Abo-Commerce: Recurring Billing ist erst der Anfang

Trendthema Abo-Commerce: Recurring Billing ist erst der Anfang – Gastbeitrag von Ricco Deutscher, Geschäftsführer von Pactas. In der Vergangenheit basierten E-Business-Modelle auf den 4 Cs der E-Economy: Content, also die Bereitstellung von Inhalten, Context, die Systematisierung von Informationen, Connection, der Informationsaustausch in Netzwerken und letztlich Commerce, die Anbahnung und Abwicklung von Geschäftsmodellen.

Letzteres war kommerziell bislang zumeist auf die Abwicklung von einmaligen Transaktionen oder fixen Monats- oder Jahresgebühren ausgerichtet. Die große Zukunftschance des E-Business liegt jedoch in der Nutzung des Abonnement-Prinzips mit wiederkehrenden und nutzungsabhängigen Umsätzen, die eine neue Generation von Geschäftsmodellen mit höherer Skalierbarkeit schafft. Das Amazon Sparabo, Glossybox und Spotify, aber auch die Shareconomy mit Marken wie Car2Go oder DriveNow sind prominente Beispiele dafür.

Diese neue Generation von Geschäftsmodellen benötigt aber auch eine neue Art von ERP-System, das die Kernprozesse unterstützt. Die traditionellen ERP-Systeme sind für die herkömmlichen Geschäftsmodelle mit physischen Gütern designt und eignen sich daher meist nicht für Subscription-Geschäftsmodelle. Deshalb nutzen bisher die meisten Unternehmen Eigenentwicklungen mit den bekannten Problemen der hohen Entwicklungskosten und geringen Innovationsraten. In den USA haben sich in den letzten fünf Jahren einige spezialisierte SaaS-Anbieter wie Chargify und Recurly mit sogenannten Subscription-Management-Plattformen etabliert. Seit kurzem sind solche Angebote auch für Start-ups und mittelständische Unternehmen in Deutschland verfügbar – siehe dazu “Drei Abrechnungssysteme für Abo-Produkte buhlen um Kunden: FastBill Automatic, Pactas.Itero und Reskribe“.

Der Grund für das rasant gewachsene Interesse am Abo-Commerce ist naheliegend, denn die Vorteile des Abonnement-Prinzips liegen auf der Hand: kalkulierbare, wiederkehrende Erträge, sowie langfristige stabile Kundenbeziehungen und die Schließung der Wertschöpfungskette durch einen größeren Share of Wallet.

Doch so vorteilhaft das Subscription-Geschäftsmodell auch ist,  so viele Dinge gibt es auch beim Aufbau eines erfolgreichen Abo-Commerce-Konzepts zu bedenken. Anhand des Subscription-Management-Cycle möchten wir ihnen die wesentlichen Elemente zeigen, die beim Aufbau eines Abo-Geschäftsmodells zu beachten sind.

Tarife erstellen und schrittweise optimieren

Wenn sie ein Abo-Geschäftsmodell neu aufsetzen wollen, gilt es zunächst herauszufinden, welche Dienste einen wiederkehrenden Nutzen für ihre Kunden darstellen und für welche Dienste sie  wirklich bereit sind zu bezahlen. Dazu sollten sie flexibel auf deren Bedürfnisse eingehen können.  Experimentieren sie mit unterschiedlichen Pricing-Modellen, differenzierten Produktpaketen und Bezugszeiträumen, um die wahren Bedürfnisse ihrer Kunden kennenzulernen und ihr Angebot stetig zu verbessern.

Zu den wichtigen Fragen, die sie sich stellen sollten gehören:

  • Wie viele unterschiedliche Abo-Varianten sollte ich anbieten?
  • Welche Abrechnungsmodelle möchte ich anbieten?
  • Sollen kostenlose Probe-Abos (Trial-Periode) angeboten werden?
  • Gibt es Mindestvertragslaufzeiten und wie lang sollen diese sein?
  • Wie sind die Zahlungsperioden gestaltet und unterscheiden sie sich von den Mindestvertragslaufzeiten?
  • Sollen verschiedene Mindestvertragslaufzeiten und Zahlungsperioden auch unterschiedlich bepreist werden?
  • Brauche ich Preis- und Rabattstaffeln für die Verbrauchsabrechnung (Metered Billing)?

Eine leistungsfähige Subscription-Management-Plattform sollte sie hierbei vollumfänglich unterstützen, indem sie die zahlreichen Facetten des Abo-Commerce beherrscht und sich individuell und flexibel an ihre Ansprüche anpassen lässt.

Subscriptions für Kunden leicht gemacht

Was Kunden an Abonnement-Diensten schätzen, sind die standardisierten Prozesse bei Auswahl, Bezahlung und Lieferung von Produkten und Dienstleistungen, die ihnen den regelmäßigen Einkauf erleichtern. Allerdings möchten sie dabei nicht das Gefühl bekommen, an den Anbieter gefesselt zu werden. Dem potenziellen Kunden fällt es daher leichter ein Abo abzuschließen, wenn er nicht sofort in ein Mindestlaufzeitmodell gedrängt wird, sondern zunächst ein kostenloses Probe-Abo abschließen kann oder jederzeitige Kündigungsmöglichkeiten hat. Weiterhin muss der Kunde die Möglichkeit haben, per Self-Service einmalig seine Daten selbst zu hinterlegen und diese jederzeit zu ändern.

