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Schere, Stein, Papier – dieses Modell hilft Gründer:innen, auf die richtigen Märkte zu setzen

Schere, Stein, Papier. Was wie ein Kinderspiel klingt, bezeichnet das Entscheidungsmodell von Phil Libin, der unter anderem das Startup mmhmm aus der Taufe gehoben hat und seit Jahren erfolgreich mit diesem Ansatz arbeitet.
Schere, Stein, Papier – dieses Modell hilft Gründer:innen, auf die richtigen Märkte zu setzen
Freitag, 18. Juni 2021VonTeam

Die Pandemie bringt nur Nachteile mit sich: Wir können unsere Geschäftspartner:innen und Freund:innen nicht treffen. Am Markt geht derzeit auch nichts voran. So eine weitverbreitete Einstellung. Diese Annahme ist jedoch weit gefehlt! Klammheimlich entwickelt sich Videotelefonie gerade zum Multi-Billionen-Dollar-Markt. Doch wie wissen Gründer:innen, wie sie smarte Entscheidungen treffen und auf welche Märkte sie setzen sollten? Die Antwort: durch Schere, Stein, Papier. Was wie ein Kinderspiel klingt, bezeichnet das Entscheidungsmodell von Phil Libin, der unter anderem das Start-up mmhmm aus der Taufe gehoben hat und seit Jahren erfolgreich mit diesem Ansatz arbeitet.

Der Dotcom-Boom für Videotelefonie – Keimzelle für Unternehmen

Ein kurzer Zeitsprung bringt uns zurück ins Jahr 2019: Insgesamt unternahmen Mitarbeiter:innen deutscher Unternehmen rund 195 Millionen Geschäftsreisen. Diese verursachten Kosten von etwa 55,3 Milliarden Euro. Videocalls? In vielen Unternehmen undenkbar. Angesagt war die Präsenzkultur. Im Privatleben hätte jede:r, die:der den Vorschlag macht, über den Rechner zu telefonieren, statt sich persönlich zu treffen, wenn man in der gleichen Stadt wohnt, nur erstauntes Kopfschütteln geerntet. Heute dagegen sind Videoanrufe so in unser Leben verwoben, dass wir sie gar nicht mehr wegdenken können. Sie sind gekommen, um zu bleiben und bieten jetzt schon unzähligen Unternehmen eine Geschäftsgrundlage – zusammengenommen bildet das den neuen Dotcom-Boom für Videotelefonie.

Während die weltweite Umstellung auf Internetgeschäfte im Dotcom-Boom der 90er-Jahre jedoch noch mehr als zehn Jahre in Anspruch nahm, hat die Pandemie den Wandel jetzt schon stark beschleunigt: Es ist von einer Transformation von rund zwei Jahren auszugehen, von der schon etwa ein Jahr hinter uns liegt.

Was Gründer:innen aus den Fehlern des Dotcom-Booms der 90er-Jahre lernen können

Am Anfang des Internets waren viele Geschäftsleute der Meinung, dass vielleicht zwei, höchstens aber zehn Prozent der Unternehmen online gehen würden. Heute wissen wir: es haben nahezu alle Firmen ein Webangebot. Ab Mitte der 90er-Jahre wurden viele Dotcom-Unternehmen gegründet, gerade alteingesessene Branchen verkannten jedoch die Entwicklung. Eines der bekanntesten Beispiele ist wahrscheinlich die Videoverleih-Branche. Als die Konkurrenz von Streaming-Diensten zunahm, gingen auch die großen Ketten pleite. Dazu gehörte zum Beispiel Blockbuster-Video. Das Unternehmen besaß weltweit mehr als 5.000 Filialen. Schnelle und innovative Angreifer, wie Netflix, die voll auf die neue Streaming-Technologie setzten, wuchsen jedoch mit schwindelerregender Geschwindigkeit. Doch auch in Deutschland machte die Pleitewelle nicht halt: Gab es im Jahr 2010 noch etwa 3.000 Videotheken, sind es heute noch 345.

