#Interview

“Mir macht es Spaß, Gründern dabei zu helfen, erfolgreicher zu sein”

Peak investiert in junge Marktplatz-, SaaS-, und Plattform-Unternehmen. "Wir stellen nicht einfach Schecks über Millionen von Euro aus, ohne Vertrauen in das Potenzial des Teams zu haben und in die Art und Weise, wie es das Geld einsetzen wird", sagt Managing Partner Johan van Mil.
“Mir macht es Spaß, Gründern dabei zu helfen, erfolgreicher zu sein”
Donnerstag, 29. Juli 2021VonAlexander Hüsing

Der niederländische Early-Stage-Geldgeber Peak möchte verstärkt in Deutschland investieren und eröffnete dazu kürzlich ein Büro in Berlin. “Es ist das erste internationale Büro für Peak und eine bewusste Entscheidung für Deutschland, um eine Brücke zwischen den zwei boomenden Tech-Metropolen Europas, Amsterdam und Berlin, zu schlagen”, teilt der Geldgeber mit. Im vierten Fonds des Geldgebers sind 66 Millionen Euro. Das Geld möchte das Peak-Team rund um Johan van Mil in “schnell wachsenden Marktplatz-, SaaS-, und Plattform-Unternehmen” investieren. In Deutschland investierte Peak bisher in GraphCMS und den Urban Sports Club.

In der Regel investiert Peak zwischen 250.000 und 4 Millionen Euro. “Peak ist Founder-Funded, das bedeutet, dass unsere Investitionen mit mehr als nur Geld verbunden sind. Die Unternehmer hinter Peak bringen ihr Netzwerk, ihre Marktexpertise, Gespräche auf Augenhöhe und die Erinnerungen und Narben mit, die uns gelehrt haben, was funktioniert und was nicht. Das bedeutet Unterstützung auf höchst persönlicher Ebene – wir sind Sparringspartner für jedes Thema und lassen unsere Telefone nachts an”, sagt Peak-Macher van Mil.

Im VC-Interview mit deutsche-startups.de spricht van Mil außerdem über Anrufe um 3 Uhr morgens, Sprints und Painkillers.

Was genau reizt Dich daran, Geld in Unternehmen zu investieren?
Mir macht es Spaß, Gründern dabei zu helfen, erfolgreicher zu sein. Als ich meine eigenen Unternehmen gegründet und zunächst als Angel-Investor tätig war, habe ich gelernt, dass die Gründung eines schnell wachsenden Unternehmens wirklich hart ist, um es mal vorsichtig auszudrücken. Es ist wie ein Spitzensport. Jeden Tag muss man Top-Ergebnisse abliefern und Resultate zeigen. Der Hauptunterschied zum Leistungssport, wie zum Beispiel beim 100 Meter Sprint ist, dass es als Gründer immer noch einen Sprint gibt und noch einen und so weiter. Ich möchte Gründern helfen, für und während dieses Unterfangens gerüstet zu sein.

Wie wird man eigentlich Venture-Capital-Geber – wie bist Du Venture-Capital-Geber geworden?
Es gibt verschiedene Wege zum VC. Ich persönlich habe als Gründer angefangen: Ich habe mein eigenes Unternehmen gegründet, es verkauft, ein neues Unternehmen gegründet, es wieder verkauft, und so weiter. Gleichzeitig habe ich angefangen meine Gewinne als Angel-Investor in andere Gründer zu investieren. Im Laufe der Zeit habe ich gelernt, dass ich mehr Wissen und Hilfe brauche – sowohl als Gründer als auch als Angel Investor. Also habe ich 5 Unternehmerkollegen, die eine ähnliche Erfahrung hatten, gefragt, ob sie sich mir anzuschließen wollen um Peak zu gründen. Gemeinsam konnten wir das Geld, das kombinierte Wissen und die Unterstützung bereitstellen, die wir gerne gehabt hätten, als wir unsere eigenen Unternehmen aufgebaut haben.

