#Gastbeitrag

5 Fehler, die wachsende Startups in der Produktentwicklung vermeiden sollten

Fast 50 % der Startups in Deutschland benennen die Produktentwicklung als eines der größten Herausforderungen. Hier 5 Fehler, die wachsende Startups in der Produktentwicklung vermeiden sollten. Ein Gastbeitrag von Peyman Pouryekta.
5 Fehler, die wachsende Startups in der Produktentwicklung vermeiden sollten
Freitag, 5. August 2022VonTeam

Startups überholen sich selbst. Meistens passiert das, wenn der Product-Market Fit gefunden wurde und man nun die Produkt und IT-Abteilung skalieren muss. Fast 50 % der Startups in Deutschland benennen die Produktentwicklung als eines der größten Herausforderungen. Welche 5 größten Fehler ihr vermeiden solltet, um euch Wachstumsschmerzen in der Produktentwicklung zu ersparen, erfahrt ihr hier in diesem Beitrag:

1.  Zu wenig Fokus auf Menschen & Kultur

In einer Wachstumsphase werden fast immer neue Teammitglieder eingestellt. Die erste Hürde, die hier zu nehmen ist, ist fachlich starke Mitarbeiter zu finden, die zusätzlich auch eine Portion an Diversität, emotionaler Intelligenz und Empathie mit sich bringen. Warum das so wichtig ist liegt daran, dass Probleme zwischen den neuen und alten Mitarbeitern entstehen können. Konkurrenzdenken und ein Gegeneinander kann sich etablieren und das erzeugt eine sehr schädliche Arbeitsatmosphäre für alle Beteiligten.

Was hilft ist sich auf neue Mitarbeiter vorzubereiten, die bestehenden Mitarbeiter mit einzubinden und Klarheit über Aufgaben und die Rollen für alle Beteiligten schaffen. Im Großen und Ganzen und das ist das wesentliche: Alles dafür zu tun, um ein ehrliches und starkes Vertrauensverhältnis mit den neuen und den alten Mitarbeitern zu haben. Nur so kann langfristig gemeinsam eine nachhaltige Kultur erschaffen werden. Das Vertrauen zum Mitarbeiter steht sogar vor der Strategie.

2.  Keine neue Strategie

Menschen haben die Tendenz sich auf die vorherigen Erfolgsrezepte zu berufen und das oft sogar als geplante Strategie darzustellen. Basierend darauf wird eine sehr ähnliche und fast identische Strategie für die Zukunft vorgestellt.

Dazu muss man sagen, dass dieser Blickwinkel etwas limitiert ist und natürlich auch ein Quäntchen Glück zu dem Erfolg gehört hat. Viele Dinge haben sich in der Vergangenheit nicht kausal so ereignet, sondern passte unter den bestimmten Bedingungen. Man hat zur richtigen Zeit, die richtigen Lösung entwickelt.

Die Art und Weise wie ein Start-up in der Anfangsphase gearbeitet hat, ist mit sehr großer Wahrscheinlichkeit nicht die gleiche Art und Weise für die nächsten Phasen.

Deswegen muss man sich ausgiebig und regelmäßig damit beschäftigen und sich auf die neuen Bedingungen einstellen, um eine neue Strategie entwickeln.

3.  Zu wenig oder zu viele Strukturen und Prozesse

In der Anfangsphase eines Startups ist das Team noch klein. Alle arbeiten sehr operative und ad hoc, somit schränken zu viel strikte Strukturen und Prozesse ein und sind fehl am Platz. Eine Lücke entsteht fast immer, wenn die nächste Etappe genommen werden muss und man wächst. Dabei scheitert die Führung daran, dass Prozesse und Strukturen nicht aufgebaut wurden, so dass neue Mitarbeiter den Rahmen dazu haben, die Arbeit fortzusetzen und weiterentwickeln zu können. Die Führung hat dann häufig zu viele Hüte auf, ist überfordert mit dieser neuen Situation und wird zum Flaschenhals. Sie erledigt immer noch selber Aufgaben und verpasst es, Verantwortung abzugeben und zu delegieren.

Stattdessen sieht man häufig ein Verwaltungsverhalten und Micromanagement. Frühzeitig sich dem bewusst zu sein und eine optimale Arbeitsumgebung für andere zu schaffen sorgt hier vor, um diesen Wachstumsschmerz zu vermeiden.

4.  Customizations entwickeln

Ein Start-up versucht, die beste Lösung für den Kunden zu entwickeln. Dabei arbeiten es sehr eng mit dem Kunden zusammen, um das Produkt zu definieren. Nicht selten steht man zu dem zahlenden Kunden auch in einer Abhängigkeit, was es umso schwieriger macht, spezielle Anforderungen des Kunden auszuschlagen. Fängt man jedoch an Customizations für den Kunden zu entwickeln, gerät man in weitere Abhängigkeit und man erwischt sich dabei jedem Kunden ein eigenes Produkt zu bauen. Sogar Features, die für mehrere Kunden funktionieren, aber unterschiedlichen Ausrichtung haben, sorgen dafür, dass das Produkt zu einem Bauchladen wird. Eine Alternative ist es dem Kunden eine Schnittstelle bereitzustellen, um die speziellen Anforderungen dennoch zu ermöglichen, jedoch außerhalb des Produktes. Deswegen ist das wichtigste die Produktvision klar zu definieren, im Auge zu behalten und zielstrebig in diese Richtung zu gehen, auch wenn das bedeutet den einen oder anderen Kunden zu verlieren, denn das ist dann auch nicht wirklich dein Kunde.

5.  Ignorieren der Technischen Schulden

Die Welt der Technologie entwickelt sich sehr schnell weiter. Während du das hier liest, werden unzählige neue Zeilen an Code geschrieben und neue Software released. Die technischen Schulden, die immer auftauchen, da man als Start-up sehr schnell sein muss und viele Veränderungen durchlebt, sollten regelmäßig beglichen werden.

Im besten Fall hat man von Grund auf sich Gedanken gemacht, wie ein System robust und resilient aufgebaut werden kann und flexible genug für Erweiterungen und Anpassungen ist, um in dieser sich sehr schnell verändernden Welt zu bestehen. Viele setzen dabei auf solide Standards, verlieren aber nicht den Blick darauf, neue Technologien zu verwenden, die für die Zukunft Verbesserungen liefern.

Erfolgt das regelmäßige Begleichen der technischen Schulden nicht, wird das System und die Weiterentwicklung nach einer gewissen Zeit sehr mühsam und kann bis hin zum Stillstand führen. Was dann noch hilft, jedoch teuer ist, ist wegschmeißen, aus den Fehlern lernen und neu bauen.

Über den Autor
Peyman Pouryekta arbeitet seit über 17 Jahren im Bereich Technologie und Produktentwicklung. Mit seinem Unternehmen beschäftige er sich intensiv mit dem Thema, wie Start-ups den schnellen Erfolg mit einhergehenden Wachstumsschmerzen in den Griff bekommen. Seit 2018 betreute er erfolgreich mehrere Unternehmen, darunter: Moody’s, All4Labels Group und Concular.

Tipp: Wie sieht ein Startup-Arbeitsalltag aus? Noch mehr Interviews gibt es in unserem Themenschwerpunkt Gründeralltag.

Foto (oben): Otovo