Geschäftschancen richtig nutzen mit Schere, Stein und Papier

Wie lassen sich Chancen nutzen, die durch neue Technologien, wie die Videotelefonie, entstehen? Um Geschäftsmodelle zu entwickeln, greift Phil auf ein simples, aber cleveres Erklärungsmodell zurück. Für ihn gibt es Unternehmen, die sind Scheren, es gibt Steine und es gibt Papier. Scheren sind die schnellen Angreifer in der Frühphase einer Gründung. Darunter könnte man zum Beispiel wonder, eine Plattform für Online-Events, zählen. Steine sind Start-ups, die eines oder mehrere Produkte erfolgreich vermarktet haben. Sie sind bereits gewachsen und besitzen Wo:manpower und Kapital. Papier, das sind Großunternehmen. Scheren, die in einen neuen Markt eindringen wollen, sollten Papier nicht fürchten. Etablierte Großunternehmen können zwar mit Anwälten drohen und haben viel Personal, aber sie sind zu langsam, um mit Start-ups in der Frühphase mitzuhalten. Andere Scheren sind ebenfalls keine Gefahr, denn es wird bei jeder Entwicklung und jedem Markttrend mehrere Gewinner geben. Das bedeutet: jedes gute Start-up, das mit seinem Produkt den richtigen Zeitpunkt erwischt, kann zum Stein werden. Geschäftsfelder, in denen sich Steine tummeln, sollten Scheren jedoch meiden. Steine sind immer noch schnell genug, um Ideen von Scheren zu adaptieren, haben aber die Ressourcen, um diese mit Gewalt in den Markt zu drücken. Sehr vielversprechend für junge Start-ups sind dagegen Absatzgebiete, in denen es zehn, zwanzig Jahre keine nennenswerten Innovationen gab. Hier drängen sich insbesondere die Papier-Unternehmen.

Die Hybridisierung der Welt

Der Schub in der Videotelefonie hat noch eine andere Komponente: Wir bei mmhmm gehen davon aus, dass sich unsere gesamte Welt zu einer hybriden Variante des uns bekannten Umfelds weiterentwickeln wird. Videoanrufe werden in alles, was wir derzeit tun, verwoben sein. Arztbesuche, Unterricht, die Beratung durch kleine Geschäfte oder Outdoor-Sporttraining – all das wird es auch über Video geben. Der Grund dafür ist, dass die Gewohnheiten im Lockdown die Einstellung der Menschen gegenüber der Digitalisierung ändern. Doch obwohl die Transformation schon im vollen Gange ist, bietet die Hybridisierung jede Menge Möglichkeiten, sich innovative Geschäftsideen zu überlegen.

Fazit

  • Geschäftsmöglichkeiten für Neugründungen finden sich oft in Branchen, in denen es zehn bis 20 Jahre keine nennenswerten Weiterentwicklungen gab.
  • Early-Stage-Start-ups (Scheren) sollten sich vor Steinen in Acht nehmen (bereits im Markt erfolgreiche Start-ups). Andere Scheren oder Papier (Großunternehmen) stellen keine Gefahr für sie dar.
  • Die Coronapandemie befeuert derzeit die Videotelefonie. Diese Transformation hat eine noch nie dagewesene Geschwindigkeit.
  • Dadurch entsteht eine hybride Welt, die viele Geschäftschancen für innovative Köpfe bietet. mmhmm geht von insgesamt zwei Jahren Transformationszeit aus, von denen schon etwa ein Jahr hinter uns liegt.

Über die Autorin
Rosie Cogill ist General Manager für EMEA bei mmhmm. Sie arbeitet seit mehr als neun Jahren mit dem erfolgreichen Gründer, Phil Libin, zusammen, unter anderem bei All Turtles. Am bekanntesten sind wahrscheinlich Phils Erfolge als Co-Gründer und CEO von Evernote. Sie weiß ganz genau, wie er Chancen, wie den Videoboom, nutzt, und gibt seine Tipps gerne weiter. Die Video-App mmhmm bietet zahlreiche Funktionen, die Videotelefonate besser werden lassen und die einfach Spaß machen.

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Foto (oben): Shutterstock