“Unsere Wiederkaufsrate liegt bei über 80 %” – Arasch Jalali von Crowdshop

Das beschauliche Regensburg zeichnete sich bislang nicht als Drehkreuz für Rostoffe aus. Das könnte sich jetzt ändern, denn mit Crowdshop (crowdshop.eu) haben sich die Gründer Arasch Jalali (Foto) und Matthias Höfler eine ganz neue B2C-Zielgruppe vorgenommen – die mittelständischen Unternehmen. Die Deals, die über Crowdshop abgewickelt werden, umfassen dabei normierte Produktionsgüter der Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe wie Aluminiumtafeln oder Elektrokabel.

Mit Deal-Portalen ist das Thema Group-Buying nicht neu. Dennoch erscheint es ungewöhnlich, dieses Prinzip auf den Rohstoffhandel auszuweiten? Welchen beruflichen Hintergrund haben Sie und wie kann es zu dieser Idee?
Matthias Höfler und ich kommen beide aus dem deutschen Mittelstand. Matthias hat nach seinem Studium zum Betriebswirt mehrere Jahre in produzierenden Unternehmen als Einkäufer gearbeitet. Ich habe nach meinem Studium zum Diplom Wirtschaftsingenieur mehrere Jahre als Kaufmännischer Leiter und danach als Betriebsleiter im produzierenden Mittelstand gearbeitet. Grundsätzlich bietet das Internet die Möglichkeit Geschäftsmodelle völlig neu zu interpretieren und schnell aufzusetzen. Durch unsere Tätigkeiten in produzierenden Unternehmen haben wir relativ schnell festgestellt, dass auf Basis geringer Stückzahlveränderungen bereits hohe preisliche Nachlässe möglich sind. Das haben wir dann in unserer betrieblichen Umgebung mit anderen benachbarten Unternehmen ausprobiert und es hat problemlos funktioniert. Einkaufsgemeinschaften sind prinzipiell schon seit Jahrzehnten bekannt und eigentlich nichts Neues. Aber durch das Internet lassen sich Einkaufsgemeinschaften natürlich viel schneller generieren als Offline. Daher haben wir uns vorgenommen den Einkauf für KMU auf den heutigen Stand der Technik zu bringen und crowdshop aus dieser Idee entwickelt.

Wen genau möchten Sie mit Crowdshop ansprechen?
In erster Linie kleine- und mittelständische Unternehmen (KMU) des produzierenden Gewerbes. Außerdem Freiberufler wie Handwerker und öffentliche Einrichtungen wie Bauhöfe von Kommunen und Gemeinden.

Was ist das Besondere an dieser Zielgruppe?
Das Besondere an dieser Zielgruppe ist, dass sie in der Regel einen wiederkehrenden und großen Bedarf an industriellen Verbrauchsgütern haben. Für KMU sind Bestellvolumina i.H.v. mehreren tausend Euro an der Tagesordnung. Anders als bspw. im B2C-Sektor. Wie häufig kauft eine Privatperson schon Schuhe und Bekleidung im vergleichbaren Wert?!

Wo liegen die Schwierigkeiten?
Die größte Herausforderung stellt die Leadkundengenerierung dar. Sobald sie jedoch die ersten Erfahrungen mit crowdshop gemacht haben, kaufen sie auch wieder bei uns, da sie feststellen, dass sie umfangreich ihre Beschaffungskosten senken können. Unsere aktuelle Wiederkaufsrate liegt bereits heute (nach 2,5 Monaten) bei über 80 Prozent.

Welche Marketingspielarten müssen Sie nutzen, um Mittelständler für Crowdshop zu gewinnen?
Neben den klassischen Onlinemarketingtools müssen wir teilweise auf eher konservative Methoden zurückgreifen. An erster Stelle steht der Direktvertrieb bei potenziellen Kunden. D.h. wir fahren zu unseren Kunden, stellen die Vorteile von crowdshop vor und stellen dar, wie umfangreich die Kunden mit uns sparen können. Gefolgt von Directmailings per Infobrief und nachgelagertem Hinterher telefonieren. Erstaunlicherweise liegt unsere Conversionsrate durch diese Aktionen deutlich über dem Durchschnitt und macht uns deutlich, dass der deutsche Mittelstand ein erhebliches Interesse daran hat, seine Beschaffungskosten zu reduzieren.

Ihrer Erfahrung nach: Wie internetaffin sind Ihre Kunden?
Grundsätzlich muss gesagt werden, dass entgegen vieler Annahmen auch die kleinen- und mittelständischen Betriebe im 21. Jahrhundert angekommen sind. So wird heute schon ein Großteil der Beschaffung online abgewickelt, weil es einfach einfacher und günstiger ist. Wir wissen, dass es für Industriebetriebe wichtig ist, dass sie ihren Bedarf ganzheitlich bei einem Anbieter decken können und darüber hinaus die Möglichkeit besteht sich beraten zu lassen. Daher bietet crowdshop neben dem reinen Dealgeschäft auch ein bereits heute umfangreiches Standardportfolio an industriellen Verbrauchs- du Gebrauchsgütern an (aktuell ca. 50.000 Artikel). Marktführende Händler, die ihr Angebot an dieselbe Zielgruppe adressieren wie wir, wickeln bereits heute mehr als 50 Prozent ihres Jahresumsatzes über das Internet ab.

