#Interview

“Während des Prozesses ist es am wichtigsten, die Kundinnen informiert zu halten”

Evergreen machte zuletzt mit den Übernahmen von Vantik und rubarb Schlagzeilen. "Wir sind ergebnisoffen auf die Gründer und die Insolvenzverwalter zugegangen und haben Ideen ausgetauscht, wie es für die Kundinnen und Kunden weiter gehen könnte", sagt Evergreen-Gründer Iven Kurz.
“Während des Prozesses ist es am wichtigsten, die Kundinnen informiert zu halten”
Donnerstag, 3. November 2022VonAlexander Hüsing

Das FinTech Evergreen aus Leipzig, 2018 von Iven Kurz gegründet, kümmert sich um “faire, transparente und nachhaltige Geldanlage für kleine und große Vermögen”. Zuletzt übernahm das Unternehmen die beiden insolventen Startups Vantik und rubarb. “Beide Unternehmen haben eine professionelle und gebührenfreie Form der Geldanlage angeboten. Dabei ist es für die Kundinnen und Kunden auch bei Evergreen geblieben”, sagt Kurz zur Übernahme.

Im Interview mit deutsche-startups.de spricht der Evergreen-Gründer außerdem über Transparenz, Unternehmensziele und Vermögen.

Wie würdest Du Deiner Großmutter Evergreen erklären?
Mit Evergreen investierst Du in eine nachhaltige, lebenswerte Zukunft für Deine Enkel. Unser Fokus lag von Anfang an auf einer fairen, transparenten und nachhaltigen Geldanlage für kleine und große Vermögen.

Wie genau funktioniert denn euer Geschäftsmodell?
In erster Linie ist Evergreen ein nachhaltiger Asset-Manager, das heißt wir managen Fonds, ausschließlich nach nachhaltigen Kriterien. Und genauso verdienen wir auch Geld, nämlich über die Management-Gebühr der Fonds. Einerseits sind das unsere eigenen Evergreen-Fonds, andererseits managen wir auch Produkte für Dritte, zum Beispiel für die nachhaltige Neobank Tomorrow. Darüber hinaus bieten wir unsere Dienstleistung beispielsweise auch als API an. So kann die Evergreen Vermögensverwaltung gebührenfrei auch in andere Produkte implementiert werden. Auch hier arbeiten wir schon mit tollen Partnern zusammen, wie unter anderem Forget.Finance. Das wir ein professioneller Fondsmanager sind unterschiedet uns auch von vielen digitalen Vermögensverwaltern am Markt. Währen diese meist Fremdprodukte, z.B. von Blackrock offerieren, nutzen wir unsere eigenen Fonds, denn für unsere nachhaltige Vermögensverwaltung möchten wir selbst entscheiden, in welche Aktien und Anleihen investiert wird. Dadurch können wir auch auf Servicegebühren etc. verzichten.

Wie ist überhaupt die Idee zu Evergreen entstanden?
Ich habe selbst viele Jahre als Fondsmanager gearbeitet und die quantitativen Teams der Asset Manager von Metzler und Lampe geleitet. Allerdings waren unsere Kunden meist große Institutionen wie Versicherungen, Pensionskassen oder Stiftungen. Da lag es für mich nahe, professionelle Vermögensverwaltung auch für kleinere Vermögen möglich zu machen. Was man hier wissen muss ist, dass institutionelle Kunden oftmals deutlich fairere Produkte, insbesondere was die Kosten und Risiko-Transparenz anbelangt, als der oder die Privatanleger:in erhalten. Und das wollte ich aktiv verändern und Kleinanlegenden quasi institutionelle Bedingungen verschaffen.

Wie hat sich Evergreen seit der Gründung entwickelt?
Wir sind heute 20 Personen, die sich jeweils zu einem Drittel auf das Fondsmanagement, den Kundensupport und die Plattformentwicklung aufteilen. Aktuell gibt es etwas über 10.000 Personen, die ihr Geld nachhaltig und gebührenfrei mit Evergreen anlegen.

Zuletzt habt ihr die beiden insolventen Startups Vantik und rubarb übernommen. Wie kam es zu diesem Schritt?
Wie die meisten haben auch wir zunächst aus der Presse davon erfahren. Wir sind dann erstmal ergebnisoffen auf die Gründer und die Insolvenzverwalter zugegangen und haben gemeinsam Ideen ausgetauscht, wie es für die Kundinnen und Kunden der beiden Unternehmen weiter gehen könnte. So hätten wir uns beispielsweise auch eine Kooperation vorstellen können, aber leider hat sich diese Möglichkeit dann nicht ergeben. Sowohl für die Gründer als auch für uns war es wichtig, den Kundinnen und Kunden den Übergang so einfach und sicher wie möglich zu gestalten. Hier haben wirklich alle an einem Strang gezogen und es war eine sehr gute Zusammenarbeit.

Wie läuft denn so eine Übernahme im Detail ab?
Man kontaktiert die Geschäftsleitung und den Insolvenzverwalter und bekundet zunächst sein Interesse. Nach der Unterzeichnung eines NDA erhält man Einblick in die Geschäftstätigkeit und wichtige KPIs. Außerdem versucht man, das Geschäftsmodell zu verstehen. Später gibt man neben anderen Interessenten ein Gebot ab. Wenn man berücksichtigt wird, schließt man eine Vereinbarung ab und dann geht es an die technische Umsetzung. Während des gesamten Prozesses ist es am wichtigsten, die Kundinnen und Kunde informiert zu halten und den Prozess für diese so transparent wie möglich zu machen. Gerade in der Vermögensverwaltung ist es oft ein verstörendes Ereignis, wenn nicht klar ist, was mit dem angelegten Vermögen passiert. Dass haben aber beide Unternehmen sehr professionell umgesetzt.

Und wie viel von Vantik und rubarb stecken denn jetzt noch in Evergreen?
Beide Unternehmen haben eine professionelle und gebührenfreie Form der Geldanlage angeboten. Dabei ist es für die Kundinnen und Kunden auch bei Evergreen geblieben. Die Geldanlage ist sicher ein Stück nachhaltiger geworden, da wir unsere eigenen Produkte managen und einen stärkeren Fokus auf Nachhaltigkeit legen. Außerdem wird das Geld nun von einer B Corp gemanaged, denn seit Anfang des Jahres ist Evergreen der erste deutsche Asset Manager, der die strenge B Corp Zertifizierung geschafft hat. B Corp steht im Übrigen für Benefit Corporation und zeichnet Unternehmen aus, zu denen ein gesellschaftlicher Nutzen Teil der Unternehmensziele ist.

Wo steht Evergreen in einem Jahr?
Noch ein Stück nachhaltiger, noch ein Stück transparenter und ein gutes Stück weiter auf dem Weg zu einem vertrauenswürdigen, nachhaltigen Vermögensmanager. Außerdem, so viel kann ich schon verraten, wird es auch neue Produkte und Anlagemöglichkeiten geben.

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Foto (oben): Evergreen, Maria Bauer

Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.