Gastbeitrag

Wenn’s mal nicht läuft gibt’s ja immer noch Pillen

Alles ist grösser in San Francisco. Das beginnt damit, dass ein Seed Investment meist über der Millionenmarke liegt und endet mit dem Salesforce Tower, der seit 2014 erbaut wird und mittlerweile das zweithöchste Gebäude der westlichen USA ist.
Wenn’s mal nicht läuft gibt’s ja immer noch Pillen
Dienstag, 28. November 2017VonTeam

Im Februar 2016 bin ich zusammen mit meiner Frau von Berlin nach San Francisco ausgewandert. In den letzten zwei Jahren habe ich einen kleinen Einblick in das Phänomen Silicon Valley erhalten und konnte vom Börsengang von eve sleep bis zum Exit von TaskRabbit an IKEA auch so einiges miterleben. 2018 geht es für mich wieder zurück nach Berlin – Kinder machen, Baum pflanzen und Startup gründen. Vorher gibt’s hier aber noch die meiner Meinung nach 5 größten Unterschiede zwischen der Startup Kultur in San Francisco und Berlin.

Berlin: arm, aber sexy – San Francisco: reich und irgendwie sexier
Generell war ich auf höhere Preise vorbereitet, aber dass die Stadt dann so teuer ist hätte ich nicht erwartet. 120 Dollar für ein Abendessen zu zweit, 7 Dollar für ein kleines Happy Hour Bier und 2.500 Dollar Miete für ein 30 Quadratmeter Studio. In Berlin hat man mit etwas Glück vor ein paar Jahren den gleichen Betrag für Miete im Jahr bezahlt. Aber dafür verdient man ja in San Francisco auch schon mal bis zu 100.000 Dollar Einstiegsgehalt als frisch gebackener Uni Absolvent – zumindest wenn man ein bisschen was vom Programmieren versteht. Und wenn man dann die „Valley Girls“ und „Tech Bros“ mit vollem Portemonnaie und übergroßem Selbstbewusstsein aufeinander loslässt, entwickelt sich die Stadt schnell zu einem Spielplatz für Millenials.

Grösser ist besser
Alles ist grösser hier in San Francisco. Das beginnt damit, dass ein Seed Investment hier meist über der Millionenmarke liegt und endet mit dem Salesforce Tower, der seit 2014 erbaut wird und mittlerweile das zweithöchste Gebäude der westlichen USA ist. Warum nicht – irgendwas muss Salesforce ja mit seinem Milliardenvermögen anstellen. Was mich jedoch am meisten fasziniert ist der generelle Weitblick, den die Leute hier in der Bay Area besitzen. Viele Investoren und Gründer sind sich bewusst, dass sie die Zukunft unseres Planeten aktiv beeinflussen können und haben auch die notwendigen Ressourcen, um ihre Visionen in Realität umzusetzen. Kein Wunder, dass der neueste Trend im Valley auf den Namen „Brain Tech“ hört.

IT > Marketing
Viele Startups in Berlin setzen auf große Marketing Teams um Ihre Produkte und Services an den Mann zu bringen. Das macht auch irgendwie Sinn, wenn man bedenkt wie günstig gutes Marketing Talent in unserer Hauptstadt ist. In San Francisco sieht es da ein wenig anders aus. sechsstellige Gehälter für Marketing Fachleute sind nichts Außergewöhnliches und daher setzen viele Unternehmen auf eine Automatisierung des Marketings, um sich langfristig Wettbewerbs- und Kostenvorteile zu sichern. Daher ist es nicht verwunderlich, dass viele Emailmarketing Teams in San Francisco ausschließlich aus Entwicklern bestehen und jeder Growth Marketing Manager mindestens zwei Programmiersprachen beherrschen sollte.

Wenn’s mal nicht läuft gibt’s ja immer noch Pillen
San Francisco ist unglaublich schnelllebig und die Angst etwas zu verpassen oder andere Leute an sich vorbeiziehen zu lassen ist verdammt groß. Aber zum Glück gibt es ja Pillen, die einem in jeder Lebenssituation weiterhelfen. Schlaftabletten, damit man den stressigen Arbeitstag in ein paar Minuten hinter sich lassen kann. Anti-Erkältungspillen, die alle Symptome auf einmal unterdrücken, sodass man keinen der kostbaren 10 bis 15 Urlaubs- und Krankheitstage verschwenden muss. Oder Anti-Angstpillen, um die Selbstzweifel zu vergessen unter denen hier nahezu jeder leidet.

Glaub nicht alles was du hörst
Eine gute Geschichte muss leidenschaftlich erzählt werden – und das beherrschen die US-Amerikaner wie kaum ein anderes Volk auf der Welt. Von Uberfahrern, die während der Fahrt ihr neuestes Kickstarterprojekt pitchen bis zu 20-jährigen Jobbewerbern, die mir erzählen, dass sie Online Marketing neu erfunden haben. Meine Antwort war zu Beginn meist nur ein verlorenes Kopfschütteln, aber mir wurde dann doch recht schnell bewusst, dass man sich in Bezug auf mitreißende Kommunikation so Einiges von unseren amerikanischen Freunden abschauen kann. Trotzdem ist ein wenig deutsche Skepsis oft hilfreich, um Fiktion von Realität unterscheiden zu können.

Wir sehen uns in Berlin!

Zum Autor
Tom Apel ist seit fünf Jahren im Online Marketing tätig und hat die letzten zwei Jahre im Silicon Valley gelebt und gearbeitet. Hier hat er eve sleep auf dem Weg zum IPO begleitet und arbeitete zuletzt für TaskRabbit. Vor seiner Zeit in Kalifornien war er für kaufDA und audibene in Berlin tätig. Aktuell befindet sich Tom auf einem Sabbatical bevor er im Januar wieder zurück nach Berlin zieht.

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Foto (oben): Shutterstock