Von Elke Fleing
Mittwoch, 13. August 2014

Pitch-Boosting: Jeder Pitch muss einzigartig sein

Pitches sind für Start-ups enorm wichtig. Diese Serie soll helfen, Start-up-Pitches in die erste Liga zu hieven und der Herausforderung, 'Wow'-Pitches abzuliefern, lächelnd zu begegnen. Welche Nutzen Start-ups aus Pitches ziehen und Grundsätzliches zu Pitch Decks sind heute die Themen.

Welche Anlässe für Pitches gibt es?

Das Wort ‘Pitch’ bedeutet ‘Verkaufsgespräch’ oder ‘Wettbewerbs-Präsentation’ zum Beispiel um einen Werbeetat oder um einen ausgelobten Preis. Entsprechend gibt es unterschiedliche Anlässe für Start-ups zum Pitchen.

Da sind die Investorenrunden, in denen Start-ups darum kämpfen, Geldgeber von den extrem guten Erfolgsaussichten ihres Unternehmens zu überzeugen, damit diese in das Start-up investieren.

Dann gibt es die Präsentationen, um Kunden zu gewinnen. Die sind besonders für Start-ups im B2B-Sektor wichtig oder für Produkte im hochpreisigen B2C-Segment, wo es sich lohnt, um jeden einzelnen Kunden individuell zu werben.

Und dann sind da die verschiedenen Awards und Pitches um Fördergelder, bei denen es vordergründig darum geht, die Preise bzw. Fördergelder zu gewinnen, indem man eine Jury überzeugt und sich gegen andere Start-ups behauptet.

Es macht aber sogar Sinn, auf Networking-Events zu pitchen, bei denen es vordergründig gar nichts zu gewinnen gibt. Denn die Nutzen von Pitches für ein Start-up sind mannigfaltig:

Stärken und Schwächen des eigenen Start-ups realisieren und formulieren
Eine der größten Herausforderungen beim Entwickeln eines Pitch Decks ist auch gleichzeitig eine Riesen-Chance für jedes Start-up:

Weil man in einem Pitch extrem auf den Punkt kommen muss, viel Gefasel auf knackige, treffende Kürzest-Sätze eindampfen muss, muss man gedanklich sehr tief und mit einer gesunden Distanz zum eigenen Produkt in das eigene Produkt einsteigen.

So ist die Entwicklung eines Pitch Decks gleichzeitig ein fantastischer Workshop in Sachen Positionierung und externer Unternehmenskommunikation.

In den Fokus der Medien rücken
Teilnahme und natürlich erst recht Nominierungen oder gar Siege bei öffentlichen Pitches finden natürlich auch immer Eingang in Pressemitteilungen, Blogposts und sonstige Medienbeiträge. So werden Journalisten auch ohne aktive Recherche oder das direkte Zutun des Start-ups selbst darauf aufmerksam.

Außerdem sitzen viele Journalisten auch in den Jurys von Wettbewerben, setzen sich dort aktiv mit den Pitches der teilnehmenden Start-ups auseinander.

Was natürlich alles hervorragende PR-Effekte darstellt, beschert es doch im besten Fall weit über den jeweiligen Award hinausgehende Medien-Aufmerksamkeit.

Bekannter werden bei potenziellen Kunden und Vertrauen gewinnen
Viele Start-ups ‘vergessen’ leider, wie wichtig es ist, Zeit und Geld nicht nur für die Entwicklung ihres Produkts in ihre Budgets einzuplanen, sondern auch in Marketing und PR, damit sie bekannter werden, ihre Wunschkunden sie von allein finden und sie zunehmend aktive Akquise durch viel effizientes Selbstmarketing ersetzen können.

Medienaufmerksamkeit durch Pitches bedeutet immer aber auch, dass potenzielle Kunden auf ein Start-up und sein Angebot aufmerksam werden können.

Und Nominierungen oder gar Siege bei Awards sind ein prima Instrument, um Vertrauen der Kunden in die Kompetenz des Start-ups zu generieren.

Potenzielle Mitarbeiter und Networking-Partner aufmerksam werden lassen
Nicht nur Kunden sind wichtige Stakeholder für Unternehmen, sondern auch Mitarbeiter oder sonstige Netzwerkpartner, zum Beispiel Sponsoren – die zwar selten ein Start-up driekt mit Geld füttern, aber sie vielleicht mit einem Budget für einen Messestand oder Ähnliches unterstützen.

Und gerade in der Start-up-Szene ist es oft außerordentlich schwierig, gute Mitarbeiter zu finden. Ist doch klasse, wenn potenzielle Teammitglieder von sich aus auf Euer Unternehmen aufmerksam werden.

