Gastbeitrag von Ewald Pusch

7 Wege, wie man seinen ersten TV-Spot sicher vergeigt

Gerade Media-for-Equity oder Media-for-Revenue Deals können für Startups interessant sein, müssen sie aber nicht. Gründliches nachforschen ist hier unverzichtbar! Wer die verschiedenen Wege ins Fernsehen nicht berücksichtigt und durchrechnet, kann schwer enttäuscht werden.
7 Wege, wie man seinen ersten TV-Spot sicher vergeigt
Montag, 14. November 2016VonTeam

Sie zählen zu den glücklichen Gründern, die ihre Geschäftsidee bereits zu ersten Erfolgen geführt haben? Jetzt nähern Sie sich dem Punkt, an dem alle Möglichkeiten des Online Marketings ausgeschöpft sind und wollen den nächsten Schritt wagen? Ab ins Fernsehen! Klar, Fernsehwerbung kann Ihren Bekanntheitsgrad immens steigern. Es gibt aber auch etliche Möglichkeiten, den TV-Start ordentlich zu vergeigen und das Geld der Investoren oder das dem Controlling mühsam entrissene Marketingbudget zum Fenster hinauszuwerfen:

1. Den falschen Zeitpunkt wählen
Es kommt leider häufiger vor, dass sich junge Unternehmen zwei essentielle Fragen nicht stellen: Ist mein Unternehmen so weit, dass ich meine Geschäftsidee bzw. mein Produkt über ein Massenmedium vermarkten kann? Und ist die Logistik auf einen Nachfrageschub vorbereitet? Produkt, Markenstrategie, Website und Service müssen absolut perfekt sein, bevor ein TV-Spot ausgestrahlt wird. Dafür, dass die Zeit reif ist, gibt es drei Anzeichen: Zum einen kann dies der Fall sein, wenn der Marketingerfolg stagniert, obwohl die Online-Marketer ihr Bestes geben. Dann kann der nächste größere Sprung über emotionales Branding durch TV-Werbung gelingen. Zum anderen könnte die Konkurrenz ebenfalls TV-Werbung planen. Man sollte sie also im Blick behalten, damit sie einem nicht zuvor kommt. Der dritte Grund könnte eine Innovation mit Erklärungsbedarf sein. Denn gründet ein Startup mit seinem Produkt ein neues Business-Segment, muss es das Prinzip der breiten Masse verständlich machen.

2. Alles auf eine Karte setzen
Gerade Media-for-Equity oder Media-for-Revenue Deals können für Startups interessant sein, müssen sie aber nicht. Gründliches nachforschen ist hier unverzichtbar! Wer die verschiedenen Wege ins Fernsehen nicht berücksichtigt und durchrechnet, kann schwer enttäuscht werden. Das Modell „Medialeistung gegen Beteiligung“ bietet zwar einige Vorteile, kann aber auch trügerisch sein. Deshalb gilt es, genau hinzusehen: Sind die Konditionen tatsächlich so günstig und erreiche ich meine Zielgruppe? Bei der Beantwortung dieser Fragen hilft das Gespräch mit mindestens zwei weiteren Branchenkennern, wie etwa einer Mediaagentur. Es gibt durchaus interessante Alternativen zu den Equity-Angeboten der TV-Sender.

3. An der kreativen Qualität sparen
Einer der gröbsten Fehler, den viele Startups und Gründer machen, ist die richtige Vorgehensweise beim Aufbau einer Kampagne zu missachten. Diese lautet: Erst die Kreation, dann der Mediaplan! Viele stellen den Mediaplan schon vor der Suche nach einem kreativen Dienstleister auf. Damit verschenken sie die Chance auf einen wirksamen Spot. Die Faustregel, dass 10 Prozent des Kampagnenbudgets in die Produktion fließen und 90 Prozent in Media, ist bei den geringeren Budgets, die Startups in der Regel haben, selten sinnvoll. Wenn Werbung wirken soll, müssen Sie in die Kreation investieren.

