#Interview

“Ich denke, als Unternehmer:in sollte man für jede Überraschung offen sein”

Gründeralltag - gibt es das überhaupt? "In den letzten zwei Jahren hat sich wie bei den meisten grundlegend geändert, wie ich arbeite. Alles, was anstand, wurde eben von zu Hause aus erledigt. Aber jetzt geht es wieder los!", sagt Andreas Knürr, Gründer von Timify.
“Ich denke, als Unternehmer:in sollte man für jede Überraschung offen sein”
Freitag, 9. September 2022VonTeam

Wie starten ganz normale Gründerinnen und Gründer so in einen ganz normalen Startup-Arbeitsalltag? Wie schalten junge Unternehmerinnen und Unternehmer nach der Arbeit mal so richtig ab und was hätten die aufstrebenden Firmenlenker gerne gewusst bevor sie ihr Startup gegründet haben? Wir haben genau diese Sachen abgefragt. Heute antwortet Andreas Knürr, Gründer von Timify, eine “Online-Lösung für Terminplanung und Arbeits-Ressourcenverwaltung für kleine, mittlere und große Unternehmen”.

Wie startest Du in einen ganz normalen Startup-Arbeitsalltag?
Wenn ich nicht von meinen Kindern geweckt werde, dann von meinen Hunden. Nach dem Aufwachen steht das typische Programm an: Kinder aufwecken, anziehen und waschen. Dann fahre ich meine vierjährige Tochter und meinen zweijährigen Sohn in die Kita. Anschließend geht es direkt an die Arbeit. Jetzt, nach Corona, versuche ich wieder mehr Termine persönlich wahrzunehmen und den heimeligen Schreibtisch zu verlassen. In den letzten zwei Jahren hat sich wie bei den meisten grundlegend geändert, wie ich arbeite. Alles, was anstand, wurde eben von zu Hause aus erledigt. Aber jetzt geht es wieder los! Das ist ein gutes Gefühl. Früher war ich den ganzen Tag auf Achse – ich bin auf die verschiedensten Veranstaltungen gegangen oder war mit Kunden zu Mittag essen. Einige Mitarbeiter:innen haben sich gefragt, warum ich als Chef kaum im Büro bin. Aber da war die Antwort immer: Der muss raus und sich um unsere Kunden kümmern, die klingeln nicht einfach so bei uns an der Tür. Sie müssen draußen gefangen und überzeugt werden und das am besten an der Bar (lacht). Das Networking ist für mich essentiell, das hat mir doch sehr gefehlt. Ein Unternehmen wie Timify groß zu machen, geht nicht  vom Schreibtisch aus. 

Wie schaltest du nach der Arbeit ab?
Früher hätte ich gesagt, das geht am besten mit extrem viel Sport wie Fußball oder Biathlon. Ich habe eigentlich alles, was mit Sport zu tun hatte, gemacht. Jetzt mit Kindern hat sich das natürlich geändert. Ich komme heim und dann geht es erst mal richtig los, es wird rumgesprungen, geturnt, gesungen und gelacht. Ich bin dann Papa. Am Abend schauen meine Frau und ich uns Serien bei Netflix an, sie ist ein großer Fan. Das ist der Moment der Entspannung für mich, wenn wir uns einfach eine Serie ansehen und ein schönes Gläschen dazu trinken.

Was über das Gründer:innen-Dasein hättest du gerne vor der Gründung gewusst?
Ich glaube, ich könnte jetzt einiges nennen, was ich hätte anders machen können, aber dann wäre ich wahrscheinlich nicht da, wo ich jetzt stehe! Die Fehler, die ich gemacht habe, waren schon gut und richtig so. Das hört sich abgedroschen an, aber ich nenne mal ein Beispiel: Wir haben mal mit einem digitalen Branchenbuch zusammengearbeitet, das Auskunft zu Firmen-Infos gibt – mit denen würde ich nicht nochmal zusammenarbeiten. Damals dachten wir noch, dass die unbedingt unser Partner sein müsstn. Doch die Zusammenarbeit hat sich als äußerst schwierig herausgestellt. Aber etwas Positives hatte es schon: Wir haben dadurch Investoren gefunden, die von unserem Konzept begeistert waren. Was ich damit sagen will, ist: Jede Fehlentscheidung im Leben bringt einen immer ein Stück weiter – wo eine Tür sich schließt, öffnet sich im selben Moment eine andere. Das war eines der wichtigsten Learnings, das ich für mich mitgenommen habe. Und heute haben wir Enterprise-Kunden, die über eine Million Termine im Monat mit Timify organisieren.

