Von Elke Fleing
Donnerstag, 26. April 2012

Der Kuratierungs-Dienst der Wahl: Pinterest oder Scoop.it?

Spätestens seit dem unglaublichen Hype von Pinterest (www.pinterest.com) sind Curation-Tools in aller Munde, fast monatlich gibt es neue Start-ups in diesem Segment. Dabei gibt es sie – oder ihre Vorläufer wie Posterous oder Amplify – schon recht lange. Storify startete nahezu zeitgleich mit Pinterest 2010, Netvibes sogar schon 2005. Aber erst seit dem Boom des visuellen Curation-Dienstes Pinterest ist Kuratierung urplötzlich mitten im Mainstream angekommen. Aber ist Pinterest auch der beste Curation-Service? Für Business-Zwecke eindeutig: Nein!

Die aktuellen Zahlen von Pinterest sind wahrlich beeindruckend: Ende Februar schrieb Holger Schmidt im “Focus-Online”-Artikel Social Media: Pinterest wächst in Deutschland um 288 Prozent: “Das Foto-Netzwerk Pinterest ist nun auch in Deutschland angekommen. Die Zahl der Besucher ist gegenüber Januar um 288 Prozent auf 268.000 gestiegen, hat comScore gemessen. Noch im vergangenen Mai war Pinterest in Deutschland nahezu unbekannt, als gerade einmal 2000 Menschen in Deutschland die Seite besuchten. Ähnlich dynamisch ist das Wachstum in Amerika. Dort ist die Besucherzahl im Februar um 6 Millionen auf 17,8 Millionen geklettert.”

Wer sich übrigens für eine genauere Analyse von Pinterest interessiert, dem sei das sehr gute 31-seitige Whitepaper Pinterest – A Review of Social Media’s Newest Sweetheart von enauge empfohlen.

Natürlich gibt es nicht nur Pinterest zum Kuratieren von Inhalten aus dem Web.

Hier sind einige kommentierte Übersichten zu solchen Content Curation Services:

30+ Cool Content Curation Tools for Personal & Professional Use. Da sind allerdings auch diverse Social Bookmark-Dienste wie das ausgezeichte Diigo dabei, nicht nur echte Curation-Tools.

The 50+ Best Ways to Curate and Share Your Favorite Social Media and News Content Hier sind die verschiedenen Tools übersichtlich in Rubriken sortiert.

Praxis: Die neuen Kuratier-Tools

Pinterest Alternativen – Digitale Pinnwände im Vergleich

Pinterest vs. Scoop.it

Für Business-Zwecke ist zum Kuratieren Scoop.it (www.scoop.it) mein absoluter Favorit, nicht Pinterest. Schon allein deswegen, weil man bei Pinterest eben nur Bilder und Videos, nicht aber Texte kuratieren kann.

Aber das ist noch längst nicht der einzige Vorteil, der Scoop.it bietet. Hier einmal die Vorteile beider Dienste einander gegenübergestellt:

Vorteile Scoop.it

  • Der wichtigste Vorteil für die geschäftliche Nutzung: Man kann eben nicht nur Bilder und Videos pinnen, hier ‘scoopen’ genannt, sondern auch Texte oder markierte Textpassagen.
  • Bei Scoop.it kann man auch die ganze Boards von Pinterest-Usern scoopen. Umgekehrt funktioniert das nicht.
  • Jeden einzelnen Scoop kann man mit Tags verschlagworten, so lässt sich jeder Beitrag leichter wiederfinden.
  • Während man sich bei Pinterest nur mittels Twitter oder Facebook erstanmelden kann, geht das bei Scoop.it auch dann, wenn man auf keinem der beiden Dienste einen Account hat – oder diese einfach nicht direkt mit Scoop.it verknüpfen will.
  • Wie bei Pinterest kann man mit Scoop.it Pins/Scoops auf Twitter und Facebook teilen. Während man bei Pinterest aber bei jedem neuen Pin dazu aufgefordert wird und diese Option jedes Mal aktiv wegklicken muss, was nervig sein kann, wenn man einen Pin/Scoop nur ausnahmsweise dort teilen will, wählt man bei Scoop.it das Sharing aktiv an. Im Gegensatz zu Pinterest kann man auch ganze Boards über Twitter und Facebook teilen.
  • Und man kann einzelne Scoops in mehr sozialen Netzwerken teilen als bei Pinterest: Twitter, Facebook, Google+, Pinterest (!), Tumbl, Facebook-Page, LinkedIn.
  • Jedes Board, das man interessant findet, kann man auch im Feedreader lesen, also via RSS abonnieren. Das ist viel praktischer, als jedes Mal zu Scoop,it wechseln zu müssen, um Aktualisierungen der abonnierten Boards zu finden.
  • Wenn die eigene Website mittels WordPress aufgesetzt wurde, kann man einzelne Scoops dort auch einbinden. Bei Websites mit anderen Systemen geht das erst mit dem kostenpflichtigen Business-Modell.
  • Wenn man den ProAccount für 12,99 US$ pro Monat oder den – mit 79 US$ pro Monat – allerdings ziemlich teuren Business-Account bucht, bekommt man ein sehr gutes Scoop.it eigenes Analyse-Tool zur Verfügung gestellt, um den Account zu tracken und optimieren zu können. Analyse-Tools bietet Pinterest nicht.

