#Interview

“Wir sind positiver Dinge und nutzen die Zeit für Weiterentwicklung”

Seit 2015 setzt Foodpunk auf "Software-Lösungen für personalisierte Ernährungsberatung". "Angefangen habe ich als Einzelgründerin mit 150.000 Euro Umsatz. Mittlerweile machen wir siebenstellige Umsätze und haben bis zu 40 Personen im Team", sagt Gründerin Marina Lommel.
“Wir sind positiver Dinge und nutzen die Zeit für Weiterentwicklung”
Dienstag, 12. September 2023VonAlexander Hüsing

Bei Foodpunk aus Neubiberg, 2015 von der Ernährungswissenschaftlerin Marina Lommel gegründet, dreht sich alles um die “Software-Lösungen für die digitalisierte und personalisierte Ernährungsberatung”. Konkret geht es darum, Menschen zu helfen, “genau das zu essen, was ihr Körper – ihre Biochemie – wirklich braucht, um optimal zu funktionieren”. “Über 6.000 richtig leckere und einfache Rezepte sind bisher im Portfolio, die allen schmecken und für jede Person individuell berechnet werden”, sagt Gründerin Lommel.

Beim Start stemmte die Foodpunk-Macherin als Sologründerin im ersten Jahr 150.000 Euro Umsatz. “Mittlerweile machen wir siebenstellige Umsätze und haben je nach Software-Sprint und Projektarbeiten bis zu 40 Personen im Team. Über 100.000 Menschen sind in der Foodpunk-Community”, erzählt Lommel. Im Interview mit deutsche-startups.de spricht sie außerdem über Treibstoff, Internationalisierung und Kooperationen.

Wie würdest Du Deiner Großmutter Foodpunk erklären?
Nahrung ist Medizin. Das hat schon Hippocrates gesagt und meine Oma sicher auch. Wir machen diese Medizin für jeden anwendbar, indem wir Menschen helfen, genau das zu essen, was ihr Körper – ihre Biochemie – wirklich braucht, um optimal zu funktionieren. Für Autopflege und den optimalen Treibstoff geben die Deutschen viel Geld aus, den Treibstoff ihres Körpers vernachlässigen sie in der Regel. Und damit unsere Ernährungsprogramme nicht nur Wissenschaft, Zahlen und Studien sind, erarbeitet unser Rezeptentwicklungsteam jeden Monat neue saisonale Rezepte. Über 6.000 richtig leckere und einfache Rezepte sind bisher im Portfolio, die allen schmecken und für jede Person individuell berechnet werden – denn jeder Mensch braucht unterschiedliche Mengen der Komponenten. Im Hintergrund läuft ganz viel Technik – ein Algorithmus mit über 3.000 Zeilen Code für die Personalisierung. Unsere Kunden haben deutlich mehr Erfolg als andere, die sich an eine 08/15-Zeitschriftendiät halten. Sie verlieren Gewicht – wenn das ihr Ziel ist – und bemerken sehr schnell die positiven Effekte auf ihre Energie und Lebensqualität.

War dies von Anfang an euer Konzept?
Personalisierte Ernährung massentauglich zu machen war seit Anfang an das Konzept. Viele Dinge, die wir heute mit dem entsprechenden Budget realisieren können, standen schon 2015 auf meinen ersten Notizzetteln.

Wie genau funktioniert denn euer Geschäftsmodell?
Wir haben ein Abonnementmodell, Kunden buchen individuelle Ernährungsprogramme mit einer praktischen App. Zukünftig kommen B2B-Optionen für Fachkräfte hinzu.

Wie ist überhaupt die Idee zu Foodpunk entstanden?
Ich habe Ernährungswissenschaft studiert und wollte danach die Begeisterung für gesunde Ernährung und die Biochemie des Menschen teilen. Denn jedes Jahr verursachen ernährungsmitbedingte Erkrankungen 70 Milliarden Kosten für das deutsche Gesundheitssystem und bis zu zwei Drittel aller Todesfälle.

Es herrscht derzeit Krisenstimmung in der deutschen Startup-Szene. Was ist Deine Sicht auf die aktuelle Eiszeit?
Wir sind positiver Dinge und nutzen die Zeit für Weiterentwicklung, statt in den Winterschlaf zu gehen. Letztes Jahr haben wir über 1 Million Euro in Software und Internationalisierung investiert und ernten nun die Früchte. Deutlich verringerte Kündigungsrate und bis zu doppelt so viel Neubuchungen ohne erhöhtes Werbebudget sind nur zwei der Effekte. Außerdem schließen wir deutlich mehr Kooperationen als vor der Krise, denn wir sind überzeugt: Die Unternehmen, die jetzt zusammenstehen und Synergien nutzen, kommen gestärkt aus der Krise.

Wie hat sich Foodpunk seit der Gründung entwickelt?
Angefangen habe ich als Einzelgründerin mit 150.000 Euro Umsatz im ersten Jahr, ohne Kosten – außer mein Laptop und meine Arbeitszeit. Mittlerweile machen wir siebenstellige Umsätze und haben je nach Software-Sprint und Projektarbeiten bis zu 40 Personen im Team. Über 100.000 Menschen sind in der Foodpunk-Community.

Blicke bitte einmal zurück: Was ist in den vergangenen Jahren so richtig schief gegangen?
Wir haben für unsere Community zwischendurch Lebensmittel entwickelt und selbst produziert. Durch die steigenden Rohstoffpreise und die unzuverlässige Versorgungslage mit den von uns benötigten Rohstoffen, haben wir in diesem Bereich zuletzt drauf gezahlt. Mittlerweile haben wir kurzerhand die meisten Produkte aus dem Sortiment genommen, um unseren Fokus auf digitalisierte Ernährungslösungen zu schärfen.

Und wo hat Ihr bisher alles richtig gemacht?
Wir haben seit dem ersten Tag ein extrem gutes Händchen für das Community-Building. Unsere KundInnen nennen sich selbst stolz Foodpunks und ein großer Teil des Teams und auch einige unserer InvestorInnen waren vorher langjährige KundInnen.

Wo steht Foodpunk in einem Jahr?
Wir bauen das erste europäische Zentrum für Personalisierte Ernährung und Technologie auf 1.000 Quadratmeter bei München. Dort wird die Akademie Inhalte für Weiterbildungen für Fachleute – ÄrztInnen, HeilpraktikerInnen, Personal TrainerInnen unter anderem – sowie für interessierte Verbraucher stellen. Unser interdisziplinäres Team besteht aus ErnährungswissenschaftlerInnen, SoftwareentwicklerInnen, MarketingspezialistInnen und Content-RedakteurInnen. Gemeinsam bilden wir einen Think Tank, der sich auf innovative Lösungen für die Zukunft der Ernährungsgesundheit spezialisiert hat. Im PNT Center trifft Wissenschaft auf Content Produktion. Videoküche, Content-Studio, Podcast-Studio, Wissenschaftsraum, IT-Raum und luftige Center-Bereiche fördern die Kollaboration zwischen Wissenschaft, Softwareentwicklung, Content-Produktion und Vertrieb. Wir bündeln unsere Kräfte für eine große Vision: Die Gesundheit vieler Menschen durch digitale, datengesteuerte, personalisierte Ernährungslösungen verändern.

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Foto (oben): Foodpunk

Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.