Eine leistungsfähige Subscription-Management-Plattform sollte eine einfache Integrationsmöglichkeit in Ihren Online-Shop bzw. Website ermöglichen. Bieten sie ihren Kunden auf ihrer Website ein Self-Service-Sign-Up, so verringern sie den Aufwand für die Administration und senken ihre Prozesskosten. Der Service-Anbieter sollte nicht nur eine sichere und datenschutzkonforme Übertragung der Daten sicherstellen und die Daten ausschließlich in Deutschland vorhalten, sondern für sie auch gleich die Erneuerung von Zahlungsinformationen, wie beispielsweise für abgelaufene Kreditkarten übernehmen, und diese Änderungen an sie weitergeben.

Problemlose wiederkehrende Abrechnung und automatisierte Zahlung

Die verschiedensten Abo-Modelle erfordern anpassbare Abrechnungsverfahren. Sowohl einmalige und wiederkehrende Dienstleistungen, als auch Leistungen, die auf Transaktionen oder Verbrauch basieren, müssen professionell verwaltet und automatisiert abgerechnet werden. Für transaktions- bzw. verbrauchsbasierte Leistungsabrechnungen sind Schwellenwert-Trigger, sogenanntes Threshold Billing, wichtig, um das Zahlungsrisiko bei ungewöhnlichen Verbrauchsspitzen einzudämmen.

Viele Kunden haben im E-Commerce inzwischen ihre bevorzugte Zahlungsmethode für sich identifiziert und diese gelernt. Um keinen potenziellen Kunden von vornherein vom Abschluss eines Abos auszuschließen, muss den unterschiedlichen Zahlungsgewohnheiten Rechnung getragen werden. Ein fortschrittliches Managementsystem sollte daher multiple Zahlungsmöglichkeiten anbieten, die von den Kunden in Deutschland bevorzugt werden, wie beispielsweise das Lastschriftverfahren, die Zahlung auf Rechnung oder die Kreditkarte. Bei den Zahlungsarten Lastschriftverfahren und Kreditkarte müssen die Zahlungen automatisiert an den Payment-Anbieter zur Abwicklung übergeben werden. Die Subscription-Management-Plattform sollte alle in Deutschland gängigen Payment-Anbieter integrieren.

Aussagekräftiges Reporting

Informationen über das Verhalten ihrer Kunden sind ein Schlüssel für die profitable Entwicklung ihres Abo-Geschäftsmodells. Informationen darüber, wie sich die Anzahl ihrer Kunden entwickelt und Bestandskunden ihre Produkte nutzen, sind wichtige Kennzahlen für ihr Marketing-Management.  Mit ihnen lassen sich sowohl Kundensegmente identifizieren, die Interesse an einem möglichen Upgrade haben könnten, als auch eine hohe Quote für die Vertragsverlängerung (sogenannte Renewals) sicherstellen.

Ein leistungsfähiges Reporting unterstützt sie aber auch beim Beziehungsmanagement. Durch das beobachtbare Kundenverhalten können sie Typologisierungen vornehmen, die ihnen eine individuelle Kundenansprache und personalisierte Services und Produkte ermöglichen.

Das Reporting dient am Ende aber auch dazu, den Subscription-Management-Cycle zu schließen und die Erkenntnisse daraus für ein Update der Tarife zu verwenden. Der Optimierungsprozess Ihres Geschäftsmodells geht in die nächste Runde.

Ausblick

Recurring Billing – die wiederkehrende Abrechnung – ist im Augenblick ein Trendthema, aber es ist erst der Anfang im Abo-Commerce. Erfolgreiche Subscription-Geschäftsmodelle müssen den kompletten Zyklus managen.

Bisher profitierten nur Big Player oder Anbieter einfacher Abrechnungsmodelle von den Vorzügen des Abo-Commerce-Prinzips. Lange stand für KMU und Startups in Deutschland kein leistungsfähiges Abrechnungssystem  für Subscription- bzw. Abo-Abrechnung zur Verfügung. Entweder man nutzte eines der US-Systeme oder setzte auf eine kostspielige Eigenentwicklung. Letztere bieten Nachteile beim Unterhalt, der langwierigen Entwicklungszeit und der meist aufwändigen Erweiterungsmöglichkeiten. Führende US-Systeme sind dagegen technologisch fortschrittlich, jedoch nicht auf den europäischen Markt zugeschnitten. Inzwischen gibt aber auch deutsche Managementplattformen für wiederkehrende Abrechnungen und Subscription-Management, die die speziellen Bedürfnisse von KMU berücksichtigen und den Abo-Commerce im europäischen Raum revolutionieren könnten.

Foto: abo, Subscription from Shutterstock

Zur Person
Ricco Deutscher ist Geschäftsführer der Pactas GmbH (www.pactas.com) mit Niederlassungen in Frankfurt am Main und Berlin. Pactas hat sich auf Lösungen zur Abo-Kunden-Abrechnung und -Verwaltung für SaaS-Anbieter und mittelständische Dienstleister spezialisiert.