#Gastbeitrag

Beyond Money: Worauf sollten Startups bei der Auswahl von VCs heute achten?

Auf welche Zeichen sollten Gründungsteams achten, wenn es darum geht, den einen passenden VC für sich auszuwählen? Beide Seiten sollten absolut von der Chance, die das Startup bietet, überzeugt sein und mit Begeisterung daran arbeiten. Ein Gastbeitrag von Madeline Lawrence.
Beyond Money: Worauf sollten Startups bei der Auswahl von VCs heute achten?
Freitag, 22. April 2022VonTeam

Für Gründer:innen war es noch nie so einfach an enorme Summen Kapital zu kommen. Die Anzahl und auch die Höhe von Investitionen in deutsche Startups steigt und steigt. Das bedeutet unter anderem: Es gibt eine Verschiebung im Machtverhältnis. Gründer:innen können sich Investor:innen aussuchen. Die Höhe der gebotenen, potenziellen Investitionen von verschiedenen VCs spielt dabei nur noch eine untergeordnete Rolle – die Summe wird genug sein. Im heutigen Markt stellt sich also die (vor wenigen Jahren noch) luxuriöse Frage: Wenn es nicht nur ums Geld geht – Worauf sollten Gründer:innen bei der Auswahl des richtigen VCs achten?

Überzeugung vom ersten Tag an

Das Team und die Idee müssen überzeugen, der Zeitpunkt für das Produkt muss gekommen sein und die ersten Geschäftzahlen sollten gut aussehen – keine Frage. Ist all das alles erfüllt, dann stehen die Chancen ziemlich gut, gleich mehrere VCs von sich zu überzeugen. Auf welche Zeichen sollten Gründungsteams also bei Gesprächen mit Investor*innen achten, wenn es darum geht, den einen passenden VC für sich auszuwählen? Eine Grundbedingung für eine gute Zusammenarbeit zwischen Startup und VC: Beide Seiten sollten absolut von der Chance, die das Startup bietet, überzeugt sein und mit Begeisterung daran arbeiten. Achtet also darauf, ob die Überzeugung für euer Unternehmen von Tag 1 an bei den Investor:innen zu finden ist und über die nächsten Wochen der Verhandlungen und Gespräche anhält. Es gilt aber auch: Ein guter VC stellt ebenso kritische Fragen und fordert Startups, die für eine Investition in Frage kommen, auch heraus – egal wie überzeugt er ist und wie groß die Euphorie ist. Kommen gar keine kritischen Nachfragen und bestehen Gespräche nur aus Beweihräucherung für das Startup, ist das defintiv ein Warnzeichen.

Eine spezielle Expertise in EUREM Geschäftsfeld

Peak co-Gründer und Managing Partner Johan van Mil hat es in einer Dokumentation über Investore:innen einmal auf den Puntk gebracht: “Als ich mein erstes Unternehmen gegründet habe, hat das Jahre gedauert und mich viel Geld gekostet. Heutzutage ist es einfacher als je zuvor, ein Unternehmen zu gründen. Alles ist direkt verfügbar: Büros, Technik, Cloud-Lösungen. Und: Es ist sehr viel Geld auf dem Markt. Für Gründer:innen geht es heute also nur noch um Geschwindigkeit und Durchführung.”

Um mit einer Idee schneller zu sein als die Konkurrenz und sie besser umzusetzen, braucht es starke Partner mit Erfahrung in genau dem Tätigkeitsbereich, in dem ihr euch bewegt. VCs haben sich spezialisiert, in einem bestimmten Feld ein Netzwerk aufgebaut und können auf jahrelange Erfahrung in bestimmtem Bereichen zurückblicken. Diese Spzialiserung findet ihr bei den Betreibern des VC, die zuvor selbst als Unternehmer:innen in einem bestimmten Bereich tätig waren, oder im bisher aufgebauten Portfolio. Gibt es dort bereits Unternhemen im selben Markt, oder mit ähnlichen Herausforderungen? Bei Peak liegt der Fokus bspw. auf Early Stage SaaS-, Marktplatz- und Plattformmodellen. Egal in welchem Bereich ihr euch bewegt – es wird einen VC genau für eure Niesche geben. Findet ihn.

Gründer:innen sei auch empfohlen Investor:innen zu fragen, wie diese ihr Geschäft beurteilen. Was sind Punkte in eurem gepitchten Modell, dass sie auch in anderen Unternehmen in ihrem Portfolio wiederfinden? Werdet konkret, um dieses Fachwissen zu testen und zu erforschen.

Die persönliche Chemie und das Bauchgefühl

Ihr werdet für eine lange Zeit eng mit euren Investor:innen zusammenarbeiten. Stellen also sicher, dass Ihr auf der selben Wellenlänge seid. Selbst wenn die Zahlen, die Strategie, alles wirtschaftliche anscheinend zwischen Investor:in und Gründer:innen zusammenpasst: Wenn das Bauchgefühl sagt, dass die Person gegenüber nicht die richtige ist, dann lasst euch auf dieses Gefühl ein. Fragt euch: Warum?

