#Gastbeitrag

So bereite ich meine Finanzen auf einen Exit vor

Ob unverhofft oder lange geplant: Der erfolgreiche Verkauf eines Unternehmens bedeutet Stress pur für die Gründerinnen und Gründer. Wie diese sich gezielt vorbereiten können, erklärt M&A-Experte David Runge in diesem Gastbeitrag.
So bereite ich meine Finanzen auf einen Exit vor
Montag, 26. September 2022VonTeam

Ein Unternehmen zu gründen und erfolgreich zu führen ist immer auch eine emotionale Geschichte. Beim Unternehmensverkauf kollidiert diese eigene Geschichte aber häufig mit der Realität. Vollkommen verständlich – die Ziele und Pläne eines Käufers stimmen selten zu 100% mit denen der Gründer überein. Denn das wichtigste Ziel aus Käufersicht ist es, maximalen Wert für die Teilhaber des Unternehmens zu generieren. Sei es über den Ankauf von Talent (Acquihire), Marktanteilen, Technologien, oder anderen Synergien, Shareholder Value ist dasübergeordnete Ziel. 

Werttreiber für den erfolgreichen Exit 

Ich habe zahlreiche M&A Prozesse aus Käufer- und Verkäufersicht geführt. Die drei wichtigsten Faktoren, die einen Verkauf in meiner Erfahrung erfolgreich machen, sind: 

  1. Eine attraktive Story. Wie stellt der Verkäufer Wachstumschancen dar und wie kann sich der Käufer mit dieser Story identifizieren? 
  2. Bieterwettstreit. Gibt es Spannung zwischen verschiedenen Kaufinteressenten, verbessert sich der Hebel für den Verkäufer. Die Verhandlungsposition der Gründer verbessert sich enorm, wenn mehrere Käufer um Euer Interesse buhlen. 
  3. Keine Überraschungen. Absolutes No-Go während des M&A Prozesses: Plötzlich tauchen bisher unbekannte Informationen auf, die im schlimmsten Fall die Integrität des Verkäufers infrage stellen, in jedem Fall aber möglicherweise wertrelevante Unsicherheit schaffen. 

Aus Finance-Sicht kann sehr viel schief laufen, wenn es um die Realisierung dieser drei Werttreiber geht. Worauf sollten Gründer also ihr Augenmerk richten?

Wie erzähle ich eine attraktive Story? 

Zunächst muss die Story mehr als nur ein Marketing-Gag sein. Die historischen Financials müssen die Story unterstützen und ein konsistentes Bild zeichnen. In vielen Verkaufsprozessen wirken Story und Financials wie getrennte Elemente – da blickt jeder professionelle Käufer sofort durch. Story und Financials sollten insbesondere zeigen, dass das Management-Team das Unternehmen erfolgreich gesteuert hat und künftig voranbringen kann.

Zu einer guten Story gehört auch eine Portion Ambition. Daher sollte der Businessplan eben auch zeigen, welche Wachstumspotenziale es gibt, und wie diese realisiert werden können.

Wenn die finanzielle Story und der Businessplan stimmen, ist es Zeit, dies in den Marketingmaterialien für potenzielle Bieter (Teaser, Info Package)  effektiv zu erzählen und auf den Punkt zu bringen. 

Wie baue ich eine starke Verhandlungsposition? 

Viele Gründer verhalten sich reaktiv und gehen nicht proaktiv auf potenzielle Käufer zu. Dies kann in erheblichen Nachteilen in einem Verkaufsprozess resultieren. Denn ohne Wettbewerb gibt es kaum eine Verhandlungsposition

Um sich in eine solide Verkaufssituation begeben zu können, muss zunächst der Runway geklärt sein. Wenn der Insolvenzberater beinah auf der Matte steht, ist es natürlich zu spät. Ein ordentlicher Finanzpuffer gibt Gründern die Möglichkeit, besser zu verhandeln, und zwingt sie nicht dazu, auf den erstbesten Deal zu springen. 12 Monate sind eine Faustregel, aber das hängt natürlich stark von Branche und Funding-Situation ab.

Ein häufiges Problem, besonders in Gründerteams, ist das Selbstverständnis hinsichtlich des angestrebten Wertes und der angestrebten Verhandlungsposition. Beim Verkauf müssen alle in der verkaufenden Partei am gleichen Strang ziehen! Es ist elementar, dass vor den ersten Verkaufsgesprächen bereits geprüft wird, welche Szenarien und Bewertungen für Euch realistisch sind. 

Zuletzt solltet Ihr nichts dem Zufall überlassen – das Bieteruniversum muss sorgfältig vorbereitet und angesprochen werden. Welche Unternehmen sind potenzielle Käufer? Welche Strategie würden sie mit einem Kauf verfolgen? Wenn potenzielle Käufer, ähnlich wie im Sales-Prozess, strukturiert angesprochen werden, ist die Chance, ein Wettbieten mehrerer Käufer anzustoßen, natürlich viel höher. 

Wie vermeide ich Überraschungen? 

Oftmals ergeben sich Überraschungen im M&A-Prozess gar nicht aus böswilligen Täuschungen, sondern einfach aus schluderig vorbereiteten Finanzen und anderen Dokumenten. 

Die absolute Basis um Überraschungen zu vermeiden ist es, mit der Run-Rate das Budget bzw. den Forecast des aktuellen Fiskaljahres begründen zu können. Ja, das klingt trivial – aber gerade in jungen Unternehmen sind diese Zahlen erfahrungsgemäß nicht solide konsolidiert

Wichtige Verträge und Dokumente müssen auf dem aktuellen Stand sein. Diese Details werden im Zuge einer Due Diligence ohnehin zutage kommen – besser ist es daher, wichtige Dokumente auf den neuesten Stand zu bringen. 

Zuletzt ist es hilfreich, alle Dokumente gut sortiert in einem Data Room (ein Dokumentenverwaltungssystem, spezifisch für den M&A-Prozess) aufzubereiten. Das spart nicht nur Zeit, sondern hilft auch intern, mögliche Probleme und Lücken vorauszusehen. 

Zusammenfassung 

Es lohnt sich, Zeit in die Exit-Readiness des Unternehmens zu investieren. Es hilft, die interne Organisation auf Vordermann zu bringen, und somit die Basis für die Maximierung des Wertertrags aus einem Verkauf zu schaffen. 

In meiner Erfahrung ist es sehr hilfreich, hierbei eine dedizierte Resource vorzusehen – sei sie intern oder extern – auch damit sich CEO und CFO auf das Tagesgeschäft fokussieren können. Externe Parteien und M&A-Berater können den Verkauf nicht nur ausfuühren, sondern eben auch helfen, Story und Zahlen für einen Exit in der Zukunft vorzubereiten. 

Überraschungen lassen sich im M&A-Prozess nie vollständig vermeiden, das gehört dazu. Aber mit der richtigen Vorbereitung und einem soliden Fundament kann schneller und professioneller auf sie reagiert werden – ein großer Vorteil für den erfolgreichen Exit! 

Über den Autor
David Runge begleitet seit über 20 Jahren in verschiedenen Rollen und Unternehmen Buy-sides und Sell-sides. Mit Fintalent.io hilft er, mittelständischen Tech- Unternehmen, erfolgreich zu verkaufen. 

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Foto (oben): Shutterstock