#Interview

“Trotz der Krise machen wir das Beste daraus”

ArtNight trifft die Corona-Krise hart. Das Startup musste 1.500 Events absagen. "Trotz der Krise machen wir das Beste daraus und haben innerhalb einer Woche eine Plattform für Online-Maltutorials sowie ein Paining-Set für Zuhause ins Leben gerufen", sagt Gründerin Aimie-Sarah Carstensen.
“Trotz der Krise machen wir das Beste daraus”
Donnerstag, 26. März 2020VonAlexander Hüsing

Das junge Berliner Unternehmen ArtNight, das von Aimie-Sarah Carstensen und David Neisinger gegründet wurde, bringt Menschen in Restaurants und Bars zu kunstvollen Events zusammen. Die Corona-Krise brachte jetzt das komplette Konzept der Jungfirma, die von Acton Capital Partners, M-Venture und dem Social Media-Löwen Georg Kofler finanziell unterstützt wird, zum Erliegen.

“Wir haben alle Events unserer Marken ArtNight, PlantNight, ShakeNight und BakeNight vorerst bis einschließlich 14. April abgesagt. In diesem Zeitraum allein hätten bei uns 1.500 Events stattfinden sollen, sodass wir 30.000 Teilnehmer auf später vertrösten mussten.  Aber nicht auf unser Team und unsere Event-Teilnehmer hat die Krise großen Auswirkungen, sondern vor allem auch auf unsere Künstler-Community, zu der aktuell mehr als 400 freiberufliche Künstler zählen”, sagt Mitgründerin Aimie-Sarah Carstensen. 

Im Interview mit deutsche-startups.de spricht die Unternehmerin außerdem über Offline-Events, das Arbeiten im Home Office und Transparenz.

Die Corona-Krise trifft die Startup-Szene derzeit hart. Wie und in welcher Form spürt ihr die Auswirkungen?
Als Startup für Offline-Events trifft uns die Corona-Krise sehr stark. Wir haben alle Events unserer Marken ArtNight, PlantNight, ShakeNight und BakeNight vorerst bis einschließlich 14. April abgesagt. In diesem Zeitraum allein hätten bei uns 1.500 Events stattfinden sollen, sodass wir 30.000 Teilnehmer auf später vertrösten mussten.  Aber nicht auf unser Team und unsere Event-Teilnehmer hat die Krise großen Auswirkungen, sondern vor allem auch auf unsere Künstler-Community, zu der aktuell mehr als 400 freiberufliche Künstler zählen. Durch die Workshops generieren sie Umsatz, auf den sie aktuell verzichten müssen.

Wie versucht ihr euren Künstlern zu helfen?
Für uns war daher von Beginn an klar, dass wir trotz der Absagen unsere Künstler unbedingt weiter unterstützen möchten. Wir produzieren daher schon fleißig Online-Formate in Form von Tutorials, Live-Sessions und weiteren Projekten, um unsere ArtNight-Künstler und die Workshophosts der anderen Marken bestmöglich einzubeziehen. Außerdem gibt es für alle abgesagten Events die Möglichkeit, dass die Teilnehmer ihr ArtNight oder PlantNight-Ticket spenden. Die Nettoerlöse werden dann fair in der Künstlercommunity aufgeteilt. Aber trotz der Krise machen wir das Beste daraus und haben innerhalb einer Woche eine Plattform für Online-Maltutorials sowie ein Paining-Set für Zuhause ins Leben gerufen. Diese Woche launchen wir zudem auch Live-Events. Die ersten Tests mit unseren Marken BakeNight und ShakgeNight haben bereits stattgefunden, nun folgen auch ArtNight und PlantNight. Ohne die großartige Arbeit vom Team und das spontane, flexible Umshiften der Ressourcen wäre das nicht möglich gewesen. 