Auf den Events selbst netzwerken
Durch die Teilnahme an Awards etc. kommt ein Start-up auch zwangsläufig auf Events – und sogar auf deren Bühnen, zu denen sie sonst vielleicht keinen Zugang hätten (oder zumindest dafür bezahlen müssten).

Fantastische Gelegenheiten, wichtige Influencer, Multiplikatoren oder potenzielle Mentoren kennenzulernen und in deren Wahrnehmung zu rücken oder einfach spannende Menschen.

Lernen und üben
Wie es ja Kennzeichen von öffentlichen Pitches ist, ist man dort nicht das einzige pitchende Start-up. Die Pitches der Kollegen dort sind tolle Inspirationsquellen, die Feedbacks auf das eigene Pitch Deck eine prima Möglichkeit, es zu optimieren und jeder Pitch eine Trainingsfeld für die eigenen Präsentations-Skills.

Bei Pitches vor ausländischem Auditorium kommt zusätzlich der Blick über den Gartenzaun hinzu: Die Möglichkeit, Do’s und Don’ts in anderen Ländern und Kulturen kennenlernen.

‘Keine Zeit’ für Pitches?!
Jedes Start-up sollte sie sich nehmen. Pitches sind eine der besten Investitionen in Positionierung, Marketing, PR, und auch Vertrieb, die ein Start-up tätigen kann.

Also: Machen! So oft und zu so verschiedenen Anlässen wie irgend möglich.

Einziger Haken: An zuuuu vielen öffentlich wirksamen Pitches, vor allem in der Heimatregion und innerhalb recht kurzer Zeit sollte man nicht teilnehmen – sonst hängt Euer Start-up sämtlichen Juroren und Medienvertretern (die ja doch bei vielen Veranstaltungen zum Teil personalidentisch sind) irgendwann zu den Ohren heraus.

Einfach auf das eigene Bauchgefühl hören und im Zweifelsfall lieber einen Pitch zu viel mitmachen als einen zu wenig.

Pitch Deck: Es gibt nicht die eine optimale Gliederung

Es gibt viele Quellen im Netz, die Know-How zum Thema Pitch Deck und Präsentationen allgemein vermitteln. Und viele listen auch genau die Slides auf, die ein optimales Pitch Deck angeblich enthalten sollte.

Für eh schon überarbeitete Start-up klingt das verlockend, glauben sie doch, zumindest über die allgemeine Struktur ihres Pitch Decks nicht mehr nachdenken zu müssen: Man nehme diese oder jene allgemeingültige Struktur der Präsentation und befülle sie nur noch mit Inhalten…

Die schlechte Nachricht: Es gibt nicht die eine optimale Struktur eines Pitch Decks. Die Präsentation muss auf jeden Pitch individuell zugeschnitten werden. Und zwar unter diesen Aspekten:

Anlass und Ziele des Pitches
Bei der Planung des Pitch Decks und seiner Struktur sollte man immer im Hinterkopf haben, vor wem und mit welchem Anlass man hier pitcht: Geht es vor allem darum, potentielle Investoren zu überzeugen? Will man einen Award gewinnen, der vielleicht unter einem bestimmten Motto steht?

Je nach Anlass und dem damit verfolgten Ziel des Pitches sollten unterschiedliche Schwerpunkte besonders hervorgehoben werden.

Klar, es geht immer um dasselbe Start-up, aber der Fokus kann und sollte je nach Anlass und eigenen Zielen unterschiedlich gesetzt werden:

Sind professionelle Investoren die Kernzielgruppe des Pitches, betont man schlauer Weise stark Monetarisierung, das erfolgversprechende Geschäftsmodell und die Skalierbarkeit des Start-ups – sprich: die hohe Wahrscheinlichkeit zukünftigen finanziellen Erfolgs.

Geht es allerdings um Crowd-Investments, zum Beispiel auf Plattformen wie Seedmatch, Kickstarter oder Indiegogo, muss der Pitch eher einer Kunden-Präsentation ähneln als einem Investoren-Pitch, denn die vielen Kleininvestoren denken eher wie Kunden des Unternehmens und nicht wie große Geldanleger, die am späteren Gewinn des Unternehmens partizipieren wollen. Hier muss also der Fokus des Pitches liegen auf den Wertvorstellungen des Start-ups, seiner Mission, seinem ‘Why’ und auf den Kundennutzen des Produkts.

Und selbst für die Kategorie Investoren-Pitch gilt: Investor ist nicht gleich Investor und ein Start-up tut gut daran, sich für Einzelpitches gut vorzubereiten und zu recherchieren, wie der jeweilige Investor tickt, um ihren Pitch entsprechend anzupassen.

