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Full Stack Observability für Startups – Welche Preismodelle machen den Einstieg realistisch?

Startups haben in der Wachstumsphase oft ein Problem: ihr Technologie-Stack muss mitwachsen und wird dadurch zu einer Herausforderung. Doch mit Observability erkennen sie Fehler rechtzeitig und verhindern teure Ausfälle.
Full Stack Observability für Startups – Welche Preismodelle machen den Einstieg realistisch?
Freitag, 12. Mai 2023VonTeam

Erfolgreiche Technologie-Startups stehen nach der schwierigen Frühphase vor einer Herausforderung: Sie sind jetzt auf dem Weg zur Skalierung ihrer Geschäftstätigkeit und müssen ihren Software-Stack ausbauen. Zu Beginn war er noch klein und übersichtlich, doch je nach Erfolg des Produkts wird er sehr schnell umfangreicher und komplexer. Das kann zu einer Gefahr für das weitere Wachstum werden. Die Nutzer:innen des Produkts sind am Anfang noch nicht markentreu, die Wechselbereitschaft nach negativen Erfahrungen ist besonders hoch. Umso wichtiger ist eine leistungsfähige IT-Landschaft, die ein zuverlässiges Produkt garantiert.

Wie kann ein Startup so etwas erreichen? Die Antwort auf diese Frage ist Observability. Damit ist die Fähigkeit gemeint, den eigenen Tech-Stack und alle dazugehörigen Prozesse zu überwachen. Diese ganzheitliche Perspektive unterscheidet das Konzept vom klassischen Monitoring, das lediglich vorgegebene Parameter überwacht und bekannte Fehler identifiziert. Observability dagegen ermöglicht die Überwachung komplexer Systeme ohne vorgegebene Parameter. Kurz: Observability hilft auch rasch wachsenden Startups den Überblick über ihren Technologie-Stack zu behalten.

Geschäftsmodelle bei Observability-Lösungen

Der Markt für Observability Lösungen kann unübersichtlich wirken, da die einzelnen Anbieter verschiedene Geschäftsmodelle unterstützen. So werden Observability-Lösungen in drei Formen angeboten: on premise, als Software-as-a-Service und als Kombination aus beidem.

On-Premise-Lösungen werden in der eigenen IT gehostet und in der Regel von einem Drittanbieter unterstützt. Die Kund:innen erwerben eine unbefristete oder befristete Lizenz für die Software, die lokal installiert und genutzt wird. Sie sind dadurch ortsgebunden und erfordern durch die Lizenzkosten eine beträchtliche Anfangsinvestition. Hinzu kommen laufende Wartungs- und Supportkosten. Zudem verlieren sie mit der Zeit an Wert, da sie oft nur durch den Erwerb neuer Lizenzen aktualisiert und auf den neuesten technischen Stand gebracht werden können.

SaaS-Lösungen (Software as a Service) ist „Software zum Mieten“ und damit eine Form von Cloud Computing. Sie wird von einem Drittanbieter in der Cloud gehostet und gewartet, wodurch die Kosten für interne Ressourcen und IT-Support sinken. SaaS-Lösungen werden entweder auf einer Pay-for-Use-Basis oder als Abonnement bereitgestellt. Dabei erwerben die Kund:innen eine befristete Lizenz für die Software, die nicht lokal installiert ist, sondern in der Cloud des Anbieters ausgeführt wird.

Im Vergleich zu On-Premise-Lösungen haben SaaS-Lösungen in der Regel niedrigere Vorab-, Upgrade- und Wartungskosten. Da in der Cloud zusätzliche IT-Ressourcen leicht hinzugefügt werden können, sind sie unter anderem besser skalierbar. SaaS-Unternehmen sind durch den selbst gesteuerten Betrieb zudem in der Lage, das Nutzungsprofil zu ermitteln. Das erleichtert ihnen die kundenzentrierte Weiterentwicklung der Lösungen. SaaS ist eine bessere Option für Startups, die noch im Wachstum sind, begrenzte Personalkapazitäten haben und trotzdem skalieren wollen.

Geschlossene oder offene Software-Ökosysteme?

Vor allem neu gegründete Startups sollten den Unterschied zwischen offenen und geschlossenen Software-Ökosystemen beachten.

Geschlossene Software-Ökosysteme haben einen Gatekeeper, der die Kontrolle über die Dienste, Software oder kompatible Hardware hat. In vielen Fällen haben die Hersteller der Software eine proprietäre und damit nach außen abgeschlossene Suite von Anwendungen entwickelt. Sie können nicht mit anderen Anwendungen außerhalb des Systems kommunizieren. Normalerweise ist es für die Benutzer:innen schwer, ein geschlossenes Software-Ökosystem anzupassen oder zu erweitern. Dadurch erhöht sich die Abhängigkeit von einem einzelnen Anbieter.

Offene Software-Ökosysteme verwirklichen eine wichtige Grundannahme: Ihre Kunden müssen zwingend Daten aus verschiedenen Quellen zusammenführen. Deshalb haben sie es ihnen erleichtert, indem sie Drittanbietern ermöglichen, zusätzliche Softwarekomponenten anzubieten, zu ändern oder anzupassen. Ein wichtiges Merkmal offener Systeme: Praktisch jeder kann darauf aufbauen, häufig unter Verwendung von Open-Source-Code.

