#Gastbeitrag

Geboren, um zu gründen: Wer jung beginnt, gewinnt!

Gerade zu Beginn meiner Zwanziger wusste ich noch nicht genau, was ich mit meinem Leben anfangen soll - somit hatte ich den perfekten Zeitpunkt gefunden, um mich selbst auszuprobieren. Ein Gastbeitrag von Nat Wollny.
Geboren, um zu gründen: Wer jung beginnt, gewinnt!
Freitag, 3. Februar 2023VonTeam

Die Anzahl an gegründeten Startups ist dieses Jahr in Deutschland wieder gestiegen (Munich Startups). Der Trend zum Gründen nimmt also, trotz der anhaltenden Rezession, wieder an Fahrt auf – insbesondere in der jüngeren Generation. 2021 waren ganze 37 % der Gründenen unter 30. Im Vergleich: Die Jahre zuvor waren es 35% oder weniger (KfW).

Das Risiko des Gründertums scheint für die viel-zitierte Gen-Z mehr eine freudige Herausforderung als die Angst vor dem finanziellen Ruin darzustellen. Statt den traditionellen Weg über ein langjähriges Studium mit anschließender Laufbahn in Corporate und Co. zu gehen, wagen sich immer mehr Jung-Entrepreneure in das deutsche Startup-Ökosystem. Aber was führt dazu, dass sich so viele der jüngeren Generation den Sprung ins kalte Wasser trauen? 

Die Inspirationsquellen für die eigene Berufswahl bleiben nach wie vor sehr abhängig vom eigenen sozialen Umfeld (Bundesinstitut für Berufsbildung). Mit der Schule und dem Elternhaus als prägende Säulen dessen, bekommen Kinder mal mehr und mal weniger bewusst aufgezeigt, welche Türen ihnen bei der Berufswahl offenstehen. Wenn die eigenen Eltern einem also vorleben, dass nicht nur der Weg über die Großunternehmen zum Erfolg führt, entstehen auch von Kindesbein auf ganz andere Karriereziele. 

Als Kind von Eltern, die beide beruflich selbständig waren, erlebte ich gezwungenermaßen auch einen anderen Lebensalltag als Gleichaltrige mit festangestellten Eltern. Wie prägte dementsprechend das Gründer-Dasein meiner Eltern später auch mein eigenes Mindset? Und was können Kinder im Entrepreneurs-Haushalt für die Berufswahl, Zukunft und Arbeitsmoral lernen?

Harte Arbeit wird belohnt

Wenn man von Zuhause aus mitbekommt, wie ein Unternehmen gegründet wird, bekommt man auch dementsprechend hautnah mit, wie viel Arbeit das Gründertum bedarf. Alles was an Blut, Schweiß und (Freuden-)Tränen zum Unternehmensaufbau dazu gehört, bleibt häufig nicht zwischen 9 und 18h im Büro, sondern findet auch im heimischen Kontext Anschluss. Als Kind, das mit dem gegründeten Unternehmen quasi gemeinsam gewachsen und gedeiht ist, führte das dazu, dass mir der Wert harter Arbeit nicht erst dann vermittelt wurde, als ich selbst damit anfing.

Der “Hustle” gilt als Schlüsselkomponente für erfolgreiche Gründungen. In der Startup-Sphäre bekommt man grundsätzlich nichts geschenkt und “Beharrlichkeit” ist demnach nicht nur einmal als wichtigste Eigenschaft für erfolgreiche Founder gelistet (z. B. t3n, Companisto). Gründer:innen haben von Beruf aus ein besonderes Verständnis von dem, was es bedeutet, hartnäckig zu sein. 

Sich richtig ins Zeug zu legen, um erfolgreich zu sein, ist das natürlich nur das eine. Meine Eltern lebten mir auch ein Selbstbewusstsein vor, das nicht selbstverständlich ist. Eine der Kerneigenschaften vieler Gründer:innen ist das Vertrauen in sich selbst und die eigene Vision (Companisto). Von den “Big Five”-Persönlichkeitsmerkmalen zählt vor allem die emotionale Stabilität und das damit verbundene Selbstvertrauen zu den Merkmalen, die die Wahrscheinlichkeit bestimmen, selbst zu gründen (Business Insider). Mit Eltern zum Vorbild, die vor Hürden nicht zurückschreckten, habe auch ich das Gefühl bekommen, selbst alles meistern zu können, was ich mir vornehme. 

Probieren geht über Studieren

In einer Studie aus 2019 wurden 1500 junge Menschen zu ihren Gründungsambitionen befragt. Dabei konnte festgestellt werden, dass “Angst vor dem Scheitern” für sie der Hauptgrund ist, nicht den Schritt in die Selbständigkeit zu wagen. Das Risiko ist vielen einfach zu groß (Karrierehaus). 

Als Person, die in einem generell risiko-affinen Haushalt aufgewachsen ist, sehe ich das etwas anders. Vor Rückschlägen, “Neins” und möglichem Scheitern nicht zurückzuschrecken ist eine Eigenschaft, die mir nicht nur als Heranwachsende, sondern auch jetzt im Berufsleben zugutekommt. Wer keine Angst vor Niederschlägen hat, dem stehen weitaus mehr Türen offen als weniger risikofreudigen Menschen. Eine dieser Türen ermöglichte es mir, mit 19 Jahren und ohne Universitätsabschluss in der VC-Branche zu arbeiten, und eine andere führte dazu, dass ich mit 23 Jahren mein erstes Unternehmen gründete.

