Patrick Kranzlmüller von bookamat

“Wir verzichten bewusst auf überflüssige Features”

Im Gründer-Kurzinterview mit deutsche-startups.de spricht Gründer Patrick Kranzlmüller von bookamats, eine Plattform für Buchhaltung für Selbständige in Deutschland und Österreich, über Benutzerfreundlichkeit und Software als Service.
“Wir verzichten bewusst auf überflüssige Features”
Dienstag, 4. Februar 2014VonChristina Cassala

Buchhaltung kann echt lästig sein. Wer für die eigenen Finanzen aber nicht gleich einen Buchhalter beschäftigen will, muss wohl oder übel in den sauren Apfel beißen. Das Österreichische Start-up bookamat von Gründer Patrick Kranzlmüller bietet eine browser-basierte Webanwendung, für die Nutzer keine Vorkenntnisse im Bereich Buchhaltung brauchen. Mit dem Gründer spricht deutsche-startups.de im Gründer-Kurzinterview über Benutzerfreundlichkeit, zeitgemäßer Ästhetik und über Software als Service.

Welche Idee steckt hinter Ihrem Start-up?
bookamat basiert auf der Überzeugung, dass das Verständnis der eigenen Zahlen ein wesentliches Kriterium für selbständige Tätigkeit ist. Aus persönlicher Erfahrung wissen wir, dass die Buchhaltung ein leidiges Thema sein kann: Viele Selbständige und kleine Unternehmen lassen sich vom vermeintlichen Aufwand abschrecken und delegieren ihre betrieblichen Zahlen lieber an Buchhalter oder Steuerberater — auch weil die meisten verfügbaren Buchhaltungsprogramme einen Schwierigkeitsgrad aufweisen, der abschreckt. Das ist mit Kosten verbunden und führt unweigerlich dazu, dass man die eigene wirtschaftliche Situation nicht im Blick hat.

Die Idee hinter bookamat ist, ein verständliches, benutzerfreundliches und effizientes Tool zur Verfügung zu stellen, das es vor allem auch Personen ohne weitreichende Buchhaltungsvorkenntnisse erlaubt, ihre Einnahmen und Ausgaben steuerlich korrekt zu erfassen — und damit Klarheit und Kontrolle verschafft. bookamat ist speziell auf die Bedürfnisse von Einnahmenüberschussrechnern (Deutschland) bzw. Einnahmen–Ausgaben–Rechnern (Österreich) zugeschnitten: Wir verzichten bewusst auf überflüssige Features und vermeiden unnötige Komplexität, wo immer das möglich ist.

Wie sehr bzw. in welchen Punkten hat sich ihr Konzept von der ersten Idee bis zur Gründung verändert?
Die Grundidee für bookamat ist dieselbe geblieben: eine verständliche, moderne und benutzerfreundliche Buchhaltungssoftware zu entwickeln, die steuerrechtlich korrekte Ergebnisse liefert (z.B. für die Umsatzsteuervoranmeldung). Während der Entwicklung bzw. auch während der Beta–Phase ist uns klar geworden, dass die teilweise komplexen Zusammenhänge und Zahlenkolonnen nicht auf den ersten Blick nachvollziehbar sind. Deshalb haben wir an wesentlichen Stellen eine grafische Aufbereitung in Form von Charts integriert. Die Implementierung unterschiedlicher Perspektiven und auch die ansprechende Visualisierung dieser Daten wird uns mit Sicherheit auch in Zukunft beschäftigen. Das war in dieser Form nicht von Anfang an geplant und ist normalerweise im Rahmen eines Tools für Buchhaltung auch nicht verfügbar.

Wer sind Ihre Mitbewerber und wie grenzen Sie sich von ihnen ab?
Nachdem wir selbst fast alle Buchhaltungsprodukte getestet haben, ist die Frage nach Mitbewerbern schwierig zu beantworten. Manche bieten eine steuerrechtlich korrekte Erfassung an, sind dabei aber relativ kompliziert zu bedienen. Andere wiederum sind benutzerfreundlich, bieten aber keine relevante Erfassung der Eingaben und keine verwertbaren Daten. Es hängt also davon ab, wie eng der Begriff “Buchhaltung” gefaßt wird. Viele Rechnungslegungstools werben beispielsweise mit diesem Begriff, obwohl die Applikation nichts mit Buchhaltung zu tun hat.

Ich denke, dass wir aufgrund der Kombination aus Benutzerfreundlichkeit, zeitgemäßer Ästhetik, moderner Technik/Infrastruktur und steuerrechtlich korrekter Datenerfassung eine klare Abgrenzung schaffen. Außerdem verstehen wir bookamat nicht nur als Software, sondern auch als Service – jeder Benutzer ist eingeladen, an der Weiterentwicklung durch Feedback zu partizipieren.