4. Den „Call-to-Action“ vergessen
Ein TV-Spot ist der ideale Markenbotschafter: Stimmt die emotionale Ansprache, kann durch das Massenmedium Fernsehen sehr schnell Bekanntheit aufgebaut werden. Mit nur einem einzigen guten Spot kann eine Marke in den Köpfen der Verbraucher Impulse setzen. Hier kommt neben dem emotionalen Gehalt eine final durchdachte Markenbotschaft ins Spiel. Und: Der richtige Spotaufbau in unerlässlich. Am Ende des Spots muss immer der Call-to-Action, die Handlungsaufforderung an den Kunden, stehen. Vergessen Sie diese, verschenken Sie unter anderem die Chance, von der Second Screen-Nutzung zu profitieren. Die Folge: Die Verbraucher recherchieren zu allgemein auf Google und wandern eventuell zur Konkurrenz ab.

5. Die Gesetze der TV-Werbung ignorieren
TV-Werbung, die funktioniert doch so wie Online-Video-Clips, oder so ähnlich, oder? Nein, die Logik des Online-Marketings hat in der TV-Werbewelt nichts zu suchen. Fernsehwerbung funktioniert nach anderen Gesetzmäßigkeiten. Werben im Fernsehen ist kein weiterer Optimierungsschritt, sondern der Eintritt in eine neue Welt. Dies sollten Online-Marketer akzeptieren und einen externen Berater zu Rate ziehen. Dieser kann die Wissenslücken im Markenaufbau und zum Thema TV-Werbung schließen. So ist etwa die Wirkung eines TV-Spots, anders als im Online-Marketing, nicht sofort messbar. Erst nach frühestens einem Monat ist erkennbar, wie erfolgreich ein TV-Spot war.

6. Online und TV nicht aufeinander abstimmen
Jeder macht sein Ding. Hier die Onliner mit ihrem Performance Marketing, dort die Brand-Leute mit ihren TV-Spots. Leider ist das in vielen Unternehmen noch gelebte Realität. Es macht nur wenig Sinn, denn die Aufgaben eines TV-Spots und des Performance-Marketings können sich, so unterschiedlich sie auch sein mögen, ideal ergänzen. Direkt nach der Ausstrahlung eines TV-Spots steigen beispielsweise die produkt- oder markenbezogenen Suchanfragen im Netz. Nutzt man diesen Effekt, kann man mit kleinerem Online-Zusatzbudget die Verkaufszahlen enorm steigern. Auch erwarten die Verbraucher eine visuelle und inhaltliche Ansprache aus einem Guss, deshalb müssen beide Kanäle eine stimmige Markenwelt präsentieren. Auch das ist leider nicht immer der Fall.

7. Die Markenpflege vernachlässigen
Einmal ist kein Mal oder ein TV-Flight macht noch keine Marke. Auch wenn Ihr Spot im Fernsehen durchstartet und erfolgreich Nutzer und Käufer auf ihre Webseite oder ihren Online-Shop bringt, müssen Sie dranbleiben. Der Aufbau einer Marke ist ein Prozess, keine einmalige Maßnahme. Er ist dennoch unerlässlich für Händler, die im harten Wettbewerb überleben wollen. Online-Unternehmen verlassen die virtuelle Welt und bauen auch Dependancen in der realen Welt auf. Gleichzeitig erschließen sich Offline-Händler das Netz neu als Absatzkanal. In dieser Multichannel genannten Handelswelt haben schwache Marken keine Chance. Eine erfolgreiche Marke will gepflegt werden, auch und besonders mit TV-Werbung.

Über den Autor
Ewald Pusch ist Geschäftsführer von Neverest, der Komplettagentur für Film, Bewegtbild und Multitainment Branding. Die Agentur wurde 2008 von Pusch gegründet. Zuvor war er zwei Jahrzehnte bei der Agenturgruppe Serviceplan und Kreativ-Geschäftsführer der Serviceplan Erster Werbeagentur GmbH. Pusch ist gelernter Grafikdesigner und Dozent der Texterschmiede.

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