Welche langfristigen Auswirkungen erwartest du für euer Startup?
Das hängt natürlich stark davon ab, wie lange die Krise anhält und wie schnell sich die Städte auch wieder davon erholen. Wir geben unser Bestes um unsere Mission auch in der Online-Welt fortzusetzen, nämlich Menschen zusammen zu bringen und gegen Einsamkeit und soziale Isolation zu kämpfen. Gleichzeitig müssen wir unser reguläres Modell der Offline-Events weiter stabil halten, sodass wir jederzeit wieder loslegen können, sobald die Lage sich entspannt hat. Aktuell informieren wir uns täglich über alle Entwicklungen, rechnen einige Szenarien durch und planen, wie viel Ressourcen wir auf einzelne Projekte setzen. Aber eine langfristige Planung ist in der aktuellen Situation schwierig, das Wichtigste bleibt Felxibilität und Fokus. Wir glauben fest daran, dass nach der Corona-Krise die Menschen umso mehr wieder offline erleben wollen und dann freuen sich unsere Künstler, Bartender, Floristen und Bäcker, viele Teilnehmer in den jeweiligen Events begrüßen zu dürfen. 

Euer Konzept findet bisher in der Offline-Welt statt. Nun wollt ihr Online-Events anbieten. Wird das überhaupt funktionieren?
Unsere Mission ist es, Menschen mit “Edutaining” Events zu verbinden und steigender Einsamkeit und sozialer Isolation entgegenzuwirken. Unsere Teilnehmer sollen sowohl einen unterhaltsamen als auch einen lehrreichen Abend in Gesellschaft erlebt haben. Dafür geben unsere mehr als 400 Workshophosts täglich ihr Bestes. Wir sind davon überzeugt, dass Kontaktverbote, Ausgangssperren und Home Office die soziale Isolation noch verstärken, weshalb wir unser Modell auf Online-Formate angepasst haben. Wir sind nach wie vor ein Startup, dass Menschen zusammen bringen möchte und wir glauben fest daran, dass wir das auch online ermöglichen können. Wenn YouTube und Netflix also durchgeschaut sind und sich die Leute wieder nach etwas Kreativem sehnen, dann lädt ArtNight alle ein, den Pinsel oder Stift in die Hand zu nehmen und etwas Kreativität in die eigenen vier Wände zu bringen. 

Derzeit arbeitet ihr alle im Home Office. Wie sind eure Erfahrungen bisher?
Wir sind mittlerweile über 80 Mitarbeiter im ArtNight-Team und haben ein tolles Großraumbüro am Tempelhofer Hafen. Der Vorteil ist, dass wir alle sehr gut vernetzt sind und bei Fragen den direkten Kontakt zu allen Mitarbeitern haben. Der Nachteil ist allerdings auch, dass sich ein Virus bei uns sehr schnell ausbreiten könnte, weshalb wir uns frühzeitig dazu entschlossen haben, alle Mitarbeiter ins Home Office zu schicken. Wir haben zweimal die Woche ein virtuelles Meeting mit unserem kompletten Team. Die Teamleads bereiten das Meeting mit den wichtigsten Infos vor und wir informieren der Reihe nach über alle Bereiche hinweg. Neben unseren morgendlichen Stand-up-Meeting, gibt es generell viele Update Calls innerhalb der Teams, um bestmöglich zusammen zu arbeiten und eine größtmögliche Transparenz zu schaffen, damit sich alle abgeholt fühlen. Neben fachlichen Meetings treffen wir uns auch regelmäßig per Videocall zu Teambuilding-Aktivitäten, wie gemeinsame Meditation, Workouts, Kochkurse oder unsere übliches Friday Beers.

Wie bereitet ihr euch auf die Zeit nach der Corona-Pandemie vor?
Auch wenn uns die Corona-Krise stark trifft, hat es auch etwas Gutes. Wir nehmen uns aktuell Zeit für Projekte, die im Daily Business auf der Strecke geblieben sind. Wir arbeiten zum Beispiel gerade daran, in den Teams und zwischen den Teams noch effektiver zu werden und unsere Prozesse zu verkürzen. Somit sind wir gut aufgestellt und ready, wenn es wieder mit unseren Offline-Events losgeht. Wir haben große Pläne und viele Ideen für weitere Marken, die wir dann angreifen werden. 

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Foto (oben): ArtNight

Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.