug entwickelt, um auch produziert zu werden.  Wir finden diese Technologien, veredeln sie und machen sie damit für existierende Verpackungsproduzenten einfach nutzbar. So wollen wir den Verpackungsmarkt schnell transformieren und einen signifikanten Beitrag zum Klimawandel leisten. 

War dies von Anfang an euer Konzept?
Hae-Min Gusko: Am Anfang haben wir das Potenzial von Mikro- und Makroalgen als Material Plattform für den Verpackungsmarkt gepitcht. Unser erster Pitch fokussierte sich auf die Technologien, die aus dem “Algae Biofuels Boom” der 00er kamen und wie wir diese nun für die Verpackungsherausforderung nutzen wollten. Wir wollten das “Disneyland for algae bioplastics” aufbauen. Mit diesem Pitch haben wir das erste Angel Kapital eingesammelt. Daraus wurde das “Disneyland für Material Science”.

Wie genau funktioniert denn euer Geschäftsmodell?
Weber: Momentan bekommen wir Geld für Entwicklungsleistungen – Co-Developments. So bekommen wir einen direkten Einblick in die Pain Points unserer Kunden:innen. Brand Owner, Converter, Chemieunternehmen, Maschinenhersteller – jeder Player hat sich sehr ambitionierte Nachhaltigkeitsziele gesetzt und wir werden jetzt mit ins Boot geholt, um diese Arbeit mit den internen (oft kleinen und unterbesetzten) R&D Teams voranzutreiben. Dies ist aber auf Dauer kein skalierbares Modell. Um unsere Zukunftsvision zu realisieren, investieren wir jetzt schon neben unseren Kunden:innen auch in die Entwicklung. Somit erschaffen wir uns Eigentumsrechte an – in Universitäten und Forschungsinstituten schlummernden – Patenten und können mitbestimmen, wie die Technologie in Zukunft kommerzialisiert wird. Auf dieser Basis wollen wir in Zukunft Lizenzgebühren für Technologien bekommen, die von diversen Unternehmen in der Verpackungslieferkette eingesetzt werden. Desto schwieriger die Anforderungen an einem Verpackungsmaterial, desto größer unsere Opportunität. Ein 4-lagiges Verpackungssystem (oft schon für herkömmliche Produkte wie Mayonnaise-Tütchen bei McDonald’s nötig) aus Papier zu entwickeln, benötigt einzelne Elemente, die von mehreren Herstellern produziert werden und dann von einem Converter schlussendlich kombiniert werden. In solch einer Lieferkette könnte theoretisch jede:r Hersteller:in/Lieferant:in ein Lizenznehmer werden. 

Wie ist überhaupt die Idee zu one.five entstanden?
Hae-Min Gusko: Durch Bekannte haben wir den Vermieter unserer Fläche mal persönlich kennengelernt und er hat uns erzählt, dass er immer davon geträumt hätte, eine Algenfarm auf dem Areal aufzubauen. Er wollte diese aber nicht selber betreiben. Eigentlich wollte unser Vermieter mit der Biomasse in den Lebensmittelergänzungsmarkt, aber wir fanden diesen Markt nicht spannend genug. So haben wir uns weiter ins Thema “Algen” eingelesen und gesehen, dass mit der Biomasse auch andere Anwendungen möglich sind. So kam unsere erstes Konzept zustande – eigentlich Zufall, richtig gutes Timing und opportunistisches Denken. Vermutlich aber auch etwas Kühnheit aus unserer Infarm-Zeit.

Wie hat sich one.five seit der Gründung entwickelt?
Weber: Vor achtzehn Monaten haben wir unsere erste Mitarbeiterin eingestellt. Unser Team ist nun 35 Personen stark, wir haben 10,5 Millionen Euro eingesammelt, und unsere erste Entwicklung soll planmäßig in 2023 in Asien pilotiert werden. 

Wie seid ihr denn in Kontakt mit euren Investoren gekommen?
Hae-Min Gusko: Wir hatten viele Kontakt aus der vorherigen Zeit, haben anfangs mit bestimmt 150 auch kleinen Angeln gesprochen und letztlich über 65 davon in einen Pool geholt. Das ist ein wahnsinniger Reichtum an guten Verbindungen zu vielen VCs. 

Blicke bitte einmal zurück: Bisher so richtig schief gegangen?
Weber: Wir haben mit unserem Namen one • f?ve bzw. one.five (ausgesprochen: one point five) schon für sehr viel Verwirrung gesorgt. Wir haben schon alles gelesen und gehört: One Point Five, one dot five, one five und viele mehr. Gerade als neues Unternehmen ist es wichtig, eine gewisse Markenerkennung zu schaffen und den Namen zu konsolidieren. Wir stehen nach wie vor zu unserer Namensgebung, welche an die 1,5 Grad Erderwärmung erinnern soll – auch wenn sie uns die Kommunikation am Anfang nicht immer erleichtert hat. 

Und wo hat Ihr bisher alles richtig gemacht?
Hae-Min Gusko: Unser Team. Wir haben motivierte und wissensdurstige Mitarbeiter:innen überzeugen können und sind sehr stolz mit wie viel Engagement und Disziplin sie unsere Mission internalisiert haben: nachweisbar, nachhaltige Verpackungen auf den Markt zu bringen. 

Welchen generellen Tipp gibst Du anderen Gründer:innen mit auf den Weg?
Weber: Mitgründer oder ein starkes Leadership Team suchen! Manchmal ist es schwer seinen Traum mit einer zweiten oder dritten Person zu teilen, aber es wird keiner deine Position so gut verstehen, wie deine Mitgründer:in. Es ist wirklich erleichternd, jemanden zu haben mit dem man die Belastungen vom Gründersein teilen kann. 

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Foto (oben): one.five

Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.