#Interview

“Wir jagen Impact Unicorns”

Investor Philip Specht wechselt von Speedinvest zu Aenu - und damit von einem Generalist Funds zu Impact Funds. "Schon vor meinem Jobwechsel haben mich Investments gereizt, die neben wirtschaftlichem Erfolg auch einen ökologischen Mehrwert haben", sagt Specht.
“Wir jagen Impact Unicorns”
Mittwoch, 14. Februar 2024VonAlexander Hüsing

Eine spannende Personalie aus der großen Welt des Venture Capital: Philip Specht wechselt vom Wiener Frühphaseninvestor Speedinvest zum Impact-Investpr Aenu, der 2021 von den beiden Szeneköpfen Fabian und Ferry Heilemann ins Leben gerufen wurde. “Bei Speedinvest war ich seit 2018 mit großem Enthusiasmus tätig und durfte miterleben, wie sich der Fund zu einem der wichtigsten Frühphasen-Investoren Europas entwickelt hat. Gleichzeitig hat mich das Thema Impact und Klimawandel schon lange beschäftigt. Als mich das Team von Aenu ansprach, ergab sich dann eine unerwartete Opportunität, der ich nicht widerstehen konnte”, sagt Specht zu seinem Wechsel.

Im Interview mit deutsche-startups.de spricht der Venture Capital-Geber außerdem über komplementäre Partner, Impact-Anforderungen und Zuversicht.

Reden wir über Geld. In den vergangenen sechs Jahren warst Du bei Speedinvest tätig, künftig suchst Du für den jungen Impact-Geldgeber Aenu nach spannenden Startups. Wie kam es zu diesem Wechsel?
Bis vor kurzem war ein baldiger Jobwechsel für mich kaum vorstellbar. Bei Speedinvest war ich seit 2018 mit großem Enthusiasmus tätig und durfte miterleben, wie sich der Fund zu einem der wichtigsten Frühphasen-Investoren Europas entwickelt hat. Gleichzeitig hat mich das Thema Impact und Klimawandel schon lange beschäftigt. Als mich das Team von Aenu ansprach, ergab sich dann eine unerwartete Opportunität, der ich nicht widerstehen konnte. Aenu wurde 2021 von den Heilemann Brüdern ins Leben gerufen, um Impact Investing in den Mainstream zu rücken und gemeinsam mit anderen Impact-Investoren als einen Kernbestandteil des VC-Ökosystems zu etablieren. Wir positionieren uns als Go-to Fund für alle Gründer, die aus einem Herzensanliegen heraus massiven Climate Impact oder Social Impact erreichen möchten und dabei gleichzeitig außergewöhnlichen wirtschaftlichen Erfolg anstreben. Kurz gesagt: wir jagen Impact Unicorns. 

Es werden mittlerweile immer mehr Climate-Tech und Impact Funds gegründet – warum hast Du Dich gerade für Aenu entschieden?
Zunächst einmal hat mich beeindruckt, wie tiefgreifend Aenu das Thema Impact vorantreibt, was sowohl die Vision, den wissenschaftlichen Ansatz, als auch persönlichen Aktivismus angeht. Dazu kommt der außergewöhnliche kommerzielle Track-Record der Heilemann Brüder: Startup Erfahrung als Gründer des Berliner Logistik-Unicorns Forto, M&A Erfahrung aus dem Exit ihrer Firma Dailydeal an Google und langjährige Investor-Erfahrung bei einem der namhaftesten deutschen VC Funds, Earlybird. Die Kombination dieser Faktoren resultiert in einem besonderen Erfahrungsschatz und einer einzigartigen Positionierung im Europäischen Impact und Climate Tech Bereich, die mich überzeugt hat – genau wie sie auch die Gründer unserer mittlerweile über 20 Portfolio Firmen wie zum Beispiel Agreena, Alcemy oder Patch zu einer Zusammenarbeit bewogen hat.

Siehst Du hier einen weiteren Trend im Entstehen mit mehr Wechseln von Investoren von Generalist Funds zu Impact Funds?
Einen Trend sehe ich hier noch nicht, für mich war es eine sehr persönliche Entscheidung. Ich kann mir aber vorstellen, dass ich nicht der Letzte bin, der es spannend findet, das Thema Impact Investing weiter zu stärken. Wir sind auf jeden Fall weiterhin offen für interessierte Bewerber.