Investor:innen ist diese Gefühl auch nicht fremd. In solchen Fällen schauen wir auf folgende Fragen:

– Können wir den Gründer:innen wirklich vertrauen?

– Wissen sie, wovon sie da reden?

– Können Sie andere von dieser Idee überzeugen und inspirierend wirken?

– Wollen wir jede Woche ein paar Stunden mit ihnen verbringen?

Geht diesen Fragen auf den Grund. Und denkt immer daran: Wenn es menschlich nicht funkt, dann wird die Zusammenarbeit nicht kreativ, offen und direkt, sondern lediglich anstrengend und blockiert – und das schadet auf kurz oder lang eurem Business und macht Vorstandssitzungen noch langweiliger.

Kultur beim potentiellen VC

So viele Unternehmen es gibt, so viele verschiedene Ansichten gibt es, wie man diese Unternehmen führt und wie unternehmerischer Erfolg aussieht. Ihr müsst nicht zu 100 % mit allen Ansichten eines VCs übereinstimmen (verschiedene Perspektiven und Austausch sind wertvoll). Die Kutur in eurem Startup und bei einem potentiellien VC Investor sollte aber in dieselbe Richtung gehen. Stellt in Gesprächen also die richtigen Fragen zur Kultur und Ausrichtung: Was macht eine gute 5-Jahres Strategie aus? Wie stellt sich der VC erfolgreiches Wachstum vor? Welche Werte und Ziele sind diesem VC wichtig? Hat man dasselbe Verständnis von Erfolg, Entscheidungsfindung, Unternehmensführung und Hierarchie?

Kultur sagt viel über ein Team und ein Unternehmen aus. VCs sind auch Unternehmen – untersucht also deren interne Kultur:

Wie steht es dort um Diversität im Team? Wie wird die interne Entscheidungsfindung gehandhabt (z. B. im Investitionsprozess oder im Investitionsausschuss)? Wird die Eigenverantwortung der eigenen Mitarbeiter gefördert?

Im War for Talent etnscheidet Recruiting über Erfolg und Misserfolg eines Unternehmens

Die Great Resignation ist auch in Deutschland angekommen. Fehlende Bewerber und enormer Druck beim Recruiting betrifft bei weitem nicht mehr nur IT-Fachkräfte. Sucht nach Investor:innen, die sich beim Recruiting für die Portfoliounternehmen einsetzen und über das Wissen und Netzwerk dafür verfügen.

Wir haben gelernt, dass es in der ersten Phase der Investitionen wichtig ist, das Gründungsteam um einige wichtige Mitarbeiter:innen zu erweitern, um das Team zu ergänzen und auf eine Skalierung vorzubereiten. Deshalb sind wir als VC, und auch unsere Partner, in ständigem Gespräch mit großartigen Leuten auf dem Markt, die einen Wechsel in Erwägung ziehen. Darüber hinaus sind wir auch an Gesprächen mit potenziellen Kandidat:innen auf Managementebene beteiligt, um mit unserer Erfahrung und Einschätzung zu unterstützen.

Portfolio Due Diligence – was sagen die anderen Gründer über den VC?

Die Due Diligence, also eine sorgfältige Prüfung, wird eigentlich von einem Käufer bspw. bei einem Unternehmenskauf oder dem Kauf von Unternehmensbeteiligungen veranlasst. Aber wie schon geschildert: Der Markt hat sich geändert und Prozesse drehen sich um. Gründer:innen sollten ebenso einmal eine „softe“ Due-Dilligence Prüfung der Investor:innen machen, die sich um sie bewerben. Was sagen andere Gründer über das Investor-Unternehmen? Wie sieht das Portfolio aus? Wie erfolgreich waren andere Unternehmen aus dem Portfolio? Gab es große Skandale / Umbrüche / Streitigkeiten zwischen dem VC und Gründer:innen in der Vergangenheit? Setzt sich der VC öffentlich für seine Portfolio Unternehmen ein / wirbt dafür / unterstützt wo er kann?

Über die Autorin
Madeline Lawrence ist Head of DACH beim europäischen VC Peak. Vom Berliner Peak Büro aus sucht sie nach großartigen Teams, die Early Stage SaaS-, Marktplatz- und Plattform-Unternehmen aufbauen. Bevor sie zu Peak kam, baute Madeline ASIF Ventures auf, einen First-Check-VC-Fonds für junge Gründer, der von Angeln und Universitäten unterstützt wurde. Ihre VC Karriere startete Madeline bei Rockstart, einem globalen Accelerator und VC-Fonds.

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Foto (oben): Shutterstock