Mit Issue Setting einen Fußabdruck in Massenmedien hinterlassen – Tilman Eberle von Doodle

Eine Vielzahl von Start-ups bietet hervorragende Services im Internet an – doch die meisten sind nur eingefleischten Netzspezialisten bekannt. Wie man sich auch ohne massives Werbebudget in den Medien Gehör verschafft, zeigt das […]
Mit Issue Setting einen Fußabdruck in Massenmedien hinterlassen – Tilman Eberle von Doodle
Montag, 19. Juli 2010VonTeam

Eine Vielzahl von Start-ups bietet hervorragende Services im Internet an – doch die meisten sind nur eingefleischten Netzspezialisten bekannt. Wie man sich auch ohne massives Werbebudget in den Medien Gehör verschafft, zeigt das Schweizer Unternehmen Doodle. Als Pionier und Marktführer im Bereich Online-Terminplanung platzierte Doodle in den letzten beiden Jahren mit strategischer Medienarbeit zahlreiche redaktionelle Berichte und Meldungen in relevanten Zielmedien. Als Kommunikationsansatz wählte das Unternehmen das Issue Setting. Zwei konkrete Beispiele aus der Praxis zeigen in diesem Beitrag die Möglichkeiten dieses Vorgehens.

Wann macht strategische Medienarbeit für ein Start-up Sinn?
Online-Terminkoordination ist ein relativ junger Dienstleistungsbereich. Daher ist ein wichtiger Auftrag an die Kommunikation von Doodle, nicht nur einzelne Funktionen und Produkte von Doodle bekannt zu machen, sondern auch insgesamt ein Bewusstsein für die Möglichkeiten von Terminkoordination im Internet zu schaffen. Diese Aufklärungsarbeit ist mittels redaktioneller Berichterstattung und durch Blog-Beiträge besonders glaubwürdig und nachhaltig. Deshalb haben wir bei Doodle als primäre Kommunikationsstrategie die Medienarbeit gewählt. Wichtig war auch die Kostenüberlegung: Denn im direkten Vergleich zu klassischer Werbung fallen bei der Medienarbeit keine Schaltungskosten an. Und schließlich punktete das Argument, dass sich Medienkampagnen ohne großen Zusatzaufwand international adaptieren und umsetzen lassen und damit vielfältig nutzbar sind.

Auch für ein Start-up macht Medienarbeit nur dann Sinn, wenn sie professionell geplant und umgesetzt wird. Das heißt primär, Redaktionen nicht mit Werbebotschaften zu bemühen, sondern echten Mehrwert für Journalisten zu schaffen – inhaltlich und formal. Zudem müssen sowohl Leserzielgruppen klar definiert als auch der Medienverteiler sauber recherchiert sein: Was kann und will ich wem erzählen? Für wen ist mein Produkt / mein Thema überhaupt interessant? Denn zu breit gestreute Meldungen, die für die kontaktierten Journalisten irrelevant sind, haben einen negativen Effekt und sorgen für ein schlechtes Bild des Unternehmens.

Issue Setting und Nachrichtenfaktoren
Wie kommt man mit IT-Themen in die Massenmedien? Die Digitalressorts der Medien haben wenig Personal und wenig redaktionellen Raum. Die zehn großen Player der IT-Branche besetzen in diesem Ressort 90 % der Berichterstattung. Je nach Nachrichtenlage machen Themen mit IT-Bezug aus Politik oder anderen Ressorts diesen Platz zusätzlich streitig. Umso wichtiger ist eine gute Story, die von der Redaktion im besten Fall ohne Änderungen übernommen werden kann – nicht als PR-Meldung, sondern als journalistischer Beitrag. Das ist die Idee des Issue Setting: Eine Botschaft geht über die reine Unternehmens- oder Produktinformation hinaus und offeriert den Medien ein spannendes Thema. Dabei wird unter einem „Issue“ in diesem Kontext ein (positives) öffentlich relevantes Thema verstanden, nicht ein (negatives) politisches oder unternehmerisches Problemfeld.

Der mediale Erfolg ist abhängig vom Nachrichtenwert eines Issues. Die Nachrichtenwert-Theorie aus der Kommunikationswissenschaft bietet hierzu eine Hierarchie von Faktoren, die eine Nachricht für Medien relevant machen. Vereinfacht gesagt: Je mehr dieser Nachrichtenfaktoren eine Meldung erfüllt, desto höher ist die Chance, dass die Nachricht aufgenommen wird. Der Nachrichtenwert wird bestimmt durch den Inhalt – aufgeteilt in einzelne Faktoren – und durch die Aktualität (Grafik 1).

Erstes Fallbeispiel (April 2009): Internationale Doodle-Terminkoordinationsstudie
Ziel der Kampagne des ersten Fallbeispiels: Doodlde wollte auf markante Weise zeigen, dass Online-Terminfindung Zeit spart und dadurch im beruflichen Umfeld ein enormes Potenzial hat. Medienrelevantes Issue wurde das Motto „Terminkoordination ist ein richtiger Zeitfresser in Unternehmen“.

Dafür haben wir bei einem englischen Marktforschungsinstitut eine internationale Marktstudie zu Terminkoordination in Unternehmen in Auftrag gegeben (siehe Kasten). Die zentrale Fragestellung war: Mit welchen Kommunikationsmitteln und mit welchem zeitlichen Aufwand werden von Managern und Sekretärinnen Meetings verabredet und koordiniert?