Der kollaborative Ansatz offener Systeme hilft den Nutzern, sich an dynamische Anforderungen anzupassen. Zudem gibt es im Normalfall keine Bindung an einen bestimmten Anbieter. Deshalb sind offene Systeme für Startups empfehlenswert, da sie auch bei der Skalierung oder einem Pivot des Geschäftsmodells den Zugang zu passenden Software-Lösungen ermöglichen.

Unterschiedliche Preismodelle erschweren den Überblick

Ein drittes Kriterium bei der Entscheidung für oder gegen eine bestimmte Lösung ist der Preis, der vor allem für Startups eine wichtige Rolle spielt. Gerade dieses Kriterium kann eine Hürde auf dem Weg zu einer vollständigen, durchgängigen Observability sein. Die verschiedenen Anbieter verwirklichen recht unterschiedliche Preismodelle, die entweder mengen- oder nutzungsbasiert sind. Die meisten nutzen eines der folgenden Preismodelle oder eine Kombination davon:

  • Infrastrukturbasierte Preisgestaltung: Diese Art der Preisgestaltung (auch als hostbasierte oder agentenbasierte Preisgestaltung bekannt) beruht auf der Anzahl der Einheiten, die die zugrunde liegende Infrastruktur des zu überwachenden Tech-Stacks bilden – zum Beispiel Hosts, Agenten oder Knoten. Sie ist mengenbasiert.
  • Servicebasierte Preisgestaltung: Sie basiert auf der Anzahl der zu überwachenden IT-Services. Sie ist ebenfalls mengenbasiert.
  • Benutzerbasierte Preisgestaltung: Diese Variante berechnet den Preis anhand der Anzahl der bereitgestellten Nutzerkonten für Techniker:innen und Entwickler:innen, die das Tool oder die Observability-Plattform nutzen. Um eine höhere Flexibilität in der Preisgestaltung zu erreichen, können auch verschiedene Benutzertypen einbezogen werden. Sie ist mengenbasiert.
  • Telemetriebasierte Preisgestaltung: Diese Art der Preisgestaltung nutzt die Menge der gesammelten Daten (Data Ingest) als Basis, die in Gigabyte (GB) gemessen wird. Neben der Datenmenge können auch andere Kriterien genutzt werden, etwa Speicherplatz und Abfragen in Spans und Metriken, einschließlich benutzerdefinierter Metriken oder metrischer Datenpunkte pro Minute (DPM). Sie ist nutzungsbasiert.

In der Praxis verwenden Observability-Anbieter einen hybriden Ansatz, der nutzungs- und mengenbasierte Preise kombiniert. Ein Beispiel dafür sind telemetriebasierte Preise in Kombination mit Infrastruktur-, service- oder nutzerbasierten Preisen.

Darüber hinaus nutzen die Anbieter zwei unterschiedliche Berechnungsarten für ihre Preise:

  • Sie bieten ihren Service als einheitliche, konsolidierte Observability-Plattform mit einem Preis für den Zugang zu allen Funktionen, jetzt und in Zukunft.
  • Sie nutzen den Bundle-of-SKUs-Ansatz, bei dem Unternehmen auswählen müssen, welche Observability-Funktionen sie benötigen und diese einzeln bezahlen.

Die verschiedenen Anbieter und ihre Preismodelle

Die richtige Lösung finden

Die Anbieter von Observability-Systemen steigen immer öfter auf SaaS-Modelle und offene Software-Ökosysteme um. Darüber hinaus werden nutzungsbasierte Preis- und Abrechnungsmodelle beliebter, die viele Unternehmen den infrastruktur- und abonnementbasierten Abrechnungsmodellen vorziehen.

Der Vorteil für Startups liegt in den geringen Anschaffungskosten: Sie bezahlen nur für das, was sie tatsächlich verbrauchen. Jedoch muss jedes Unternehmen die für sein Geschäft sinnvollste Lösung finden, doch Observability ist auch in Zukunft unverzichtbar. Wenn ein Startup jetzt damit beginnt, ist es der Konkurrenz einen Schritt voraus.

Über den Autor
Christian Deponte führt als Vice President EMEA Central das Geschäft von New Relic in Zentral- und Osteuropa sowie dem Baltikum. Leidenschaftlich treibt er mit Hilfe neuer Technologien den Fortschritt voran und schafft neue Möglichkeiten in der Wirtschaft. Er blickt auf 20 Jahre Berufserfahrung in den Bereichen Sales und Management zurück, mit besonderem Augenmerk auf Datenanalyse, IT Business Development, Cloud Computing und Kommunikationsplattformen. Bei New Relic startete Deponte im Jahr 2020 als Sales Director. Zuvor arbeitete der Diplom-Kaufmann und Master of Telecommunication Business u. a. beim Marktforschungsinstitut GfK, bei dem er als Commercial Director das Geschäft in der Region Deutschland, Österreich und Schweiz (DACH) leitete und Geschäftsführer der GfK Retail and Technology GmbH war. Bei BT Global Services verantwortete er zuvor in leitender Position die Ende-zu-Ende-Beziehung für einige der größten globalen Kunden des ICT-Dienstleisters. Christian Deponte lebt in München.

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Foto (oben): Shutterstock