Ohne die Angst vor Fehltritten erlebt man auch eine steilere Lernkurve, da man deutlich schneller und ohne Sorge vor dem Scheitern Prozesse testen und iterieren kann. Mit jedem weiteren Erfolg gewinnt man auch neue Zuversicht und stärkt das Vertrauen in sich selbst, was einen im Umkehrschluss auch bestens auf die nächste Herausforderung vorbereitet. Dazu gehört auch, sich in Beharrlichkeit zu üben. Genauso wie es bei klassischen Jobs manchmal nötig ist X Bewerbungen zu senden, bis es endlich klappt, muss man auch im Gründertum Standhaftigkeit zeigen und sich im Numbers Game beweisen.

Risikoaffinität gehört dabei nicht nur zum Entschluss zu Gründen dazu, sondern wirkt sich letztendlich auch auf alle Unternehmensentscheidungen von Entrepreneuren aus. Wer im Unternehmertum nicht zimperlich ist, nimmt auch weniger Probleme wahr. Dazu gehörte für mich auch Normen zu überwinden und mich nicht verunsichern zu lassen, von dem, was andere denken.

Die goldenen Zwanziger

Gerade zu Beginn meiner Zwanziger wusste ich noch nicht genau, was ich mit meinem Leben anfangen soll – somit hatte ich den perfekten Zeitpunkt gefunden, um mich selbst auszuprobieren. Mit einem Elternhaus, das einem die nötige Freiheit und Unterstützung ermöglicht sowie der heiligen Dreifaltigkeit an Selbstvertrauen, einer gewissen Lust auf Abenteuer und dem Aushaltevermögen für Unsicherheiten, spricht also wenig dagegen, einfach mal loszulegen und ganz nach dem “Learning by Doing”-Ansatz in die Startup-Landschaft zu hüpfen.

Mit Anfang zwanzig wird man deutlich weniger eingeschränkt von Normen, Erwartungen und Co. als zehn Jahre später. Die Angst zu versagen war für mich vergleichsweise klein – was hat man schließlich mit 23 groß zu verlieren? 

Trotz weniger Einschränkungen in jüngeren Jahren schwingt die Erwartungshaltung unserer Bildungsgesellschaft auch hier noch mit. Ich konnte die Zeit Anfang 20 zwar gut nutzen, um mich auszuprobieren – die, zumindest implizite, Forderung nach akademischen Abschlüssen und Reputationen im Lebenslauf ist dadurch aber leider nicht geschwunden. Umso wichtiger ist es, hier umzudenken, Normen zu hinterfragen und eigene Wege zu ebnen.

Je älter man wird, desto mehr Verpflichtungen und Einschränkungen hält das Leben für einen bereit. Mit diesen geht auch ein verminderter Appetit für Risiko und Erkundungen einher, der im Unternehmertum sicher nicht schadet. Es bietet sich also nur an, die Chance der 20er zu nutzen, um Fehler zu machen, die weniger große Konsequenzen mit sich tragen. Dadurch lernte ich nicht nur aus diesen selbst, sondern bekam auch ein besseres Gefühl für das, was ich möchte.

Geteiltes Glück verdoppelt sich

Harte Arbeit, Proaktivität und Risikoaffinität gehörten einerseits dazu, um mein Startup erfolgreich in die Startlöcher zu bringen, andererseits aber auch dazu, das Unternehmen nachhaltig aufzubauen. Der Schritt zur Unternehmensgründung ist schließlich nur der erste, der Entrepreneurs-Reise. Was danach auf einen wartet, lässt sich idealerweise nicht alleine meistern, sondern besser mit dem richtigen Team.

Ohne ein eigenes Netzwerk an möglichen Co-Foundern, kann es sich schwierig gestalten, eine:n passende:n Business Partner:in zu finden. Ein Weg Gleichgesinnte zu treffen kann über Talentförderungsprogramme, wie das von Entrepreneur First, gehen. Dort wurde ich nicht nur mit ähnlich Gründungshungrigen in einen Raum gesteckt, sondern bekam auch weitere Gründungshindernisse aus dem Weg geräumt. Das Programm von Entrepreneur First fordert keine akademische Laufbahn. Genauso wenig braucht man unbedingt Berufserfahrung oder muss schon einmal Corporate-Luft geschnuppert haben, um an der Gründungserfahrung des Talent Investors teilnehmen zu können. 

Neben einem bezahlten Stipendium ermöglichen solche Programme auch den Zugang zu einem riesigen Netzwerk an Investor:innen und Mentor:innen sowie ein Anfangsinvestment in das gegründete Unternehmen. Dadurch bekommen sowohl Leute mit klassisch gewählten Lebenslauf als Quereinsteiger, als auch Berufsgründer:innen die Chance zum Entrepreneurs-Dasein.

Somit kann man sich voll und ganz auf die eigene Vision konzentrieren, der Kreativität freien Lauf lassen und das Gründertum in vollen Zügen auskosten.

Über die Autorin
Als Unternehmerin zweiter Generation ist Nat Wollny Co-Founderin bei ModelMe. Die 24-Jährige leitet das Unternehmen als CEO. Gegründet hat sie ModelMe gemeinsam mit Christoph Sträter, den sie 2021 in einer Kohorte bei Entrepreneur First kennenlernte.

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Foto (oben): Shutterstock