Wie fühlt es sich denn an, auf einmal mit den alten Kolleginnen und Kollegen um Investments zu konkurrieren?
Als Impact Fund sind wir von der DNA her kollaborativ ausgerichtet und verstehen uns nicht als Wettbewerber, sondern als komplementärer Partner für die großen sektor-übergreifenden VCs. So haben wir bereits mit HV Capital, Local Globe, NEA, Andreessen Horowitz und zahlreichen anderen Generalisten-Funds co-investiert. In der vorletzten Woche hat zum Beispiel unsere Portfolio Firma Monta, ein Co-Investment mit Creandum, 80 Millionen Euro in einer Folge-Finanzierungsrunde eingesammelt. 

Was genau reizt Dich generell daran, Geld in Unternehmen zu investieren?
Schon vor meinem Jobwechsel haben mich besonders Investments gereizt, die neben wirtschaftlichem Erfolg auch einen ökologischen oder sozialen Mehrwert haben. Spannender als das eigentliche Investment ist die darauf folgende enge Zusammenarbeit mit den Unternehmen und die Unterstützung der Gründer bei der Umsetzung Ihrer Ziele. Was die Zielsetzung angeht, haben wir bei Aenu hohe Impact-Anforderungen definiert, sonst investieren wir nicht. Zum Beispiel muss die Technologie jedes unserer Climate-Tech Startups das Potential haben, mindestens einen bestimmten Schwellwert an CO2-Emissionen zu reduzieren. Über unser Portfolio verteilt kommen damit schnell beträchtliche Summen zusammen. So haben unser Portfolio Firmen in Summe bereits über 2 Millionen Tonnen CO2 Emissionen reduziert – das entspricht in etwa dem Äquivalent der jährlichen CO2 Emissionen des gesamten innerdeutschen Flugverkehrs.

In der VC-Welt wird oftmals mit Millionenbeträgen hantiert, wird Dir da nicht manchmal mulmig zumute – bei diesen Summen?
Mulmig zumute wird mir beim Gedanken an Donald Trumps mögliche Wiederwahl – weniger dabei, ambitionierten Gründern mit guten Ideen dringend benötigtes Risikokapital im Kampf gegen den Klimawandel zukommen zu lassen. Dennoch nötigt mir die Höhe der Beträge, die wir investieren, gebührenden Respekt ab. Als Investoren tragen wir hier eine große Verantwortung für das von unseren eigenen Geldgebern eingebrachte Kapital und Vertrauen.

Wie wird man eigentlich Venture-Capital-Geber – wie bist Du Venture-Capital-Geber geworden?
Am naheliegendsten ist der Einstieg in die VC-Branche sicherlich für Gründer, die einen größeren Exit gemacht haben. Namhafte Beispiele hierfür sind der Skype Gründer Niklas Zennström mit seinem VC Fund Atomico, oder eben die Heilemann Brüder mit Aenu. Die weit überwiegende Anzahl von Investoren kommt aber über andere Wege in die Branche. Bei mir persönlich waren meine beruflichen Stationen in der Strategieberatung bei BCG und als CCO in einem Münchner SaaS Startup das Sprungbrett für meinen ersten VC-Job. Ganz allgemeine Mindestanforderungen an jeden Branchen-Neuling sind eine Affinität zu analytischem und unternehmerischem Denken und ein gutes Verständnis davon, wie Tech-Startups funktionieren. 

Es herrscht weiter Krisenstimmung in der deutschen Startup-Szene – vor allem in Hinblick auf Investments. Mit welchen Erwartungen blickst Du auf die kommenden Monate?
Ich bin verhalten optimistisch. 2023 war in der Tat ein schwieriges Jahr für die VC-Branche, doch Inflation und Zinsen haben sich in letzter Zeit stabilisiert. Auch wenn man mit anderen Investoren im Markt spricht, überwiegt Zuversicht. Dies lässt sich auch in Zahlen messen: So hat eine kürzliche Umfrage des CRM-Anbieters Affinity unter 700 Private Capital Investoren ergeben, dass für das Jahr 2024 90 % der Investoren erwarten, im Vergleich zum Vorjahr entweder gleich viel oder mehr Deals zu machen. Was den Climate-Tech-Sektor angeht, bin ich sehr optimistisch: Er hat sich in der jüngsten Vergangenheit als stabiler als der Tech-Gesamtmarkt gezeigt und wird in den nächsten Jahren voraussichtlich weiter kräftig wachsen, zumal es für uns als Weltgemeinschaft noch ein langer und anspruchsvoller Weg zu net-zero sein wird.

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Foto (oben): Aenu

Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.