Was konnten Sie sich von B2C-Group-Buying-Plattformen abschauen, wo mussten Sie völlig neue Wege und Lösungen finden?
Bis auf das grundsätzliche Ziel eine größere Gruppe zum Kauf eines bestimmten Angebots zu bewegen konnten wir uns eigentlich nichts von B2C-Group-Buying-Plattfomen abschauen. Die meisten Anbieter bieten lediglich Coupons für materielle oder immaterielle Güter an, nicht aber das Gut selber. Das lässt sich bilanziell natürlich nur schwierig bei Industriekunden verbuchen. Daher bieten wir das Produkt selber an und erhalten keine Verkaufsprovision sondern erwirtschaften Umsätze und Erträge auf Basis unserer jeweiligen Kalkulation. Darüber hinaus umfasst unser Dealangebot ausschließlich Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe und keine fertigen Produkte wie bspw. Drucker oder ähnliches. Somit können wir wesentlich höhere Rabatte erzielen, als B2C-Group-Buying-Plattformen.

Bitte beschreiben Sie einmal einen solchen Deal?
Aktuell bieten wir bspw. Aluminium- und Edelstahltafeln (Maße 1000×2000) im Rahmen des aktuellen Deals an. Unser Angebot ist temporär und nur noch 7 Tage erhältlich. Bei uns kosten Aluminium- und Edelstahl durch die Crowd bis zu 50 Prozent weniger, als wenn die Industrieunternehmen direkt bei den Herstellern beziehen würden. Wenn jetzt die benötigte Menge an Käufen zusammen kommt, findet der Deal statt und die Unternehmen erhalten nach ca. 3 Tagen ihre bestellte Ware. Bis jetzt ist jeder Deal zustande gekommen, da wir die Abnahmemengen immer auf einem realistischen Niveau einordnen.

Woher kommen die Rohstoffe? Wer lagert diese und bringt sie nach Abschluss zum Kunden?
Wir beziehen die Waren direkt und ausschließlich von europäischen Herstellern, da die Qualität der Ware für uns äußerst wichtig ist. In der Regel werden nach Zustandekommen des Deals die Waren bei unseren Herstellern kommissioniert und durch die hauseigenen Speditionen versendet. In manchen Fällen müssen wir Kontraktlogistker zwischenschalten, die die Waren kommissionieren und zum Kunden liefern.

Welche Ziele haben Sie sich für das Jahr 2013 gesetzt und wie werden Sie diese erreichen?
Wir wollen crowdshop zu der Marke im Onlinehandel für deutsche Industrieunternehmen etablieren. Neben ca. 50 Deals wollen wir in diesem Jahr das Standardportfolio der industriellen Verbauchs- und Gebrauchsgüter von 50.000 Artikeln auf 1 Mio. Artikeln ausbauen. Auch hier ist unser Fokus auf Topqualität von bekannten Herstellern gesetzt. Darüber hinaus wollen wir in andere europäische Länder expandieren. Gleichzeitig wollen wir den Bereich „Haus und Sanitärtechnik“ in unser Standardportfolio aufnehmen und uns gegen Ende des Jahres auch für B2C-Kunden öffnen. Bislang sind wir zu 100 % eigenfinanziert. Wir benötigen allerdings Kapital, um die genannte Meilensteine zu erreichen, weshalb wir aktuell auf Investorensuche sind. Erste Verhandlungen mit potenziellen Interessenten werden bereits geführt. Noch haben wir uns allerdings nicht festgelegt und wollen erst noch weitere Angebote abwarten.

Haben Sie grundsätzlich das Gefühl, dass sich auch der konservative Mittelstand zunehmend für Angebote aus dem Internet öffnen wird?
Der deutsche Mittelstand ist gar nicht so konservativ wie viele branchenfremde häufig annehmen. Viele innovative Entwicklungen und Geschäftsmodelle gehen aus dem Mittelstand hervor. Außerdem ist insbesondere für sie wichtig, trotz der Globalisierung und dem Internet wettbewerbsfähig zu sein und auch zu bleiben. Daher sind sie mehr noch als Großunternehmen gezwungen sich anzupassen und zunehmend profitabler zu arbeiten. Wenn man ihnen aufzeigt, was für Einsparpotenziale sie allein in der Beschaffung besitzen, sind sie gerne bereit neue Wege zu gehen.

Zur Person
Arasch Jalali wurde zwar in Teheran geboren, ging aber in Bremen zur Schule gegangen und studierte dort bis 2009 auch Wirtschaftsingenieurwesen mit Schwerpunkten Produktfindung und Prozessoptimierung. Danach zog es ihn aus dem hohen Norden nach Süddeutschland und arbeitete bei mittelständischen Produktionsunternehmen, zunächst im Inhouse Consulting, später übernahm er die Gesamtbetriebsleitung.

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