Von Team
Freitag, 15. September 2017

“Verwechsle Startup-Kultur nicht mit Tischtennisplatten”

"Wir bewegen uns in einer sehr vernetzten Branche mit einer Lösung, die vor allem für Großkunden interessant ist und das Kerngeschäft unserer Kunden tangiert. Daher ist Content Marketing mit eigenen Inhalten für uns wichtig, um unsere Botschaft im Markt zu platzieren", sagt Marc Beermann, Mitgründer von Allthings.

Jeden Freitag beantwortet ein Gründer oder eine Gründerin unseren standardisierten Fragebogen. Der Fragenkatalog lebt von der Vergleichbarkeit der unterschiedlichen Fragen, die alle Gründerinnen und Gründer beantworten müssen – diesmal antwortet Marc Beermann, Mitgründer und Chief Operating Officer (COO) von Allthings. Auf der Plattform können Mieter mit ihren Vermietern kommunizieren, Services rund um ihre Wohnung finden und sich mit Nachbarn austauschen.

Was bedeutet es Ihnen, Ihr eigener Chef zu sein?  
Es gibt keine bessere Aufgabe als ein eigenes Unternehmen aufzubauen. Ich habe bei vielen Unternehmen Einblicke gehabt – als Strategieberater, als Private Equity Investor und als Unternehmer in Tech-Startups, von groß bis klein. Dabei habe ich jedes Mal gelernt, was ich selbst gleich oder anders und hoffentlich besser machen würde. In seinem eigenen Unternehmen hat man die Freiheit das eins-zu-eins umzusetzen.

Bei welcher Gelegenheit kam Ihnen die Idee zu Ihrem Start-up?  
Die Idee hatte Stefan Zanetti, der ursprünglichste der vier Gründer, bei einem Kindergartenfest. Dort kam die Frage auf, ob unsere IoT-Plattform, die ursprünglich Objekte wie Fahrräder oder Brillen digital mit Informationen und Services ausstattete, auch für Immobilien eingesetzt werden könne. Kurz darauf rüsteten wir gemeinsam mit dem Immobilienentwickler Losinger Marazzi das erste Quartier in Basel mit einer Service-App aus, über die Mieter ihr Leben zu Hause organisieren können. Im Anschluss erhielten wir so viel Nachfrage, dass wir alle restlichen Entwicklungen einstellten und uns seitdem voll und ganz auf die Immobilien-Service-Plattform konzentrieren.

Woher stammte das Kapital für Ihr Unternehmen?  
Sowohl von den Gründern und Mitarbeitern als auch von den Investoren. Wir haben insbesondere erfahrene Branchenexperten angesprochen, die uns die Türen in die recht vernetzte Immobilienwelt öffnen können. Das hat sich ausgezahlt. Heute zählen eine ganze Reihe ehemaliger und aktueller CEOs der größten Immobilien Asset Managers der Welt zu unseren Investoren, außerdem mit Creathor Venture ein erfahrener VC.

Was waren bei der Gründung Ihres Start-ups die größten Stolpersteine?  
Die Immobilienbranche ist die Geschwindigkeit der digitalen Welt nicht so gewohnt. Daher hat es am Anfang eher länger gedauert, bis wir sie von unserem Modell überzeugt hatten und Verträge mit Kunden unterschrieben wurden.

Was würden Sie rückblickend in der Gründungsphase anders machen?  
Wir haben bisher einiges richtig gemacht. Das ist der Vorteil, wenn man als Gründerteam bereits recht viel Erfahrung mitbringt – sowohl aus Startups als auch aus etablierten und professionell geführten Unternehmen. Unsere Mitarbeiter reflektieren uns, dass sie stets das Gefühl haben, wir wissen was wir tun. Wir sind entscheidungs- und umsetzungsfreudig und verlieren nie unsere Bodenhaftung.

Jedes Start-up muss bekannt werden. Welche Marketingspielart ist für Sie besonders wichtig?
Wir bewegen uns in einer sehr vernetzten Branche mit einer Lösung, die vor allem für Großkunden interessant ist und das Kerngeschäft unserer Kunden tangiert. Daher ist Content Marketing mit eigenen Inhalten für uns wichtig, um unsere Botschaft im Markt zu platzieren. Genauso wie Bühnen, auf denen wir unsere Vision für die Immobilienbranche – verknüpft mit ganz konkreten Anwendungsbeispielen – vermitteln können.

Welche Person hat Sie bei der Gründung besonders unterstützt?
Wir haben eine ganze Reihe von Investoren, die uns super unterstützen mit ihrem Netzwerk. Der größte Glücksfall war aber direkt am Anfang mit Losinger Marazzi einen Kunden zu finden, der an die Lösung geglaubt und diese umgesetzt hat. Nur weil das erste Projekt so erfolgreich war und in der Branche wahrgenommen wurde, haben wir uns erfolgreich etablieren können.

Welchen Tipp geben Sie anderen Gründern mit auf den Weg?
Behandle Deine Mitarbeiter wie Erwachsene. Verwechsle Startup-Kultur nicht mit Tischtennisplatten, Free-Lunches und Hoodies. Für uns bedeutet Startup-Kultur eine gemeinsame, herausfordernde Mission zu teilen und wir halten es mit Peter Drucker: Culture eats strategy for breakfast.

Sie treffen die Bundeswirtschaftsministerin – was würden Sie sich für den Gründungsstandort Deutschland von ihr wünschen?  
Da wir ein deutsch-schweizerisches Unternehmen sind, sehen wir bei beiden Systemen die Unterschiede. Der Bundeswirtschaftsministerin würde ich gerne zeigen, wie einfach Gründung und Wachstum von Start-ups administrativ in der Schweiz ist. In Deutschland wird vieles richtiggemacht, aber die Regulierungsdichte ist hoch – wir staunen immer wieder, wofür es in Deutschland Gesetze gibt und welche auch schon für uns als junges Unternehmen gelten.

Was würden Sie beruflich machen, wenn Sie kein Start-up gegründet hätten?  
Ich wäre Kapitän eines Forschungsschiffs. Wer weiß, das könnte ja noch werden.

Bei welchem deutschen Start-up würden Sie gerne mal Mäuschen spielen?
Es wäre ein US-Startup, namentlich VTS, um zu sehen, wie sie ihre Lösung weiterentwickeln und an die großen Immobilien Asset Manager vertreiben.

Sie dürften eine Zeitreise unternehmen: In welche Epoche reisen Sie?  
In prähistorische Zeiten. In die Zeit, als es den Menschen noch nicht gab.

Sie haben eine Million Euro zur persönlichen Verfügung: Was machen Sie mit dem ganzen Geld?
Einen Teil würde ich für gemeinnützige Zwecke zur Verfügung stellen. Den Rest verwende ich, um mit meiner Familie um die Welt zu segeln.

Wie verbringen Sie einen schönen Sonntag?  
Auf einem Segelboot. Entweder auf einer Regatta, oder mit der Familie und Freunden auf dem Zürichsee.

Mit wem würden Sie sich gerne einmal auf einen Kaffee oder ein Bier verabreden?
Mit Jeff Bezos. Um mit ihm zu besprechen, wie man ein globales Plattform-Business aufbaut.

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