Hauptergebnis der Studie war, dass Meetings von den Befragten überwiegend per E-Mail, Meeting-Request oder Telefon koordiniert werden und dass dies im Durchschnitt knapp fünf Stunden pro Woche in Anspruch nimmt. Dieses Ergebnis wurde in einem Pressemailing mit einer markanten Botschaft umgesetzt: „Arbeitnehmer könnten den Freitagnachmittag frei nehmen, wenn sie die Meeting-Planung effizienter gestalten würden“.

Der Nachrichtenwert des Issues ist hoch, weil es mehrere Dimensionen bedient: Das Ergebnis einer internationalen Studie weckt Aufmerksamkeit. Da die Studie auch in deutschen Unternehmen durchgeführt wurde, hat das Issue eine zusätzliche Relevanz für den deutschen Arbeitsmarkt. Dem aufgezeigten volkswirtschaftlichen Schaden kann Doodle mit seinem Dienst eine Lösung entgegensetzen und liefert somit einen hohen Nutzwert. Da es sich um eine neue, erstmalig durchgeführte Studie handelte, konnte zudem der Aktualitätsbedarf in den Medien gedeckt werden.

Über das Thema wurde in einer breiten Palette deutscher und internationaler Medien berichtet – von Bild.de bis Financial Times, mit Headlines von „Terminkoordination frisst halben Arbeitstag“ bis „Meet is murder“. Vergleicht man diese hohe Visibilität mit einer Werbekampagne, kommt man auf ein sehr gutes Kosten-Nutzen-Verhältnis: Ein überschaubares Investment für Doodle (Durchführung der Studie und PR-Aktivitäten) steht einem hohen erzielten Mediawert gegenüber. Die Zielbotschaft der Kampagne fand großes Echo und Doodle konnte international ein relevantes Thema besetzen.

Ausschnitte-Studie

Zweites Fallbeispiel (Oktober 2009): Doodle & Web-Services für den Büro-Alltag
Im zweiten Beispiel, einer rein deutschen Kampagne, haben wir das viel diskutierte Thema „Surfen am Arbeitsplatz“ aufgegriffen und mit einem positiven Dreh versehen: Auf welchen Webseiten können sich Arbeitnehmer während der Bürozeiten tummeln und damit sogar noch das Wohlwollen ihrer Vorgesetzen wecken?

Dafür haben wir zehn Internet-Dienste zusammengestellt, die den Büro-Alltag erleichtern, nichts kosten und keine Installationen voraussetzen, das heißt keinerlei Belastung für den Arbeitgeber darstellen – im Gegenteil! Die Berichterstattung sollte sich nicht auf die Erwähnung eines einzelnen Dienstes beschränken, sondern mit einem ganzen Package relevanter Dienste einen echten Mehrwert für den Leser bieten. Wir haben diese Liste der „10 Büro-Helferlein“ journalistisch aufbereitet, mit dem Link, einem kurzen Text und einem Screenshot für jeden der erwähnten Dienste.

In der Nachrichtenfaktorenanalyse sticht der hohe Nutzwert für das Medienpublikum heraus: Das Thema betrifft jeden Arbeitnehmer und sorgt für überraschenden Gesprächsstoff in einer öffentlichen Diskussion, die sich eigentlich um Verbote dreht: „So erlaubt Ihr Chef das Surfen am Arbeitsplatz!“

Das Thema wurde in vielen großen Medien mit nur leichten Modifikationen übernommen. Interessant war auch der nachhaltige Effekt: Das Service-Thema hat den Weg in die Ideen-Pools der Redaktionen gefunden und wird auch noch 2010 immer wieder aufgegriffen.

Ausschnitte-10-Helferlein

Auch hier führte ein überschaubares Investment für Doodle (Zusammenstellung der Web-Dienste und PR-Aktivitäten) zu einer Vielzahl von Berichten, die einem hohen finanziellen Wert für vergleichbare Werbung entsprechen. Das Kommunikationsziel wurde erreicht – und als positiver Nebeneffekt hat das Thema auch den anderen neun Internetdiensten zu Medienberichterstattung verholfen.

Fazit: Auch „kleine“ IT-Themen sind medientauglich!

• Auch als kleines Unternehmen kann man sich in der Medienöffentlichkeit neben den großen deutschen und internationalen Playern Gehör verschaffen

• Eine gute Kommunikationsidee findet den Weg in die Medien, wenn sie professionell und strategisch klug umgesetzt wird und wenn PR nicht als Werbung, sondern als Dienstleistung für Journalisten verstanden wird

• Erfolgreiche PR-Aktivitäten sind in punkto Aufwand und Ertrag unschlagbar

Zur Person
Tilman Eberle ist als PR-Profi spezialisiert auf komplexe internationale Projekte und leitet die Kommunikation beim Online-Terminfindungsdienst Doodle (www.doodle.com) in Zürich. Zuvor war der diplomierte Naturwissenschaftler als PR-Berater und Kommunikationsmanager bei Orange Communications für verschiedene Branchen wie Telekom, Pharma, Beratung und Universitäten tätig. Foto: Michael Schmid / x-foto.ch.