Boom der Öko-Start-ups: Die grüne Welle rollt und rollt und rollt

Längst ist der Wunsch nach ökologisch und sozial vertretbarem Konsum kein Thema der links geprägten Jugendkultur mehr sondern zieht sich durch alle Gesellschaftsschichten. Auch in der Start-up-Szene bereichern immer mehr “grüne” Ideen den […]
Boom der Öko-Start-ups: Die grüne Welle rollt und rollt und rollt
Donnerstag, 3. März 2011VonYvonne Ortmann

Längst ist der Wunsch nach ökologisch und sozial vertretbarem Konsum kein Thema der links geprägten Jugendkultur mehr sondern zieht sich durch alle Gesellschaftsschichten. Auch in der Start-up-Szene bereichern immer mehr “grüne” Ideen den Markt – und könnten an der einen oder anderen Stelle noch für mehr Vorläufertum sorgen! Verschiedene Bereiche werden bereits kreativ bedient, anderen nehmen gerade Fahrt auf und so manch ein Thema ist noch außen vor. Bei allen Ansätzen geht es dabei immer auch um die Frage: Wie wird das Thema sein Strickpulli-Image los und ermöglicht über moderne Adaptionen den Schritt hin zu “Otto-Normalverbaucher”?

Mit Traverdo (www.traverdo.de) hat der Ökoboom endlich einen längst überfälligen Bereich eingenommen: Reisen. Zwar gibt es grüne Reiseanbieter schon seit Längerem. Die Plattform von Holger Haberstock, Jochen Zimmermann und Lucas von Fürstenberg bündelt nun aber die wichtigsten Anbieter und gibt dem Thema einen frischen, modernen Anstrich. Traverdo vereint den Wunsch nach besonderen, individuellen Urlauben mit Kriterien der Nachhaltigkeit/Ökologie. Zum Programm gehören zum Beispiel Fernreisen mit Ayurveda- oder Kampfkunstaktivitäten, “Kulturreisen nach Maß” und Extremsport-Urlaube. Was genau an den jeweiligen Reisen nachhaltig ist, ist von Anbieter zu Anbieter beziehungsweise von Siegel zu Siegel unterschiedlich. Jedoch entsprechen alle Kriterien der Siegel und Öko- Awards dem Standard der Globalen Kriterien für nachhaltigen Tourismus (GSTC). Dabei geht es um die Reduzierung negativer Auswirkungen auf die Umwelt, Bewahrung des kulturellen Erbes, die Vergrößerung des Nutzens für die lokale Bevölkerung und weitere Aspekte der Nachhaltigkeit. Damit fällt eine der letzten Bastionen des “Hauptsache-billig-Denkens”. Schon über 160 Anbieter verkaufen ihre Reisen über das Portal – ein gutes Zeichen.

Grüne Wunschprodukte

Einen grünen Meilenstein hat auch Avocado Store (www.avocadostore.de) gesetzt, der Marktplatz für ökologisch und fair gehandelte Produkte. Im Internet gibt es für praktisch alles Marktplätze: Autos, Selbstgebasteltes, Vermietungen. Und nun endlich auch für grüne Produkte. Die beiden Gründer Philipp Gloeckler und Stephan Uhrenbacher wollen Kunden ermöglichen, ihre grünen Wunschprodukte auf kürzestem Weg zu finden und Preise bequem zu vergleichen. Damit liegt der Nutzen vor allem in der Bündelung sämtlicher Ökokategorien und -produkten. Gerade in Bereichen wie Wohnen und Büro ist es bisher äußerst mühsam, schicke Produktalternativen zu finden. Denselben Ansatz fährt auch das schon länger existierende Portal Utopia (www.utopia.de), gegründet von Claudia Langer. Ob Wohnaccessoires, Fernseher oder Haustierzubehör: Im Produktguide finden Nutzer zu sämtlichen Kategorien ökologische und/oder nachhaltige Varianten, die in vielen Fällen von Mitgliedern getestet und bewertet werden. Darüber hinaus hat die Plattform einen ausführlichen und interessanten Magazin- und Ratgeberbereich, in dem es viele Anregungen zum nachhaltigen Lebensstil gibt.

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Beim Thema Mode sind viele noch gespalten: Ist Öko-Mode verstaubt und zu teuer? Zumindest das erste Argument setzen verschiedene neue Anbieter außer Kraft. Modeaffaire (www.modeaffaire.de) beispielsweise bietet jungen Labels, deren Artikel es mit jeder Szene-Boutique aufnehmen können, eine Verkaufsplattform für ihre fair gehandelten Bio-Modeprodukte. Das Ziel der Gründerinnen Katharina Höfling und Sabine Segerer: Zeigen, dass Kleidung sowohl zum Menschen als auch zur Natur fair sein und trotzdem richtig toll aussehen kann. In der Ratgeberrubrik erfahren interessierte Nutzer außerdem Hintergründe zu aktuellen Studien, Untersuchungen und Siegel-Erklärungen. Da Menschen vor allem bei ihrem Nachwuchs auf giftstofffreie Kleidung Wert legen, konzentrieren sich Anbieter wie Green Avenue (www.green-avenue.com) und LiebKind (www.lieb-kind.de) ganz auf den Kindermodebereich. Neben Babymode und Spielsachen verkauft die “grüne Straße” mittlerweile auch Kindermöbel, Kuscheltiere, Kinder-Bettwäsche und andere Accessoires. LiebKind führt zusätzlich Naturkosmetik und fair gehandelte Geschenke zur Geburt. Auch die Plattform bransparent (www.bransparent.com) bündelt Angebote grüner Labels und bietet zusätzliche Informationen.

