#Interview

“Ich habe mich oft zu sehr unter Druck gesetzt”

Gründeralltag - gibt es das überhaupt? "Aufstehen, Zähne putzen, ein Glas warmes Wasser mit heißer Zitrone trinken und mindestens fünf bis zehn Minuten meditieren, bevor das "Chaos" losgeht", beschreibt Nadja King, Gründerin von Oyess, ihren Start in den Tag.
“Ich habe mich oft zu sehr unter Druck gesetzt”
Donnerstag, 30. Dezember 2021VonTeam

Wie starten ganz normale Gründerinnen und Gründer so in einen ganz normalen Startup-Arbeitsalltag? Wie schalten junge Unternehmerinnen und Unternehmer nach der Arbeit mal so richtig ab und was hätten die aufstrebenden Firmenlenker gerne gewusst bevor sie ihr Startup gegründet haben? Wir haben genau diese Sachen abgefragt. Heute antwortet Nadja King, Gründerin von Oyess. Das Beauty-Startup setzt auf nachhaltige Lippenpflege.

Wie startest Du in einen ganz normalen Startup-Arbeitsalltag?
Aufstehen, Zähne putzen, ein Glas warmes Wasser mit heißer Zitrone trinken und mindestens fünf bis zehn Minuten meditieren, bevor das “Chaos” losgeht. Dann mit dem Kleinen kuscheln, ihn in die Kita bringen und nach dem ersten Spaziergang an der frischen Luft an den Schreibtisch mit der ersten Tasse Tee.

Wie schaltest du nach der Arbeit ab?
Abwechselnd auspowern beim Sport und/oder Yoga und ebenfalls nochmal fünf Minuten in Stille sitzen und disconnecten von allen Medien.

Was über das Gründer:innen-Dasein hättest du gerne vor der Gründung gewusst?
Dass man sich frei machen sollte von dem Gedanken “das mache ich mal in einer ruhigen Minute”, die gab es bisher noch nie.

Was waren die größten Hürden, die Du auf dem Weg zur Gründung überwinden musstet?
Die größten Zeitfresser: Bürokratie bei der Gründung inklusive unzähliger Notargänge plus das Thema Finanzierung. Sich hier richtig zu informieren, kundig zu machen und dann – hoffentlich – die richtige Entscheidung zu treffen, war am schwierigsten, da keiner im Team die entsprechenden Kern-Kompetenzen hatte und uns das noch fremd war.

Was waren die größten Fehler, die Du bisher gemacht hast – und was hast Du aus diesen gelernt?
Ich habe mich oft zu sehr unter Druck gesetzt. Heute versuche ich bei weitreichenden Entscheidungen gelassener zu bleiben. Nochmal tief durchzuatmen, einen Schritt zurückzutreten, alles gut zu durchdenken und dann eine Entscheidung zu treffen. Gründen bedeutet am Anfang auch alles „selbst“ zu machen. Um Fokus und Prio nicht zu verlieren, muss man immer überlegen, wann der richtige Zeitpunkt ist, zeitintensive, aber inhaltlich relativ unwichtige Jobs kreativ outzusourcen. Das ist definitiv ein „ongoing“ Lernprozess.

Wie findet man die passenden Mitarbeiter für sein Startup?
Wir stellen aktuell noch nicht ein, gehen aber nach folgenden Kriterien vor: Hauptkriterium im Interview: Motivation und Eigeninitiative. Im Startup heißt es Hands-On und wenn jemand dies nicht mit einbringt, wird das auf Dauer keine gute Partnerschaft. Bauchgefühl: trust your intuition. Wenn der Bauch JA oder auch NEIN sagt, dann ist das die richtige Entscheidung. Die Chemie muss einfach stimmen. Und dann freuen wir uns natürlich auch immer über Empfehlungen aus dem Netzwerk (es ist das A und O, wenn jemand bereits aus dem trusted network kommt).

Welchen Tipp hast Du für andere Gründer:innen?
Einfach machen! Nicht warten, bis die „perfekte“ Situation kommt oder alles zu 100% steht, sondern loslegen und nach den ersten Learnings nachschärfen und justieren.
Du kannst mehr, als du dir zutraust. Mehr Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten haben und sich nicht durch den Vergleich mit anderen abschrecken lassen, die vermeintlich besser sind.
Für uns hat sich Gründen im Team versus alles allein machen als positiv erwiesen. Der Vorteil ist: man baut sich gegenseitig auf und kann wichtige Entscheidungen gemeinsam diskutieren. Wichtig ist die Auswahl der richtigen CO-Founder, mit denen man zum einen vertrauensvoll und effizient zusammenarbeiten kann, sich idealerweise aber auch die funktionalen Expertisen unterscheiden Wir ergänzen uns im OYESS-Team wunderbar und arbeiten vertrauensvoll zusammen.

Ohne welches externe Tool würde dein Startup quasi nicht mehr existieren?
WhatsApp und Zoom – wir arbeiten rein digital ohne eigenes Büro an drei verschiedenen Standorten über zwei Länder hinweg. Ohne ständige Kommunikation wäre dies nicht so effizient möglich.

Wie sorgt ihr bei eurem Team für gute Stimmung?
Wir sind zu dritt, was Gold wert ist. Wenn einer mal down ist, bauen wir uns gegenseitig wieder auf.
Wir teilen auch viele private Geschichten und starten jeden Call mit der Frage „hey, wie geht’s dir heute“ – mental und emotional. Well-being steht bei uns an erster Stelle und die Person geht immer vor dem Business bzw. der Performance, das ist in unseren Werten verankert.

Was war Dein bisher wildestes Startup-Erlebnis?
Von Gründung der Firma bis Kreation der Marke und Produktion unserer Produkte haben wir fünf Monate gebraucht ? der wildeste und schnellste, aber auch aufregendste Ritt meines Lebens!

Tipp: Wie sieht ein Startup-Arbeitsalltag? Noch mehr Interviews gibt es in unserem Themenschwerpunkt Gründeralltag.

Foto (oben): Oyess