Vorteile Pinterest

  • Die Hype-Plattform unter den Curation-Tools schlechthin; das heißt viele, viele Nutzer, entsprechend viel Content und viele User, deren Content man abonnieren kann.
  • Während bei scoop.it nur 5 Boards in der kostenlosen Version zur Verfügung stehen, kann ich bei Pinterest beliebig viele Boards einrichten und mit Pins befüllen. (Anm. d. Verf.: Ich hab gründlich recherchiert und nirgends eine Maximum-Zahl möglicher Boards gefunden. Gibt es eine?)
  • Einzelne Pins – leider kein ganzes Board – können auf der eigenen Website – auch wenn sie nicht mittels WordPress läuft – per Embed-Code eingebettet werden.
  • Pinterest ist grundsätzlich gratis – bei Scoop.it kann man manche Funktionen – zum Beispiel das kollaborative Befüllen eines Boards – erst nutzen, wenn man den kostenpflichtigen Pro- oder Business-Account bucht.

Für beide Dienste gilt:

  • Videos kann man bei beiden Services sowohl von YoutTube als auch von Vimeo kuratieren.
  • Die Suchfunktionen sind ebenfalls bei beiden ausbaufähig: Wünschenswert wäre eine lokalisierte Suchmöglichkeit – also zum Beispiel: Zeige mir nur Ergebnisse von Pinnern/Scoopern aus Deutschland – und verschiedene Sortierungen: Nach Followern, nach Score (bei Scoop.it), nach Tags (bei Pinterst ist Taggen leider nicht mal möglich) etc.

Fazit:

Eindeutig bietet Scoop.it mehr und bessere Optionen zum Kuratieren als Pinterest, ist für Business-Zwecke eindeutig besser geeignet. Und die Performance lässt sich analysieren – es ist das viel ausgereiftere und vielseitigere Tool.

Aber: Unter dem Aspekt der Reichweite ist Pinterest – jedenfalls momentan – absolut unschlagbar. Wer also – auch zu geschäftlichen Zwecken – einen Kuratierungdienst nutzen will, um Backlinks zu generieren und ein großes Netzwerk aufzubauen, kommt um Pinterest nicht herum.

Das sehen inzwischen auch viele deutsche Marken so. Die Webathleten haben eine schöne Übersicht deutscher Unternehmen bei Pinterest begonnen und sie inzwischen um viele mehr ergänzt: Deutsche Unternehmen auf Pinterest: 20 Beispiele

Ist das Kuratieren von Bildern und Videos eigentlich erlaubt?

Gleichgültig auf welcher Kuratierungs-Plattform man Inhalte sammelt: Man bewegt sich immer in einer rechtlichen Grauzone. Medienanwalt Thomas Schwenke erklärt das ausgezeichnet in seinem Blog-Artikel Pinterest und die rechtlichen Grenzen beim Teilen und Verlinken.

Auch Leander Wattig hat zu diesem Thema einen guten Artikel geschrieben und schildert auch, welche Lösung er wählt, um die rechtliche Grauzone des Kuratierens zu weißeln: Probleme beim Umgang mit dem Urheberrecht am Beispiel der Web-Plattform Pinterest.

P.S. Apropos Thomas Schwenke: Wir dürfen hier zwei Exemplare seines frisch geschlüpften und wirklich exzellenten Buchs Social Media Marketing & Recht verlosen.

Dieser Titel hat absolut das Zeug, zum Standardwerk rund um juristische Fragestellungen im Zusammenhang mit dem Social Web zu werden. Knackig und für jedermann verständlich geschrieben, lässt es kaum rechtliche Fragen rund um Internet und Social Web offen – deckt also viel mehr Themen ab als sein Titel verspricht.

Wer es nicht sowieso schon hat, sollte also hier unbedingt sein Glück versuchen und in einem Kommentar bis einschließlich 6. Mai sein Interesse an dem Buch signalisieren. Die beiden Gewinner werden wie immer per Los ermittelt und bekommen den Titel dann direkt vom Verlag zugesandt.

Artikel zum Thema
* 10 grandiose Anlaufstellen für Infografiken bei Pinterest