Geht es um einen Innovations-Wettbewerb, werden besonders die innovativen Elemente des Produkts hervorgehoben, bei einem Nachhaltigkeits-Wettbewerb die nachhaltigen Elemente usw.

Zuschnitt auf das Auditorium
Je nach Klientel haben die Zuschauer etwas unterschiedliche Ansprüche an die inhaltliche Schwerpunktsetzung des Pitch Decks und die Art der Präsenatation.

Auch der Ort des Pitches bzw. die Nationalität oder Kultur der Kernzielgruppe spielen eine Rolle für die inhaltliche Auswahl der Slides: In Amerika zum Beispiel weicht die Pitch-Kultur um einiges ab von der in Deutschland. Mehr dazu im Beitrag: Praxistipps für Präsentationen und Networking in den USA.

Und es gilt darauf zu achten, in welcher Sprache Pitch Deck und Präsentation gehalten sein müssen. Immer öfter gibt es auch bei deutschen Wettbewerben die Vorschrift, beides in englischer Sprache abzufassen, weil die Jury auch internationale Mitglieder hat oder der Event auch explizit internationales Publikum adressiert.

Unter ‘Sprache’ ist übrigens durchaus auch die Tonalität der Slides und der mündlichen Präsentation zu verstehen: Je nach Publikum kann und sollte der Pitch mehr oder weniger Humor, mehr oder weniger Branchen-Jargon und mehr oder weniger Provokation vertragen.

Es gilt also, sich auch diesbezüglich Gedanken über die Zielgruppe des jeweiligen Pitches zu machen und das Auditorium auch vom Duktus der Präsentation her dort abzuholen, wo man sie am besten emotional berühren kann.

Anzahl der Slides, Länge der Präsentation
Wie ausführlich jeder einzelne Fakt im Pitch Deck erläutert werden muss, hängt auch von der Art der Präsentation ab: Muss sich zum Beispiel eine Jury, ein Kuratorium zunächst nur aufgrund des schriftlich eingereichten Pitch Decks eine Meinung bilden oder sind die Slides Ergänzung eines mündlich präsentierten Pitches? Bei der nur schriftlichen Variante sind keine mündlichen Ergänzungen seitens des Start-ups möglich, Rückfragen können nicht beantwortet werden.

Und: Bei mündlichen Pitches muss genau darauf geachtet werden, wie lang der Pitch sein darf. Bei Awards wird schon den Teilnahmebedingungen die Maximal-Länge mitgeteiltDie Anzahl der Slides muss darauf abgestimmt werden, aber auch die Menge der mündlich erzählten Zusatzinformationen.

Besonderheiten jedes Start-ups
Nicht jede in Templates vorgeschlagene Folie muss auch von jedem Start-up genutzt werden und bei manchem Start-up braucht ein Thema eben doch 2 Slides, damit keine Textwüste entsteht.

Nicht jedes Start-up braucht zum Beispiel ein Slide über Marktchancen in China und einige Start-ups kommen vielleicht wirklich nicht mit einer Folie zum Proof of Concept aus.

Entwicklungsstadium des Start-ups
Start-ups entwickeln sich in der Regel rasant schnell weiter. Auch insofern müssen Pitch Decks immer wieder überarbeitet und aktualisiert – nichts ist älter als der Status eines Start-ups vor einem halben Jahr. Hoffentlich jedenfalls, sonst ist bei der Weiterentwicklung was schief gelaufen…


In der nächsten Folge dieser Serie, die heute in einer Woche erscheint, gucken wir uns Pitch Decks dann mal im Einzelnen an – Slide für Slide … Dranbleiben!

PS: Dran denken: Am 15.08.2014 ist Deadline für die Bewerbungen zum Startups@Reeperbahn Pitch, der am 18.09.2014 im Rahmen des Reeperbahn Festivals ausgetragen wird. Unbedingt bewerben, das lohnt sich nicht nur wegen des exorbitanten Preises.

PPS: Verlosung von 2 Tickets fürs Reeperbahn Festvial 2014: Klar, zum Reeperbahn Festival zu kommen, ist ein ‘Must’. Wer sich das Geld fürs Ticket sparen möchte, kann ja eins von zweien im Wert von je 200 Euro gewinnen:

Einfach hier in den Kommentaren posten, warum man unbedingt zum Reeperbahn Festival will. Nächste Woche – selbe Zeit, gleicher Ort – geben wir im zweiten Teil der Serie die Gewinner bekannt, die unter allen Kommentatoren ausgelost werden.

Bild oben: Montage aus Shutterstock, presentation und Shutterstock, surprise