#Gastbeitrag

Warum sich europäische Startups nicht länger verstecken sollten

Google, Amazon, Facebook und Co.: Wenn es um digitale Erfolgsgeschichten geht, wandert der Blick schnell in die USA. Dabei braucht sich weder die deutsche noch die europäischen Startup-Landschaft inzwischen hinter den digitalen Tech-Giganten aus Übersee zu verstecken. 
Warum sich europäische Startups nicht länger verstecken sollten
Donnerstag, 8. Juli 2021VonTeam

Insbesondere in den letzten Jahren sind viele disruptive Geschäftsmodelle entstanden, die den großen, etablierten Unternehmen den Kampf angesagt haben – diese Entwicklung ist für Gründer:innen sehr inspirierend. Aus meiner Sicht ist Europa dabei, massiv nachzuziehen und bietet jungen Unternehmer:innen inzwischen die besten Voraussetzungen. Mittlerweile haben Investor:innen aus den USA und Asien erkannt, wie attraktiv das europäische Tech-Ökosystem ist und fördern mit ihren Investments den Gründergeist in Europa. Das bestätigt auch ein Blick auf die Zahlen: So hat sich das Tech-Ökosystem im DACH-Raum in den letzten fünf Jahren stark entwickelt und wird laut einer Auswertung von Deutsche Börse und Dealroom mit insgesamt 264 Milliarden Euro bewertet, die Hälfte davon ist börsennotiert.

Wachstum von Ökosystemen brauchen Zeit

Dennoch besteht in Europa Luft nach oben und es gibt noch Aufholbedarf. Das Thema Ökosystem ist ein gutes Beispiel. Neben Kapital gehört dazu gleichermaßen Talent. Um ein solches aufzubauen, muss natürlich der Faktor Zeit einkalkuliert werden. Aber es müssen auch Anreize geschaffen werden, etwa über die Beteiligung von Mitarbeiter:innen, damit das Know-how nicht abwandert. 

Was ein gut funktionierendes Ökosystem letztlich leisten kann, zeigt sehr prominent die “Paypal-Mafia”. Ehemalige Gründer und Mitarbeiter des Zahlungsdienstleisters haben etwa neue Start-ups wie Tesla, LinkedIn, SpaceX oder YouTube gegründet. Ein funktionierendes Ökosystem benötigt genau das. Ebenfalls wichtig ist, dass ehemalige Gründer:innen und Mitarbeiter:innen zu Angel Investor:innen werden. Sie sind bei vielen Start-ups die ersten professionellen Investor:innen und bringen wichtiges operatives Know-how sowie ein Netzwerk mit, sind aber auch Mentor:innen für die Gründer:innen. Für die Weiterentwicklung junger Unternehmen stellen sie daher einen entscheidenden Faktor dar. 

Europa kann es sich leisten selbstbewusster aufzutreten 

Was Europa, und gerade auch Deutschland, ebenfalls gut tun würde, ist ein größeres Selbstbewusstsein und weniger Bescheidenheit. Aus meiner Erfahrung funktioniert die Selbstvermarktung in Amerika deutlich besser bzw. ist die Selbstsicherheit der Gründer:innen größer. Diesbezüglich kann Europa sich einiges abschauen, wir uns mehr zutrauen und weniger anbiedern. Statt uns von den amerikanischen Superlativen zu sehr beeindrucken zu lassen, sollten wir unseren Blick auf die eigenen Errungenschaften lenken: Wir haben tolle Unternehmen, einzigartige Produkte und Gründer:innen mit besonderen Geschichten – siehe BioNTech als aktuelles Beispiel. Diese gilt es besser zu vermarkten und stärker in den Vordergrund zu stellen. 

Heimvorteil nutzen

Natürlich kann man auch argumentieren, dass man heute von überall aus gründen kann, denn die Welt ist durch die Digitalisierung näher zusammengerückt. Jedoch haben europäische Start-ups gegenüber Firmen, die aus Amerika oder Asien kommen und auf dem Kontinent Fuß fassen wollen, einen entscheidenden Vorteil: Sie kennen die Mentalität der europäischen Nutzer:innen besser, verstehen ihre Arbeitsweise im Unternehmen und die Bedürfnisse des Marktes. 

Gleichzeitig sehen wir auch eine spannende Entwicklung hin zur Lokalisierung bei der Anschaffung von Software-as-a-Service. Europäische Firmen legen, nicht zuletzt aufgrund des Themas Datenschutz, verstärkt Wert auf Software “Made in Europe”. So stellen wir im Austausch mit unseren deutschen Kund:innen häufig fest: Die Digitalisierung ruft bei so manchen immer noch gemischte Gefühle hervor. Natürlich wäre es wünschenswert, wenn beim Mittelstand eine größere Offenheit bestehen würde, neue Produkte auszuprobieren, etwa im technologischen Bereich, statt auf 20 Jahre erprobte Arbeitsweisen zu setzen. Jedoch hat eine kürzlich von uns durchgeführte Studie gezeigt, dass mehr als ein Drittel der Unternehmen, die im letzten Jahr angeschafften digitalen Tools nach der Corona-Pandemie wieder abschaffen möchte. Gründe sind aus unserer Sicht, dass viele Tools zu erklärungsbedürftig sind und die Arbeit teils sogar erschweren. Derartige Bedenken müssen junge Unternehm:innen natürlich kennen und ihre Produkte entsprechend ausrichten. Wir verfolgen mit MeisterTask daher etwa den Anspruch ein simples Werkzeug zu sein, mit dem es Spaß macht zu arbeiten. Und Start-ups, die sich zusätzlich mit der Regulierung intensiv auseinandergesetzt haben, können bei Kund:innen, insbesondere auch in hoch regulierten Sektoren wie der Finanzindustrie, eindeutig punkten. 

Über den Autor
Der Software-Enthusiast and Pionier Till Vollmer gründete 2007 gemeinsam mit seinem ehemaligen Kollegen Michael Hollauf das erfolgreiche Unternehmen Meister. Dieses brachte das weltweit marktführende Online-Mindmapping-Tool MindMeister und später die mittlerweile größte deutsche cloudbasierte Aufgabenverwaltungs-Software MeisterTask auf den Markt.

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Foto (oben): Shutterstock