#Gastbeitrag

Scaling Step-by-Step: Wann braucht ein SaaS-Unternehmen welche Teams?

Es gibt unzählige SaaS-Startups, die durch die Decke gehen. Die Gründer:innen dieser Scaleups wissen, was viele frische Gründer:innen nicht wissen können. Dominik Angerer gründete 2017 Storyblok. Er verrät, zu welchem Zeitpunkt des Wachstums ein Unternehmen welche Teams braucht.
Scaling Step-by-Step: Wann braucht ein SaaS-Unternehmen welche Teams?
Freitag, 17. März 2023VonTeam

Um es kurz zu machen: Die Frage, wann im Wachstum welches Team benötigt wird, kann man kaum pauschal mit einer einzelnen Antwort abhandeln. Zuerst sollte man eher beantworten, welche Art von Herausforderung das Unternehmen als nächstes angehen muss. Klar: Am Anfang geht es meistens darum, passende Mitarbeiter:innen zu finden, einzuarbeiten und gut bezahlen zu können. Ansonsten könnte das Start-up schließlich gar nicht erst wachsen – aber auch die Fähigkeit, überhaupt einstellen zu können, ist schon eines vieler Ziele.

Aller Anfang ist gar nicht mal so schwer

Das Wichtigste für den Anfang ist, so schnell wie möglich die Einsatzfähigkeit des eigenen Produkts herzustellen. Dabei gibt es mehrere Ansätze, die alle funktionieren können. Wenn man sich Figma zum Vorbild nimmt und anfänglich genug investieren kann, ist es möglich, die eigene Lösung in einer Freemium-Version herauszugeben. Darauffolgend baut man die Software mit Kundenfeedback aus. Ist man selbst Entwickler:in, ist natürlich auch Bootstrapping eine Option, also ein einfaches Produkt selbst zu entwickeln, aus dem laufenden Geschäft zu wachsen und darauf aufbauend immer komplexere Teile durch Feedback und Erfahrung zu ergänzen. Generell bietet sich Bootstrapping aber auch an, wenn man sich anfangs bereits Entwickler:innen dazu holen kann.

Sobald das Produkt dann einsetzbar ist, sollte erst einmal auf Mundpropaganda und selbst erstellte Inhalte und How-tos gesetzt werden, um Kund:innen mit einem bestimmten Problem zu gewinnen, das mit der SaaS gelöst werden kann. Man sollte also zuerst herausfinden, welche Problemstellungen es gibt und dann beginnen, Feedback von den frühen Nutzer:innen zu bekommen – auch wenn diese anfangs vielleicht noch keine Kund:innen sind, sondern die kostenlose Variante nutzen. Auf dieser Basis kann das Unternehmen so lange an der SaaS-Lösung feilen, bis man etwa 500.000 Euro jährlich wiederkehrende Einnahmen durch Kund:innen und somit ein finanzielles Polster erreicht.

Kundennähe nicht nur als Service nutzen

Ziemlich früh empfiehlt es sich, ein (Live-)Chat-Tool für den Kundenkontakt zu installieren, denn damit erhält das Unternehmen mehr Informationen zu den Herausforderungen der Kund:innen. Die Lösungen bietet man dann jedoch nicht nur den jeweiligen Fragenden, sondern veröffentlicht diese zusätzlich in Artikeln direkt auf der Website. Das sorgt dafür, dass auch Nicht-Nutzer:innen Interesse an der Lösung bekommen, wenn sie auf die Artikel stoßen.

Nun ist Geduld gefragt. Es kann ein paar Jahre dauern, bis immer mehr Kund:innen dazu kommen und das Produkt volle Marktreife erhält – quasi eine Version 1.0. Damit Kund:innen nicht lange auf ihren Support warten müssen, sollte zu diesem Zeitpunkt ein Team aus Support-Manager:innen eingestellt werden. Besteht die Kundschaft zum Großteil aus Entwickler:innen, ist das noch nicht alles: Um die Kommunikation mit Entwickler:innen aufrechtzuerhalten, sollte man sehr früh an einen Developer Relations Manager denken, der dabei hilft, fachkundige Artikel zu schreiben, an Konferenzen teilzunehmen und das Produkt in der Zielgruppe bekannter zu machen. Die Gründer:innen selbst werden zu diesem Zeitpunkt bereits kaum bis gar keine Zeit mehr dafür haben.

Für Wachstum muss man wissen, was man nicht weiß

Wer als Entwickler:in gründet, hat möglicherweise in vielen anderen Bereichen wenig bis gar keine Kenntnis. Und da kommen einige auf jede Art von Gründer:innen zu: Finanzen, Vertrieb, Marketing und alles, was mit Kundennähe zu tun hat. Der nächste logische Schritt ist es also, jemanden einzustellen, der bestenfalls zwei dieser Kernkompetenzen aufweisen kann: Finanzen und Kundenorientierung. Das ermöglicht dann schon, natürlich mit Unterstützung externer Dienstleister für HR-Management, gesund zu skalieren.

Das Produkt steht, das Team wächst: Nun geht es an den Vertrieb. Man beginnt am besten direkt oben und stellt einen VP of Sales ein, der sich dann sein Sales-Team künftig selbst zusammenstellen kann. Bald darauf geht es im Normalfall auch schon ans Marketing-Team, da ab einem gewissen Punkt die Weiterempfehlungen der Kund:innen ausgeschöpft sind. Nun kommen nur mehr Kund:innen durch eine höhere Marken-Sichtbarkeit und -Bekanntheit. Der Vorteil an einem Marketing-Team ist, dass man mit diesem auch den oberen Teil des klassischen Funnels, also das Interesse und die Awareness in der Zielgruppe, skalieren kann. Darauf basierend passiert das Wachstum dann auch schon nahezu von allein. In unserem Fall nahmen beispielsweise Agenturpartner:innen zu, sodass wir auch dafür ein eigenes Team auf die Beine stellten und auch das Sales-, Marketing- und Kundensupport-Team wuchs stetig.

Hat man es einmal geschafft, ist man nie wirklich fertig

Wichtig ist, sich einzugestehen, dass Wachstum – auch in einer bisher unerschütterten Branche – nicht unendlich ist, selbst wenn sich alle SaaS-Unternehmer:innen das wünschen. Man sollte immer über Sicherheiten nachdenken. Denn, wie jüngste Ereignisse zeigen, weiß man einfach nicht, was in Zukunft auf das Unternehmen zukommt. Nur so begegnen Gründer:innen jeder Notwendigkeit, Prozesse an wechselnde Marktsituationen anzupassen. Was antreibt, ist also ab einem gewissen Punkt in der Unternehmensgeschichte nicht mehr das Streben nach Wachstum oder Perfektion, sondern das Streben nach kontinuierlicher Sicherheit des gesamten Teams durch Anpassungsfähigkeit des Unternehmens.

Über den Autor
Dominik Angerer ist Co-Founder und CEO von Storyblok, ausgewiesener Web-Performance-Spezialist und Perfektionist. Nachdem er für große Agenturen als Full-Stack-Entwickler gearbeitet hatte, gründete er gemeinsam mit Alexander Feiglstorfer im Jahr 2017 Storyblok. Dominik ist aktives Mitglied in der Open-Source-Community und einer der Organisatoren von Stahlstadt und ScriptConf. Im November 2021 wurde Dominik Angerer von Forbes unter die 30 einflussreichsten Menschen unter 30 in der DACH-Region gewählt.

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Foto (oben): Shutterstock