In der VC-Welt wird oftmals mit Millionenbeträgen hantiert, wird Dir da nicht manchmal mulmig zumute – bei diesen Summen?
Ich bin Holländer – und du weißt was man über uns sagt: Jede Geldsumme macht uns unruhig. Spaß beiseite, es geht weniger um die Summe, sondern mehr darum, wohin das Geld fließt und vor allem, was das Geld an Wachstum und Wert generieren kann. Wir stellen nicht einfach Schecks über Millionen von Euro aus, ohne Vertrauen in das Potenzial des Teams zu haben und in die Art und Weise, wie es das Geld einsetzen wird. Um dieses Vertrauen zu entwickeln, bedarf es einer Mischung aus Bauchgefühl und fundierten Daten. Wir konzentrieren uns auf nachhaltige Geschäftsmodelle – Painkillers not Vitamins, also Unternehmen die wirklich ein Problem lösen und nicht irgendwas, was funktionieren kann – aber auch nicht -, suchen nach einer positiven Unit-Economy, und nach Teams, die eine führende Position in dem Markt aufbauen und verteidigen können, in dem sie sich befinden.

Was sollte jede-Gründerin, jeder Gründer über Euch – als VC – wissen – wie etwa grenzt Ihr Euch von anderen Investoren ab?
Unser gesamtes Kapital wird von Unternehmern aufgebracht und verwaltet. Wir alle haben schon selbst Unternehmen aufgebaut, gekauft, skaliert und verkauft und haben auf dem Weg dorthin unsere Lektionen auf die harte Weise gelernt. Neben dieser Gründer-DNA unterscheiden wir uns auch durch unseren Laser-Fokus auf SaaS-, Marktplatz- und Plattform-Unternehmen. Anstatt uns auf bestimmte Branchen zu konzentrieren – wie zum Beispiel Klima-Tech, Proptech oder ähnliches -, haben wir in den letzten 14 Jahren ein tiefes Verständnis für die Funktionsweise dieser Modelle entwickelt und wie man sie über verschiedene Unternehmensstufen, Branchen oder Grenzen hinweg skalieren kann. Darüber hinaus: Gründer sollten wissen, dass wir trotz allem locker im Umgang sind. Wir wissen, dass das Gründerleben schon hart genug ist. Das soll nicht heißen, dass wir unsere Partner nicht herausfordern und anspornen… aber zwischendurch muss man auch zusammen lachen können und zusammen ein kühles Bier genießen, um die Erfolge zu feiern, die man erzielt hat, und die Learnings setzen zu lassen, wenn die Dinge mal kurz anders gelaufen sind.

Welche Unterstützung bietet Ihr – neben Geld?
Peak ist Founder-Funded, das bedeutet, dass unsere Investitionen mit mehr als nur Geld verbunden sind. Die Unternehmer hinter Peak bringen ihr Netzwerk, ihre Marktexpertise, Gespräche auf Augenhöhe und die Erinnerungen und Narben mit, die uns gelehrt haben, was funktioniert und was nicht. Das bedeutet Unterstützung auf höchst persönlicher Ebene – wir sind Sparringspartner für jedes Thema und lassen unsere Telefone nachts an. True Story: Lebenspartner sind nicht so glücklich über Anrufe um 3 Uhr morgens. Was ich noch hinzufügen möchte: wir helfen auch bei der Suche, Interviews und dem Aufbau des A-Teams unserer Portfoliounternehmen und ebenso bei der schnellen Internationalisierung – das kennen wir, mit Hauptsitz in den Niederlanden, besonders gut.

Wie organisiert Ihr den Austausch mit Euren Portfolio-Firmen, welche Tools nutzt Ihr?
Als Basis haben wir einen Peak-Slack-Kanal auf dem die Gründer aktiv sind. Dazu haben wir eine eigene Peak Plattform, auf der Gründer alle für sie relevanten Infos finden – von den besten IP Rechtsanwälten bis zu Vertragsvorlagen für Mitarbeiter-Incentives. Darüber hinaus organisieren wir dedizierte Portfolio-Sessions zu gewünschten Themen wie Growth Marketing oder SaaS Pricing und Packaging, zu denen wir Experten – wie unsere Investoren – und Entrepreneurs-in-Residence einladen, um gemeinsam in ein Thema einzutauchen und voneinander zu lernen.

Was ist wichtiger: Das Team oder die Idee?
Immer das Team. Ein gutes Team schnappt sich eine schlechte Idee und verbessert sie. Gibst du einem schlechten Team eine gute Idee wird es die Idee ruinieren. Man muss bedenken: Ideen sind Ideen. Sie werden sich mit der Zeit verändern und anpassen. Die Ausführung dieser Ideen ist das, was zählt.