Was waren die größten Hürden, die Du auf dem Weg zur Gründung überwinden musstet?
Es gab große Hürden. Ich denke, als Unternehmer:in sollte man für jede Überraschung offen sein. Wir haben zum Beispiel oftmals kein Geld mehr gehabt. Anfangs sah es finanziell sehr knapp für uns aus, das war schwierig. Aber ob ich alles nochmal genauso machen würde, weiß ich nicht. Wir haben einige Fehler gemacht. Aber die gehören einfach zu Timify dazu. Am Ende zählt, dass wir trotzdem an uns geglaubt haben, wie auch unsere Investor:innen. Und so haben wir es geschafft – wir sind zu dem Punkt kommen, ab dem es dann nach oben geht! Wenn das einmal geschafft ist – da kann ich aus Erfahrung sprechen – hört es nicht mehr auf!

Was waren die größten Fehler, die Du bisher gemacht hast – und was hast Du aus diesen gelernt?
Niemals aufgeben, das habe ich aus meinen Fehlern gelernt! Immer an sich selbst und auch an das Produkt zu glauben. Das Grundverständnis eines Unternehmers oder einer Unternehmerin muss es sein, positiv zu denken. Ansonsten scheitert man von Anfang an.

Wie findet man die passenden Mitarbeiter für sein Startup?
Es hat lange gedauert, bis wir unser Team, so wie es jetzt ist, gefunden haben. Das war nicht leicht. Ein Mitarbeitender in der falschen Position kann das ganze Team runterziehen. Jemand, der demotiviert ist und nicht mitzieht, der passt einfach nicht zu uns und wird von den anderen auch nicht akzeptiert. Da muss man aufpassen. Auch auf Managementebene – die Leute müssen einfach passen.

Welchen Tipp hast Du für andere Gründer:innen?
Mein großer Tipp ist: Weitermachen! Wir haben auch an schwierigen Tagen einfach weitergemacht. Wir wussten, es wird irgendwann besser. Man sollte sich dabei nicht alleine auf die Reise begeben. Es braucht immer ein gutes Team. Allein zerdenkt man zu viel und steht sich selber im Weg. Ich bin zum Beispiel in unserem Team für die kaufmännischen Aufgaben zuständig und derjenige, der sich um alles kümmert, außer um das Produkt. Das Produkt ist das Herzstück meines Geschäftspartners Boyan Tanchev. Wir kennen uns schon aus einer Zeit vor Timify und haben bereits davor zusammengearbeitet. Da haben wir auch super zusammen funktioniert. Er hat immer das operative Geschäft geleitet und ich war für alles rund um die Kunden und das buchhalterische zuständig. Genauso ist es bei Timify jetzt auch und es funktioniert hervorragend. Wir kommen uns nie in die Quere – wir vertrauen uns zu 100 Prozent und ergänzen uns dadurch perfekt.

Ohne welches externes Tool würde dein Startup quasi nicht mehr existieren?
Slack ist nicht mehr wegzudenken. Wir und unsere Kunden arbeiten damit. Ein superhilfreiches Tool, ohne dass ich mir die interne, aber auch externe Kommunikation nicht mehr vorstellen mag.  

Wie sorgt ihr bei eurem Team für gute Stimmung?
Events! Kürzlich haben wir eine Floßfahrt zu unserem 10-jährigem Jubiläum gemacht. Wir wollen alle drei Monate ein großes Event planen, wie zum Beispiel das Oktoberfest im September oder die Weihnachtsfeier im Dezember. Dazwischen hat jede Abteilung die Möglichkeit, monatlich ein eigenes Event zu organisieren. Aber auch das Home-Office und die flexiblen Arbeitszeiten machen unsere Mitarbeitenden glücklich. Dennoch treffen wir uns alle einmal die Woche im Büro. So bekommen wir uns auch regelmäßig persönlich zu Gesicht und können uns austauschen. Ich glaube, es sind insgesamt die Kleinigkeiten, die im Gesamtpaket eine gute Stimmung bei Timify entstehen lassen.

Was war Dein bisher wildestes Startup-Erlebnis?
Bei unserer Weihnachtsfeier um 4 Uhr in der Früh hat ein Investor – und zu dem Zeitpunkt sah es finanziell kritisch für Timify aus – noch mal eine Investition nachgelegt. Und am Ende ist das Geld auch tatsächlich angekommen. Eine Wahnsinnsaktion!

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Foto (oben): Timify