Gastbeitrag von Olaf Jacobi

Start-ups – Abgrund zwischen Erfolg und Scheitern

Startups - am schmalen Abgrund zwischen Erfolg und Scheitern. Auf was kommt es bei einem erfolgreichen Startup an.? Grundsätzlich kann festgehalten werden, dass der Erfolg oder Misserfolg einer Geschäftsidee primär von drei Komponenten abhängig ist.
Start-ups – Abgrund zwischen Erfolg und Scheitern
Donnerstag, 3. November 2016VonTeam

“Hype-Unternehmen meldet Insolvenz an” – Schlagzeilen wie diese sind in der Startup-Welt keine Seltenheit. Immer wieder sind Startups vom Worst Case Szenario betroffen. Auf welche Komponenten müssen die Gründer besonders achten? Und welche Möglichkeiten gibt es für vermeintlich am Abgrund stehende Startups? Diesen und weiteren Fragen rund um das Thema Scheitern von Startups geht dieser Beitrag auf den Grund.

Grundsätzlich kann festgehalten werden, dass der Erfolg oder Misserfolg einer Geschäftsidee primär von drei Komponenten abhängig ist. Beginnen wir mit der ersten Komponente:

Das Team. Die Zusammensetzung eines Team mag gut überdacht sein. Kleinste Meinungsverschiedenheiten können in Streit ausarten, da hilft es auch nicht das Expertenteam mit Personen aus dem umliegenden Freundeskreis aufzufüllen. Ganz im Gegenteil, ein Unternehmen zu gründen bedeutet viel Zeitaufwand. Holt man Personen aus dem eigenen sozialen Umfeld mit ins Boot, heißt das 24/7 in Kontakt zu stehen. Dieser Schritt sollte gut überlegt sein. Ansonsten landen sowohl Privat- als auch Geschäftsleben in der Sackgasse und sich darüber bewusst zu sein, bedeutet noch mehr Druck. Dies gilt vor allem für das Gründerteam. Wichtig ist in diesem Punkt, keine Kompromisse einzugehen. Nur weil euer Kumpel Skills im Programmieren hat, heißt das noch lange nicht, dass ihr euch Tag und Nacht ausstehen könnt.

Neben Ungereimtheiten kann ebenso ein mäßig vorhandener Ehrgeiz eine Problemquelle im Team darstellen. Hier sind wieder die Gründer gefragt: Motivieren sie ihr Team? Arbeiten die Teammitglieder unter hohem Druck? Gibt es eine Möglichkeit für Feedback? Gestehe ich mir selbst Fehler ein? Dies sind Fragen, die sich ein guter Gründer regelmäßig stellen sollte. Nach einer Studie von CB Insights zu den 20 häufigsten Gründen für das Scheitern eines Startups liegen mit 23% die Ursachen im Team auf dem dritten Platz. Als zweite Komponente folgt:

Die Technologie. Plump gesagt, die Technologie muss funktionieren, und zwar durch und durch und ganz wichtig: besser als die Technologie der Wettbewerber. Ein prominentes Beispiel ist Google. Natürlich gab es in den Kindertagen von Google große Konkurrenz auf dem Markt der Suchmaschinen. Doch das multinationale Technologie Unternehmen setzte sich gegen alle Mitstreiter zum Marktführer durch. Die Frage ist wie? Google schaffte beispielsweise mit dem PageRank Algorithmus ein Alleinstellungsmerkmal, welches gegenüber Konkurrenten wie Altavista & Co, Ende der 90 er Jahre schlichtweg ein besseres Produkt darstellte. Das Gründerteam sollte sich demnach fragen, wie kann ich meine Technologie erweitern oder so gestalten, dass mein Endprodukt einen Marktvorteil hat. Zudem sind Benutzerfreundlichkeit und der Nutzen des Outcomes an sich zwei Kriterien, in die besonders investiert werden muss. Die Technologie muss ihrer Zielgruppe letztendlich einen Mehrwert vermitteln. Anderenfalls endet sie wie bei 9 von 10 Startups – im Worst-Case-Szenario. Mit dem richtigen Team und einer guten Technologie allein, ist das Fundament für ein erfolgreiches Startup noch nicht gelegt. Es fehlt die dritte, mitunter wichtigste Komponente:

Das Timing. Das richtige Timing zu finden – eine Kunst bei der natürlich immer auch ein Quäntchen Glück mitspielt. Trotzdem kann ein Gründerteam gewisse Prozesse steuern. So zum Beispiel, das Timing des Launches. Der Markt muss für ein Produkt bereit sein. CB Insights ermittelte “Keinen Markt-Nutzen” mit 42% von insgesamt 20 möglichen Ursachen als die Häufigste, für das zu Grunde gehen eines Startups. Ein älteres, aber prominentes Beispiel für Early Birds im negativen Sinne ist Pets.com, ein E-Commerce Service für Haustierbesitzer. Die Idee dahinter: Ein Lieferant für Tierfutter und Haustierbedarf. An einer fehlenden Zielgruppe oder schlechter Umsetzung ist dieses Startup aus der Dotcom Ära nicht gescheitert. Im Jahre 1999 war es lediglich aus finanzieller Sicht wenig profitabel, mehrere Tonnen Hundefutter durch das Land zu senden.

Nur weil ein Produkt zu einem bestimmten Zeitpunkt keinen Nutzen auf dem Markt hat, heißt, das jedoch nicht, dass dies ein dauerhafter Zustand bleibt. Seit 2014 launchten mehrere ähnliche Geschäftmodelle zu Pets.com ihren Onlineshop erfolgreich. Was lernen wir daraus? – Es gilt den Markt im Auge zu behalten um den richtigen Zeitpunkt zu finden. Ist die Software oder das Produkt fertiggestellt, erscheint es schwer mit der Markteinführung zu warten. Aber: übereifrige Aktionen bringen selbst bei einer guten Technologie keinen Erfolg, wenn das Timing nicht stimmt.

Viele dieser Maßnahmen mögen relativ simple erscheinen, bleiben in der Praxis jedoch häufig unbeachtet. Sollte es dennoch einmal zum Worst-Case kommen, leitet dieses nicht zwangsweise das Ende ein. Eine Möglichkeit, die immer bleibt ist der Pivot. Grundsätzlich hat sich bei vielen Startups ein strategischer Kurswechsel bewährt. Diesen einen, schweren Schritt zu gehen und sich von seiner ursprünglichen Idee zu verabschieden, steht für die Gründer häufig nicht zur Debatte. Ein totes Pferd sollte man jedoch bekanntlich nicht reiten und das muss sich ein Gründerteam eingestehen, auch wenn es schwer ist. Sturheit und mangelnde Anpassungsfähigkeit sind des Startups größter Feind. In den meisten Fällen ist der Pivot die bessere Entscheidung.

Zum Autor
Olaf Jacobi ist Managing Director bei Capnamic Ventures. Olaf hat über 20 Jahre Erfahrung als Manager, Unternehmer und Investor. Seit 2007 ist er Venture Capital Investor. Zuvor gründete bzw. baute er erfolgreich (IPO und Trade-Sale) mehrere Startups auf.

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Foto (oben): azrael74