Schnell zugreifen, bevor die begrenzte Stückzahl verkauft ist

Dass der Groupon-Hype auch den Ökomarkt erreichen würde, war zum Glück nur eine Frage der Zeit. Dies ist nun geschehen: Gero Gode hat mit Biodeals (www.biodeals.de) ein Deal-Konzept für Bio- und Fairtrade-Produkte entwickelt und hofft, dass die Plattform zur größten Bio-Bewegung im aufstrebenden Biomarkt Deutschlands wird. Ob Bio-Produkte, Naturkosmetik oder ökologische Kinderkleidung: Jeden Tag erfreut ein anderer Tagesdeal verantwortungsbewusste Käufer. Neu bei Biodeals ist der Marktplatz. In eine ähnliche Richtung wie Biodeals, wenn auch mit gänzlich anderen Produkten, geht jumpeco (www.jumpeco.de), ein Anbieter für Cleantech Deals. Hier gibt es stetig wechselnde Gutschein-Verkaufsaktionen zu den Themen Elektromobilität, moderne Infrastruktur, erneuerbare Energien und mehr. Gründer Robin Weiße will Anbietern eine Bühne bieten, auf der ihre innovativen ökologischen Produkte und Dienstleistungen von Endkunden besser wahrgenommen werden. Auch das etwas außer Mode gekommene Segment Live-Shopping hat die grüne Welle erreicht. Bei EinfachNachhaltig (www.einfachnachhaltig.com) präsentiert Gründer Wolfram Latschar jede Woche ein Thema und stellt ausgewählte Hersteller und ihre Produkte vor. Dann heißt es: schnell zugreifen, bevor die begrenzte Stückzahl verkauft ist.

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Beim Thema Öko-Startups kommt man unweigerlich auf das Thema Kaffee, denn dieses Segment scheint bisher am stärksten bedient zu werden. Ständig erblicken leicht abgewandelte Konzepte das Licht der Welt. So treten neben Aspekte der Ökologie und Nachhaltigkeit immer mehr die Verantwortung für das Kaffee-Herkunftsland hinzu. Der neueste Anbieter coffeecircle (www.coffeecircle.com) betreibt beispielsweise Aufbauhilfe in Äthiopien, wo es seine schwarzen Bohnen herbezieht; es soll ein Kreislauf entstehen zwischen den westlichen Konsumenten und den Einwohnern in den ärmeren Herkunftsländern. Auch Kaffee-Startups wie Sonntagmorgen.com (www.sonntagmorgen.com), mybeans (www.mybeans.com) und happy coffee (www.happycoffee.org) verschreiben sich dem Thema Nachhaltigkeit. Mit der Black Pirate Coffee Crew (www.bpcc.de) gibt es sogar schon einen Kaffee-Shoppingclub, der seinen Mitgliedern Bio-Kaffee aus kleinen Röstereien anbietet. Kaffee ist eben der Deutschen wichtigstes Getränk.

Dies führt aber unweigerlich zu der Frage, was mit all den anderen Produkten ist, die wir tagtäglich flüssig oder fest zu uns nehmen. Zwar gibt es bereits Online-Shops, die gezielt Biowein, Biobier und anderes verkaufen. Doch werden diese Artikel noch längst nicht so offensiv und kreativ in Szene gesetzt wie Ökokaffee. Bleibt das wachsende Bewusstsein – zumindest in der Startup-Szene – beim schwarzen Gebräu stehen? Das Thema Möbel ist ebenfalls noch sehr unterbelichtet. Auch hier gibt es schon Anbieter; InteriorPark (www.interiorpark.com) beispielsweise vertreibt stylische Inneneinrichtungsgegenstände sowie Materialien für die Wand- und Bodengestaltung, die Aspekte der Ökologie und Nachhaltigkeit berücksichtigen. Für den schnellen Überblick stattet das Stuttgarter Start-up alle Produkte mit eigens entwickelten Öko-Icons aus. Insgesamt tut sich in diesem Bereich aber noch wenig. Hochpreisige und logistikintensive Produkte schrecken wohl erst einmal ab. Dabei kann das Konzept durchaus funktionieren, wie auch das Berliner Möbel-Startup fashion4home (www.fashion4home.de) beweist.

Welche weiteren interessanten Öko-Start-ups gibt es bereits, wo besteht noch Bedarf? Hinweise und Vorschläge bitte in den Kommentaren hinterlassen!

Foto: Dieter Schütz / pixelio.de

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Yvonne Ortmann

Seit Mai 2009 schreibt Yvonne für deutsche-startups.de Gründerportraits, Start-up-Geschichten und mehr – ihre besondere Begeisterung gilt Geschäftsideen mit gesellschaftlich-sozialer Relevanz. Sie tummelt sich auch im Ausland – immer auf der Suche nach spannenden Gründerpersönlichkeiten und Geschäftsideen.