Was ist der entscheidendste Faktor, damit Ihr Start-up den Durchbruch schafft?
Ein wichtiger Faktor ist das steigende Bewusstsein von Selbständigen für das Verständnis und die Kontrolle der eigenen Zahlen – gerade im Hinblick auf die wirtschaftliche Tragfähigkeit eines Konzepts. Wir beobachten, dass die Nachfrage nach Know How für die Bereiche Finanzen und Selbstverwaltung (z.B. in Gründerworkshops) ständig zunimmt. Tools und Skills für die Bewältigung des administrativen Alltags gewinnen kontinuierlich an Bedeutung und wir wollen mit bookamat ein zeitgemäßes Werkzeug zur Verfügung stellen.

Aus bisherigen Feedbacks ist als wesentliches Kriterium die Frage nach Sicherheit und Datenschutz abzulesen. In diesem Zusammenhang müssen wir oft betonen, dass es sich bei bookamat um keine klassische Cloud–Lösung handelt. Sowohl der Firmenstandort (Wien) als auch die Serverstandorte (Düsseldorf und Frankfurt) gewährleisten Rechtssicherheit für den Benutzer. Trotzdem werden die Daten klarerweise nicht am eigenen Rechner, sondern auf unseren Servern gespeichert. Wir halten das für einen Vorteil, weil private Computer in Bezug auf Sicherheit, Wartung und Backups nicht mit einem professionell aufgesetzten Server vergleichbar sind.

Wie wollen Sie Geld verdienen und wann schreiben sie schwarze Zahlen?
bookamat kostet 100,– Euro brutto pro Jahresaccount. Mit diesem Beitrag finanzieren wir die Infrastruktur (z.B. Server), die Fremdleistungen (z.B. Steuerberater) und Werbemaßnahmen. Wenn sich die Benutzerzahl annähernd gleichbleibend entwickelt, werden wir 2014 unsere Investitionen deutlich erhöhen. Ab 2015 rechnen wir mit einem Gewinn.

Welche Märkte wollen Sie mittel- und langfristig erobern?
Wir konzentieren uns aufgrund des länderspezifischen Steuerrechts derzeit auf den deutschen und österreichischen Markt, wobei wir längerfristig davon ausgehen, dass zwei Drittel unserer User aus Deutschland und ein Drittel aus Österreich kommen. Technisch gesehen ist eine Ausweitung auf andere Länder möglich, mittelfristig allerdings nicht geplant.

Um das Thema Buchhaltung für Selbständige zu forcieren, sind wir auch an Kooperationen und Partnerschaften interessiert. Verbände, Initiativen und Organisationen, die im Interesse von Selbständigen oder im Bereich der Creative Industries agieren, sind für uns wichtige und willkommene Mitstreiter für eine Vereinfachung des Arbeitsalltags von Selbständigen.

Welche Meilensteine wollen Sie in den kommenden zwölf Monaten auf jeden Fall erreichen?
Ein wesentlicher Meilenstein für 2014 ist die Integration einer Programmierschnittstelle (API). Außerdem werden wir alle gespeicheten Daten (d.h. die Datenbank und die Uploads) komplett verschlüsseln. Weiters arbeiten wir an einer Anbindung an Elster (Deutschland) bzw. Finanzonline (Österreich) für die automatische Übermittlung der Formulare sowie an der Optimierung der Zusammenarbeit mit Steuerberatern.

Weil die größten Meilensteine jetzt bereits erledigt sind gehen wir davon aus, User–Feedback noch schneller und effektiver implementieren zu können und die Zeitspanne zwischen Updates deutlich zu verringern. Grundsätzlich geht es uns aber weniger um “Features”, als mehr um eine solide, nützliche Applikation. Neue Funktionen werden nur dann eingebaut, wenn sie tatsächlich Sinn machen und ausgiebig getestet wurden (und nicht nur zu Marketingzwecken).

Im Fokus: Weitere Interviews mit jungen Gründern gibt es im Special Gründerinterviews

Zur Person:
Patrick Kranzlmüller absolvierte ein Studium der Medien– und Kommunikationswissenschaft an der Universität Wien, ehe er viele Jahre als Webdesigner arbeitete. Er ist Gründer von bookamat und lehrt zeitgleich an der Univerität Pölten.

Christina Cassala

Christina Cassala, Redakteurin bei deutsche-startups.de, war schon zu ihren besten Uni- Zeiten in den 90er Jahren journalistisch tätig. Gleich nach dem Volontariat arbeitete sie bei einem Branchenfachverlag in Hamburg, ehe sie 2007 zu deutsche-startups.de stieß und seither die Entwicklungen der Start-up Szene in Deutschland mit großer Neugierde beobachtet.