#Interview

“Die Technologie war zu gut, um sie als internes Werkzeug zu behalten”

Tilo hilft Unternehmen bei der Verarbeitung von Daten. Das Gründerteam arbeitete vorher bei Regis, dort wurde das Konzept auch entwickelt. Jetzt steht Tilo auf eigenen Beinen "Wir sind ein richtiges Startup, nur eben auf Basis einer Technologie, die drei Jahre in der Entwicklung war", sagt Gründer Steven Renwick.
“Die Technologie war zu gut, um sie als internes Werkzeug zu behalten”
Montag, 28. Februar 2022VonAlexander Hüsing

Das Berliner Startup Tilo, ein Spin-Off der deutschen Wirtschaftsaufkunftei Regis24, möchte Unternehmen dabei helfen, “Datenpunkte aus verschiedenen Quellen und Formaten zusammenzuführen – Serverless, nahezu in Echtzeit und in immensen Größenordnungen”.  Peak, Tiny.VC, First Momentum Ventures, Enduring Ventures und weitere Angel-Investoren investierten kürzlich 1,2 Millionen Euro in Tilo.

“Tilo wurde erst im November 2021 gegründet, wir haben aber bereits Pilotprojekte mit globalen Konzernen, Unicorns und Scale-Ups gestartet. In einem Jahr haben diese Projekte zu kommerziellen Verträgen und vielen weiteren Partnern geführt und wir sind auf dem besten Weg, unsere nächste Investitionsrunde einzufahren”, sagt Steven Renwick, der das Unternehmen zusammen mit Hendrik Nehnes und Stefan Berkner, die alle vorher im Technologieteam von Regis24 tätig waren, gegründet hat.

Im Interview mit deutsche-startups.de spricht der Tilo-Macher außerdem über Rechtschreibfehler, Beziehungen und Intros.

Wie würdest Du Deiner Großmutter Tilo erklären?
Also, Oma, du hast doch eine Liste von Freunden, mit denen du Bridge spielst, und eine Liste von Freunden, mit denen du in die Kirche gehst, und eine Liste von Freunden, die einmal unhöflich zu dir waren? Stell dir vor, du könntest diese Listen zu einer einzigen zusammenfassen, die du durchsuchen kannst, auch wenn du hier und da Rechtschreibfehler gemacht hast – in etwa das macht TiloRes, allerdings extrem schnell und in riesigem Maßstab – stell dir Millionen von Datenpunkten und eine Verarbeitung in Millisekunden vor.

Welches Problem genau wollt Ihr mit Tilo lösen?
Unternehmen sammeln heute immer mehr Daten, haben aber oft Schwierigkeiten, diese produktiv zu nutzen, weil die Datensätze aus verschiedenen Quellen stammen, in unterschiedlichen, unstrukturierten Formaten vorliegen und sich damit nur schwer vergleichen bzw. zusammenführen lassen. Nehmen wir beispielsweise ein E-Commerce-Unternehmen, das viele verschiedene Kundenkonten in seiner Einkaufsplattform und seiner Marketingsoftware gespeichert hat. Das Unternehmen würde gerne alle Daten über eine Person kennen, sowohl für die Betrugsprävention als auch für das Marketing, aber da die verschiedenen Konten unterschiedliche Schreibweisen des Namens haben können, oder unterschiedliche E-Mail- oder Postadressen verwenden, ist es sehr schwierig, die Daten miteinander zu verknüpfen. TiloRes macht dies möglich – der Datenabgleich wird dabei in Echtzeit durchgeführt, was in der heutigen Online-Welt besonders wichtig ist. Mögliche Einsatzgebiete finden sich in der Betrugserkennung, Know Your Customer-Prüfungen (KYC), Anti-Geldwäsche-Prüfungen (AML), Datensicherheit und -Konformität – etwa GDPR-Datenanforderungen – und sogar Covid-Kontaktverfolgung.

Wie wollt Ihr Geld verdienen, also wie genau funktioniert euer Geschäftsmodell?
Wir berechnen eine Gebühr auf der Grundlage der Datenmenge, die mit TiloRes verarbeitet – abgeglichen – wird. Unsere Technologie funktioniert Serverless, daher müssen keine permanenten Serverkapazitäten gekauft werden, so dass die Kosten sinken, wenn die Nachfrage nach unserem Service geringer ist. Für die Covid-Kontaktverfolgung wollen wir TiloRes Anwendung kostenlos zur Verfügung stellen.

Wie ist die Idee zu Tilo entstanden?
Wir; die Tilo Co-Founder; bildeten vormals das Technologieteam einer deutschen Wirtschaftsauskunftei. Dort stand man vor einer großen Herausforderung: Hunderte Millionen Datensätze mussten zu Dutzenden Millionen einzelner Entitäten verbunden werden, und es gab keine Technologie auf dem Markt, die diese Daten adäquat verarbeiten konnte. Also machten wir uns daran einen völlig neuen Ansatz zu entwickeln, und TiloRes war geboren. Wir waren der Meinung, dass die Technologie zu gut war, um sie als internes Werkzeug in einem Unternehmen zu behalten, also haben wir sie in ein separates Unternehmen – Tilo – ausgegliedert.

Wie viel Startup steckt denn tatsächlich in Tilo, immerhin seid ihr ein Ableger von Regis24?
Wir sind zu 100 % ein richtiges Startup, nur eben auf Basis einer Technologie, die drei Jahre in der Entwicklung war. Regis24 ist ein Minderheitsanteilseigner, darüber hinaus sind sie nicht an Tilo beteiligt. Aber sie sind unser erster Kunde.

Direkt zum Start habt ihr 1,2 Millionen Euro eingesammelt. Wie habt ihr eure Investoren gefunden?
Ein anderer VC, der nicht ganz zu uns passte, hat uns an Peak empfohlen. Wenn ich ehrlich bin, war ich skeptisch, ob ein Intro von einem Fonds, der einen weitergeleitet hat, tatsächlich funktionieren würde, aber in diesem Fall hat es geklappt! Viele VCs sprechen davon, dass sie vor allem auf das Team hinter einer Idee und dem Unternehmen schauen, aber nur bei Peak hatte ich das Gefühl, dass sie das auch wirklich ernst meinen. Gleich beim ersten Treffen haben sie Wert darauf gelegt herauszufinden, ob wir zueinander passen und wie wir die Stärken und Schwächen des jeweils anderen wahrnehmen. Wir haben uns für Peak entschieden, weil wir das Gefühl hatten, dass wir mit ihnen eine auf Vertrauen und gegenseitigem Respekt basierende Beziehung aufbauen können. Sie haben uns während der Verhandlungsgespräche sehr unterstützt und uns bei der Festlegung unserer Go-to-Market-Strategie enorm geholfen.

Wo steht Tilo in einem Jahr?
Tilo wurde erst im November 2021 gegründet, wir haben aber bereits Pilotprojekte mit globalen Konzernen, Unicorns und Scale-Ups gestartet. In einem Jahr haben diese Projekte zu kommerziellen Verträgen und vielen weiteren Partnern geführt und wir sind auf dem besten Weg, unsere nächste Investitionsrunde einzufahren.

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Foto (oben): azrael74

Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.