#Interview

“Mit meinen Gedanken bin ich immer bei der Arbeit”

Gründeralltag - gibt es das überhaupt? "Verschiebe die Dinge nicht auf den nächsten Tag. Denn müde macht uns die Arbeit, die wir liegen lassen, nicht die, die wir tun", rät Sidney von Guggenberg, Gründerin von Cheer anderen Jungunternehmer:innen.
“Mit meinen Gedanken bin ich immer bei der Arbeit”
Freitag, 2. Juni 2023VonTeam

Wie starten ganz normale Gründerinnen und Gründer so in einen ganz normalen Startup-Arbeitsalltag? Wie schalten junge Unternehmerinnen und Unternehmer nach der Arbeit mal so richtig ab und was hätten die aufstrebenden Firmenlenker gerne gewusst bevor sie ihr Startup gegründet haben? Wir haben genau diese Sachen abgefragt. Dieses Mal antwortet Sidney von Guggenberg, Gründerin von Cheer. Das Startup aus Wien setzt auf Bio-Tampons und Arnikapflaster.

Wie startest Du in einen ganz normalen Startup-Arbeitsalltag?
Um 08:30 Uhr mit einem Latte Macchiato. Ich überprüfe meine E-Mails, Slack-Nachrichten und den Kalender. Dann fange ich an die Aufgaben auf meiner To-do-Liste zu priorisieren und anschließend fange ich an sie zu erledigen. Meistens höre ich beim Arbeiten Musik. Mein Lieblingslied zum Arbeiten ist zurzeit MoneyOnMyMind von UPSAHL feat. Absofacto.

Wie schaltest Du nach der Arbeit ab?
Für mich ist es schwierig ganz abzuschalten. Mit meinen Gedanken bin ich eigentlich immer bei der Arbeit. Wenn ich aber ins Gym gehe kann ich mindestens teilweise abschalten. Beim Padel spielen kann ich mich auch gut abreagieren und komme auf andere Gedanken.

Was über das Gründer:innen-Dasein hättest Du gerne vor der Gründung gewusst?
Dass es in einem einzigen Tag so viele Höhen und Tiefen gibt. Manchmal fühle ich mich überwältigt und befinde mich oft in Stresssituationen. Was ich davon bereits gelernt habe ist zu vermeiden, alles auf einmal zu tun. Ich fokussiere mich auf eine Sache nach der anderen. Wenn ich mich in einer schwierigen Situation befinde erinnere ich mich an die Worte meiner Omi: “Wo Verstand und Herz zugleich sich regen, bringt der Fleiß Erstaunliches zuwege.” Ich versuche das große Bild zu sehen und mich auf meine Ziele zu konzentrieren, anstatt mich auf die Herausforderungen und Schwierigkeiten zu fixieren.

Was waren die größten Hürden, die Du auf dem Weg zur Gründung überwinden musstest?
Es gibt natürlich mehrere, ich denke die Marktvalidierung ist eine große Herausforderung. Gibt es Nachfrage? Wieso kaufen so wenige? Stimmt der Preis? Natürlich aber auch der Wettbewerb, der bei Periodenprodukten sehr groß ist. Immerhin kauft die Mehrheit der Frauen konventionelle Tampons, die günstiger sind. Viele Frauen wissen nicht über die schädlichen Chemikalien und Pestizide in konventionellen Tampons bescheid. Deshalb ist es unsere Aufgabe mit Cheer Frauen darüber aufzuklären.

Was waren die größten Fehler, die Du bisher gemacht hast – und was hast Du aus diesen gelernt?
Ich denke, Fehler gehören zum Gründungsprozess dazu und können wertvolle Lektionen bieten. Es ist wichtig, aus ihnen zu lernen und nicht zu sehr daran zu hängen. Ich denke ein Fehler war in meinem Fall, dass ich hätte früher mehr Umfragen machen sollen, um das Abo noch besser an die Bedürfnisse der Frauen anzupassen.

Wie findet man die passenden Mitarbeiter:innen für sein Startup?
Ich denke als Erstes sollte man sich im persönlichen Umfeld umschauen und diese nach Empfehlungen zu bitten. Möglicherweise kennt ein Freund oder Familienmitglied jemanden, der über die erforderlichen Fähigkeiten und Erfahrungen verfügt. Wenn dies nicht möglich ist, ist LinkedIn weiterzuempfehlen. Da kann man Stellenanzeigen veröffentlichen.

Welchen Tipp hast Du für andere Gründer:innen?
Bleibe fokussiert und lass dich nicht von Enttäuschungen runterkriegen. Verschiebe die Dinge nicht auf den nächsten Tag. Denn müde macht uns die Arbeit, die wir liegen lassen, nicht die, die wir tun. Sei offen und flexibel, um dich an neue Herausforderungen anzupassen und Neues dazu zu lernen. Löse Probleme im Team, denn jede Perspektive kann helfen. Zudem solltest du dir Zeit für Hobbys und deine Gesundheit nehmen. Und schließlich: Mache dein Hobby zum Beruf, dann brauchst Du ein Leben lang nicht arbeiten.

Ohne welches externes Tool würde Dein Startup quasi nicht mehr existieren?
Ohne einer E-Commerce-Plattform, aber auch nicht ohne Facebook und Instagram Ads. Mit diesem Marketing-Tool kann ich mit dem Zielgruppen-Targeting sicherstellen, dass meine Anzeigen von Personen gesehen werden, die am ehesten an mein Produkt interessiert sind. Außerdem sind Facebook und Instagram relativ kosteneffektiv, da ich nur für die Anzeigen bezahle, die tatsächlich angesehen oder geklickt werden. Das Beste ist aber, dass ich die Ads mit meinem Team überwachen und optimieren kann.

Wie sorgt Ihr bei Eurem Team für gute Stimmung?
Das wichtigste für ein gutes Arbeitsklima ist auf jeden Fall respektvoll miteinander umzugehen. Regelmäßige Meetings minimieren Konflikte und Missverständnisse. Das Allerwichtigste finde ich aber, dass sich alle im Team mit dem Unternehmen identifizieren können und gemeinsame Visionen haben, die sie verbindet. Bei uns ist ein gemeinsames Ziel, die Periode zu entstigmatisieren und Frauen mit Bio-Tampons und schmerzlindernden Schmerzpflastern zu helfen. Wir möchten den Frauen Gründe geben deren Periode zu feiern. Mit diesem Gedanken entstand übrigens auch der Firmenname: Cheer.

Was war Dein bisher wildestes Startup-Erlebnis?
Als Tampon verkleidet am Stephansplatz zu stehen. Vorerst war ich ein wenig aufgeregt und hatte Angst vor bösen Blicken. Diese Blicke gab es auch, allerdings fühlte ich mich nicht unwohl. Ich denke wer so etwas Natürliches, wie die Menstruation nicht sehen möchte, ist ignorant. Es geht nämlich alle etwas an. Ohne die Menstruation gebe es keinen von uns.

Tipp: Wie sieht ein Startup-Arbeitsalltag aus? Noch mehr Interviews gibt es in unserem Themenschwerpunkt Gründeralltag.

Foto (oben): Cheer