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Yogaboard: Erfolg unterwegs – auch wenn die Löwen es zu “nischig” finden! #DHDL

Die Gründer lieferten eine gute Vorstellung ab, kannten ihr Business und ihre Zahlen. Judith Williams wurde nicht müde, die Qualität ihres Produkts zu loben. Doch am Ende reichte es nicht zu einem Deal, wie schon einige Male zuvor schien das Thema den Löwen zu „nischig“ zu sein.
Yogaboard: Erfolg unterwegs – auch wenn die Löwen es zu “nischig” finden! #DHDL
Mittwoch, 10. Oktober 2018VonTeam

“Das Thema ist zu klein” oder “Das ist mir zu nischig” – diese oder ähnliche Sätze haben wir schon einige Male in der Höhle der Löwen gehört, auch bei Yogaboard schien das ein entscheidender Faktor zu sein, warum die beiden Gründer Patrick Walter und Dominic Strobel die Höhle ohne Deal wieder verlassen mussten. Und auch zu anderen Gelegenheiten wie z.B. bei Pitch-Events hört man diese Sätze von Investoren recht regelmäßig. Doch auf der anderen Seite wird Gründern immer wieder empfohlen „ihre Nische zu suchen“ oder „aus der Nische heraus zu wachsen“. Wie passt das zusammen? Wie fast immer ist die Antwort vom es-kommt-darauf-an-Typ und es geht darum, die entscheidenden Faktoren zu identifizieren und miteinander in Beziehung zu setzen.

Zunächst einmal schaut man sich die Marktgröße und –struktur an. Im Gegensatz zur Berechnung des Umsatzpotenzials kann man hier zunächst mit einem Top-Down-Ansatz vorgehen und sich diverse Seiten des Markts ansehen: circa 3,4 Millionen Deutsche praktizierten in 2018 Yoga, es gibt rund 6000 Yogastudios, weitere tausende Fitnessstudios bieten ebenfalls Yoga in diversen Formen an. Vor alle die Trends Areal/Anti Gravity Yoga (mit großen Tüchern, die von der Decke hängen) und Bikra Yoga (im stark aufgeheizten Räumen) zeigen, dass sich auch Trends verbreiten, für die spezielle Einrichtungen oder Ausrüstungsgegenstände benötigt werden. Zur Verbreitung der Hauptinspiration für Yogaboard, das Sup-Yoga (Yoga auf dem Surfboard) könnte man vor allem die mediale Aufmerksamkeit während des Sommers als Indiz dafür nehmen, dass sich hier durchaus ein neuer Yoga-Trend zu formieren scheint.

Doch eine speziellen Kategorie eines recht weit verbreiteten Sports als Nische anzusehen, ist durchaus berechtigt. Und selbst wenn es sich zu einem starken Trend im Yogabereich entwickelt, ist dieser „Untermarkt“ des Yogamarktes bestimmt auch weiterhin eine Nische. Doch ist es deswegen aussichtslos, für ein solches Thema einen Investor zu finden? Nicht, wenn man eine gute Marge und weitere Stärken vorzuweisen hat. Die Marge ist bei Yogaboard durchaus attraktiv: mit Herstellungskosten von 140 Euro und einem Verkaufspreis von 369 Euro liegt die Bruttomarge bei circa 62 %. Zum Vergleich im Sportbereich: bei Ski liegt sie bei circa 45 %. Und bei einem Unternehmen in einer vergleichsweise frühen Phase sind hier durchaus noch Optimierungen auf Seite der Herstellungskosten zu erwarten.

Doch das Yogaboard-Geschäftsmodell ist vielfältiger, als man auf den ersten Blick erwarten kann: die Erfahrung mit Endkunden zeigt, dass viele sich das Board nicht nur als Sportgerät zulegen, sondern auch den dekorativen Aspekt schätzen: Verkaufszahlen von Aufstellhilfen und Halterungen belegen, dass Privatkunden das Yogaboard sehr gerne in ihre Raumgestaltung einbringen. Dies ermöglicht Upselling-Potenzial für diverses Zubehör. Für Studios wurde außerdem über Miet- und Leasingmodelle nachgedacht, was die Einstiegshürde auf Grund der nicht unerheblichen Investitionskosten bei Anschaffungen für ganze Kurse maßgeblich senken sollte. Dies in Verbindung mit einem von Krankenkassen als Präventionskurs anerkanntem Kurskonzept kann richtig genutzt ein starkes Vertriebsargument werden. So kann aus der Yoga-Nische heraus auch der Markt für Präventions- und Gesundheitssport adressiert werden, denn die stärkere Aktivierung der Tiefenmuskulatur durch die Balance-Anforderungen des Boards merkt man schon bei den ersten Übungen.

Selbst relativ „nischige“ Geschäftsmodelle sollten also nicht allzu schnell abgetan werden – neben Weiterentwicklungsmöglichkeiten in anderen Bereichen sind nämlich vor allem die möglichen Vorteile im Vertrieb und natürlich die Marge ausschlaggebend. Und nischige, emotionale Themen im privaten Bereich wie Familie, Sport und Hobby haben hier häufig sehr spannende Aspekte vorzuweisen, ein genaueres Hinsehen lohnt sich also.

Zur Autorin
Ruth Cremer ist Mathematikerin und Beraterin sowie Hochschuldozentin im Bereich Geschäftsmodelle, Kennzahlen und Finanzplanung. Als ehemaliger Investment Manager weiß Sie, worauf Investoren achten und hilft bei Pitch- und Dokumentenvorbereitung auch im Investment- oder Akquisitionsprozess. In der aktuellen fünften Staffel von “Die Höhle der Löwen” war sie als externe Beraterin in die Auswahl und Vorbereitung der Kandidaten involviert.

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Foto (oben): VOX