Wie sieht das ideale Gründerteam aus bzw. gibt es überhaupt das ideale Gründerteam?
Im idealen Team dreht sich alles um die richtige Energie. Zumindest bei Peak beurteilen wir ein Team nicht nach seinem Lebenslauf und es ist uns egal, ob man bei McKinsey, den Big 4 oder ähnlichem gearbeitet hat. Im idealen Team geht es darum, komplementäre Profile zu haben, wir verwenden den Begriff “Hipster, Hacker, Hustler”. Jemand, der etwas aufbauen kann, jemand mit einer Vision und jemand, der es auf den Markt bringen kann. Darüber hinaus lieben wir Teams, die mit dem Problem, das sie lösen wollen, selbst konfrontiert waren. Fun-Fact: Einer der Gründer von United Wardrobe, einem Unternehmen in unserem Portfolio, das kürzlich von Vinted übernommen wurde, hat sogar einen Song über “Hipster, Hacker, Hustler” gemacht… und ja, es ist unser Büro-Klingelton.

Wie entscheidet Ihr, ob Ihr in ein Startup investiert: Bauchgefühl, Daten, Beides oder was ganz anderes?
Wir gehen alles mit einer Kombination aus Bauchgefühl und dem Hinterfragen von Daten an. Dazu haben wir auch einen Rahmen entwickelt, um unsere Investitionsentscheidungen anhand von 4 Ts zu treffen: “Team, Traction, Thesis, and Timing”. Von diesen ist das Team der wichtigste Teil. Aus diesem Grund haben wir unser erstes internationales Büro in Berlin eröffnet. Wir müssen die Energie spüren, die Gründer in der Szene persönlich treffen und die Menschen kennenlernen, die die Innovation in Deutschland vorantreiben.

Nicht jedes Startup läuft rund, nicht jedes wird ein Erfolg. Was macht Ihr, wenn eine Eurer Beteiligungen in Schieflage gerät?
Um eine schwierige Situation zu entschärfen, ist der erste Schritt: einfach zuhören und für die Gründer da sein. Biete ein offenes Ohr. Zweiter Schritt: Verstehen, was vor sich geht. Der dritte Schritt – und der wichtigste – ist, herauszufinden, was wirklich dahintersteckt. Dann arbeitet man von dort aus weiter um eine Lösung zu finden. Dazu fällt mir ein Beispiel ein: Einige wichtige Teammitglieder verließen eines unserer Portfolio-Unternehmen. Oberflächlich betrachtet, erschienen die Mitarbeiter, die das Unternehmen verließen, als die “Bad Guys”. Nachdem wir uns hingesetzt und mit allen gesprochen hatten … und genauer zugehört hatten … wurde klar, dass eines der verbleibenden Teammitglieder das eigentliche Problem war.

Und woran merkt Ihr, dass Ihr bei einem Startup die endgültige Reißleine ziehen müsst?
Tatsächlich wissen wir das nicht. Zum jetzigen Zeitpunkt hat keines unserer Portfoliounternehmen zugemacht oder Konkurs angemeldet. Aber auch das wird sich irgendwann ändern, das ist unvermeidlich. Und natürlich haben unsere Portfoliounternehmen schwierige Zeiten gehabt. In dieser Zeit muss man als Investor da sein und ihnen da durch helfen. Wir stehen wirklich an der Seite unserer Gründer. Manchmal bedeutet das leider auch, den Gründern dabei zu helfen, harte Entscheidungen zu treffen – oft reicht es aber auch, Perspektiven aufzuzeigen.

Wie wichtig und bindend ist ein Businessplan?
Wenn Du einen Businessplan meinst, der 50 Seiten lang ist und 20 Registerkarten mit Berechnungen enthält, ist er nutzlos. Einer unserer Kollegen hat es gut formuliert: “Die größten Märchen werden in Excel geschrieben”. Ein Businessplan mit einem Deck, das aus 10 bis 15 Folien und zwei bis drei Seiten besteht, ist jedoch sehr wichtig.

Tipp: Noch mehr Interviews mit Venture Capital-Gebern aus Deutschland gibt es in unserem Themenschwerpunkt VC-Interview.

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Foto (oben): Peak

Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.