#Gastbeitrag

SaaS in 2024: Nicht die Zeit für Untätigkeit

SaaS-Produkte müssen 2024 mehr denn je die Kernthemen der Unternehmen adressieren. Für “nice-to-have” haben Budgetverantwortliche kein Geld übrig. Nur Mehrwert zu schaffen, wird 2024 vielen SaaS-Unternehmen nicht mehr genügen, um relevant zu bleiben.
SaaS in 2024: Nicht die Zeit für Untätigkeit
Freitag, 12. Januar 2024VonTeam

Deutsche Software-as-a-Service-Unternehmen stehen 2024 vor einem wegweisenden Jahr. Während klassische Venture-Capital-Finanzierungen schwieriger werden und der Wettbewerbsdruck steigt, bieten sich bedeutende Chancen durch neue Anwendungsfälle, größere Akzeptanz des Software-as-a-Service-Modells (SaaS) und technologische Innovationen, insbesondere durch generative KI. Die deutsche SaaS-Branche ist geprägt von einer dynamischen Start-up-Kultur, die sich in eine Phase der Emanzipation bewegt. Sowohl etablierte als auch junge SaaS-Unternehmen müssen 2024 über den Tellerrand schauen und bereit sein, gewohnte Pfade zu verlassen. Vier Themen müssen SaaS-Entscheider im kommenden Jahr im Blick haben. 

Budgets schrumpfen, das Geld sitzt knapp

SaaS-Lösungen sind von jeher eng an die Konjunktur geknüpft – wenn gespart werden muss, werden seltener neue Tools angeschafft. Die gesamtwirtschaftlichen Makro-Trends machen vor SaaS-Unternehmen also nicht halt, Effizienz ist auch in dieser Branche das beherrschende Thema der Zeit – sowohl für SaaS-Anwender als auch für Tech-Investoren. Mit schrumpfenden Budgets verlängern sich die Sales-Zyklen, die Neukundenakquise wird teurer und der Kostendruck steigt. 

Damit geht auch eine Zurückhaltung bei Venture Capitalists (VC) einher. Die traditionellen Finanzierungsquellen für junge deutsche SaaS-Unternehmen sind zunehmend schwieriger zu erschließen. Laut der Datenbank Crunchbase stagniert das in Europa investierte Venture-Capital-Investmentvolumen seit dem dritten Quartal 2022, für Early-Stage- und Seed-Investments verzeichnet sie mit insgesamt sechs Milliarden US-Dollar sogar einen Tiefstand seit Eintreten des Abwärtstrends im Herbst 2022 – für 2024 ist hier über verschiedene Geschäftsmodelle hinweg keine Erleichterung zu erwarten.

Grund für Optimismus bieten deutschen und europäischen SaaS-Unternehmen allerdings ihre Bewertungen. Der US-amerikanische Markt kann dafür erfahrungsgemäß als Indikator für die nahe Zukunft dienen. In den Vereinigten Staaten sind die durchschnittlichen Bewertungen von Tech-Unternehmen sowohl auf Seed/Angel-Ebene (+8 Prozent), Series C (+32 Prozent) und Series D+ (+43 Prozent) im Q3 2023 im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Das kann auch ein Grund dafür sein, dass die Startup-Datenbank Startupdetector im Jahr 2023 im Vergleich zum Vorjahr mehr B2B-SaaS-Neugründungen verzeichnete – entgegen des Trends sinkender Startup-Gründungen über alle Geschäftsmodelle hinweg. 

Alternative Finanzierungsformen können abhelfen

Diese Situation zwingt deutsche SaaS-Unternehmen im kommenden Jahr dazu, sich verstärkt nach alternativen Finanzierungsmethoden umzusehen. Immer mehr Gründer sind beispielsweise bereit, Debt-Produkte oder Revenue Based Financing (RBF) Instrumente zu evaluieren und zu nutzen. Diese Methoden ermöglichen es SaaS-Unternehmen, ihre Wachstumspläne fortzusetzen, ohne wertvolle und vor allem verhältnismäßig “teure” Gesellschaftsanteile abzugeben. Große Player wie Float, re:cap oder Ark Capital sind in diesem Umfeld bereits sehr aktiv – nach Marktinformationen sind sie im letzten Jahr zwischen 200 bis 400 Prozent gewachsen. 

RBF und kurz laufende Darlehen sind darüber hinaus taktisch anwendbare Instrumente. Sie lassen sich – besonders im Vergleich zu VC-Investments – gezielter für begrenzte Zeiträume einsetzen und eignen sich insbesondere zur Vorfinanzierung von Neukunden bei prognostizierbaren Payback Periods. SaaS-Unternehmen erkennen diese Potenziale zunehmend: Der international aktive schwedische SaaS-Lender Float hat in diesem Jahr eine Verzwanzigfachung der Nachfrage nach Debt-Instrumenten erlebt.

Das Produkt muss unverzichtbar werden

Auch auf der Produktseite gilt es, Zurückhaltung zu begegnen. Neuanschaffungen sind angesichts kleiner Budgets selten und Neukunden damit sowohl teuer als auch schwer zu bekommen. Dazu kommt ein Markt mit immer stärkeren Wettbewerbern. Besonders für SaaS-Unternehmen mit ihren Leistungen im Abo-Modell, muss Kunden-Retention das große Ziel für 2024 sein. Entscheidend dafür ist es, in der Produktentwicklung und im Vertrieb auf einen lösungsorientierten Umgang mit den Kunden zu setzen. 

SaaS-Produkte müssen 2024 mehr denn je die Kernthemen der Unternehmen adressieren. Für “nice-to-have” haben Budgetverantwortliche kein Geld übrig. Nur Mehrwert zu schaffen, wird 2024 vielen SaaS-Unternehmen nicht mehr genügen, um relevant zu bleiben. Für das kommende Jahr muss es gelingen, den Fokus auf die existenziellen Probleme von Unternehmen zu legen und konkrete Lösungen für sie anzubieten. In diesem Zusammenhang kann der Effizienzdruck für SaaS-Anbieter sogar förderlich sein: Schließlich spüren ihn auch die potenziellen Kunden und suchen nach innovativen Lösungen.

Künstliche Intelligenz wird unumgänglich 

Verstärkt werden die Vorteile von SaaS-Lösungen durch den Einsatz generativer Künstlicher Intelligenz (KI). Die Technologien beschleunigen nicht nur die Produktentwicklung, sondern ermöglichen neben neue Geschäftsmodellen insbesondere die Erweiterung und Optimierung bestehender Tech-Lösungen und Serviceangebote. Generative KI hat das Potenzial, die Art und Weise, wie SaaS-Unternehmen Produkte gestalten und anbieten, grundlegend zu verändern, indem sie personalisierte und hochgradig angepasste Lösungen ermöglicht. Laut dem “State of Open Cloud Report” des Investment-Unternehmens Battery Ventures lässt sich der Firmenwert von SaaS-Unternehmen mit dem Einsatz von KI-gestützter Automatisierung um bis zu 65 Prozent steigern.

Gleichzeitig bedeutet das aber auch, dass viele SaaS-Unternehmen 2024 Fortschritte in der KI als überlebensnotwendig ansehen müssen. Wer sich 2024 nicht mit den Möglichkeiten von KI beschäftigt, läuft Gefahr, in den Folgejahren vom Wettbewerb abgehängt zu werden. Während 2024 noch nicht das “Jahr der KI” im Produktangebot des deutschen SaaS-Sektors werden dürfte, müssen die Vorbereitungen für ein mögliches “Jahr der KI” 2025 oder 2026 mit Hochdruck angegangen werden. Deutsche SaaS-Unternehmen haben das in diesem Jahr bereits erkannt. Im Bereich AI & Analytics gab es laut dem “State of German SaaS Pricing Report 2023” der Software-Technologieunternehmen Valueships, ARRtist und Hyrise zwischen September 2022 und August 2023 im Vergleich zu anderen typischen Unternehmensbereichen den größten Personalzuwachs (rund 35 Prozent).

Der Trend ist langfristig positiv

2024 wird für SaaS-Unternehmen kein Jahr des “Weiter-so”. Trotzdem gibt es genug Gründe, den Trend in 2024 und darüber hinaus optimistisch positiv einzuschätzen. 

Unternehmen, die die aktuellen Entwicklungen erkennen und das kommende Jahr aktiv nutzen, um sich geschickt anzupassen, werden gut positioniert sein, um in einem sich schnell verändernden Markt langfristig erfolgreich zu sein. Getrieben von Innovation und Anpassungsfähigkeit sieht die Zukunft der deutschen SaaS-Landschaft trotz herausfordernder marktwirtschaftlicher Bedingungen vielversprechend aus.

Über den Autor
Julius Göllner ist CEO und Gründer ARRtist. Die ARRtist-Community vereint Deutschlands aufstrebende und prominente Software-as-a-Service-Unternehmen (Personio, Celonis und Co.). Seit 2022 tauschen sie sich hier aktiv zu aktuellen Herausforderungen aus, teilen Fehler miteinander und geben sich Ratschläge. Die Community umfasst mittlerweile 800 Mitglieder, allesamt Gründer:innen oder C-Level-Manager:innen – und jede Woche werden es mehr.

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Foto (oben): Shutterstock