Was macht ein erfolgreiches Social Game aus? – Gastbeitrag von Sebastian Sujka (Social Games Observer)

Social Games sind das heißeste Thema des Jahres. Allerspätestens seit der Evaluierung des größten Social Game-Herstellers Zynga auf zehn Milliarden US-Dollar dürfte auch dem Letzten klar geworden sein, was für ein enorm lukrativer Markt sich hinter den Spielen mit den Kühen mit den großen Augen verbirgt. Mittlerweile gibt es auf Facebook hunderttausende Spiele, doch nur wenige schaffen es an die großen Fleischtöpfe heranzukommen. Die meisten Firmen, denen dies gelungen ist, sind in den USA zu Hause. Doch inmitten der amerikanischen Dominanz findet sich das Berliner Start-up wooga (www.wooga.com) in der Liste der Mächtigen wieder. Anhand woogas Spiel Monster World lässt sich veranschaulichen, was ein gelungenes Social Game ausmacht.

Zu den Rahmenbedingungen: Monster World ist ein Farming Game, bei dem es darum geht einen dekorativen Garten mit unterschiedlichsten Pflanzen zu kultivieren. Der Unterschied zu den meisten solcher Spiele: Monster World wird, wie der Name bereits andeutet, von Monstern regiert. Der Spieler hat nun die Möglichkeit seinen Garten mit virtuellen Gütern zu schmücken und Pflanzen wie Eiscremebäume, Marshmallowbüsche oder Wurstpflanzen zu kultivieren. Was letztendlich ein erfolgreiches Social Games ausmacht, ist der Umsatz. Wooga erzielte nach eigenen Angaben in 2010 Millionenumsätze und will 2011 profitabel wirtschaften. Wir wollen hier jedoch nicht nur auf reine Zahlen, sondern vielmehr auf Spielmechanismen eingehen. Grundsätzlich gilt: Um mit Social Games hohe Umsätze zu generieren bedarf es einer großen Zahl von Spielern, die das Spiel über einen langen Zeitraum spielen. Von diesen zückt dann ein Bruchteil seine Brieftasche für virtuelle Güter. Wir gliedern die Bausteine also in Spieltrieb und Retention, bevor wir dann zum essenziellen Aspekt der Monetarisierung kommen.

Spieltrieb
Für ein gelungenes Social Games ist es essenziell, dass der Spieler auf Anhieb versteht worum es in dem Spiel geht und was von ihm verlangt wird. Man hat nur wenige Minuten Zeit den typischen Facebook-Social Gamer vom Spiel zu überzeugen. Es muss also auch Usern ohne jede Spielerfahrung klar sein, was zu tun ist. Bei Monster World wird man von einem eigens hierfür zuständigen Monster in einem kurzen Tutorial mit der Umgebung und dem Spielprinzip vertraut gemacht: sähen, ernten, wachsen, dekorieren. Hierbei wird der Spieler an einem praktischen Beispiel mit der Menüführung und der Virtual Economy des Spiels vertraut gemacht. Sprich: Was für Währungen gibt es, wie bekomme ich diese und was kann ich dafür erwerben.

Nachdem der Spieler mit dem Spielprinzip vertraut ist, benötigt er eine direkte Spielmotivation. Typisch hierfür sind schnelle Levelvorstöße. Es wird dem Spieler für die einfachsten Dinge auf die Schulter geklopft. Der Spieler erreicht beispielsweise nach drei Minuten und den ersten geernteten Pflanzen das zweite Level – für das er eine Belohnung bekommt. Nach jedem Level werden neue Pflanzen oder Gegenstände freigeschaltet und der Spieler ist neugierig, was als nächstes kommt. Im Beispiel Monster World bekommt er anfangs für jedes Level eine neue Pflanze. Jede Pflanze (Limonadenbüsche, Zuckerstangenbäume, Wunderlampen etc.) hat eine andere Wachstumsdauer und bringt, mit ansteigendem Level,- einen immer besseren Ertrag.

Der interessanteste Aspekt jedoch ist jener, der den kontroversen Begriff „Social Game“ geprägt hat: Die direkte Interaktion mit Freunden. Bei allen gelungenen Social Games sieht man unter dem Spielscreen seine Facebook-Freunde mit deren Spielständen angezeigt. Verständlicherweise möchte man nun in diesem internen Ranking unter bekannten Personen möglichst weit oben stehen. Noch wichtiger als das Ranking sind eben diese Interaktionsmöglichkeiten mit Freunden. In Monster World sind Freunde Nachbarn, die ebenfalls einen Garten besitzen. Für jeden Besuch bei einem Freund bekommt man einen Sack virtueller Währung. Die Idee ist klar: mehr Freunde, mehr Einkommen. Einerseits motiviert diese Mechanik zum Einladen von Freunden, die das Spiel nicht spielen, andererseits bekommt man eine Motivation mit levelhöheren Freunden gleichzuziehen, da man sieht was für aufregende Sachen sich in deren Garten befinden, die man selbst aber noch durch weiteres Spielen freischalten muss. Abgesehen von dieser Belohnung, die man sich für einen Besuch täglich abholen kann, besteht die Möglichkeit das Wachstum von Nachbars Pflanzen zu beschleunigen und zu hoffen, dass dieser den Gefallen erwidert.

Retention
Nachdem der Spieler „angefixt“ ist, soll er nun regelmäßig zum Spiel zurückkehren. Dies hört sich einfacher an als es ist. Die meisten Social Games fallen direkt nach der Klimax der Userzahlen auch wieder rasant ab. An unserem Beispiel von wooga lassen sich die dafür entwickelten Mechanismen in zwei verschiedene Bereiche aufteilen. Zum einen muss man sich, wenn auch nur kurz, täglich ins Spiel einloggen. Der Grund: täglich muss der Gartenhelfer gefüttert werden, anderenfalls streikt dieser und die Pflanzen verdorren. Damit der Spieler überdies motiviert bleibt, muss ein ausgewogener Motivationsmix gefunden werden. Die bereits erwähnten, durch Levelvorstöße zu erreichenden, Spielmotivationen sind das Freischalten von neuen virtuellen Gütern (alle paar Wochen gibt es neue themenbezogene Serien) und von neuen Pflanzen sowie der interne Wettbewerb mit Freunden.

Da es aber im fortgeschrittenen Stadium des Spiels einige Tage dauern kann ein neues Level zu erreichen, müssen kurzfristige erreichbare Ziele geboten werden. In Monster World finden wir auch hier die notwendigen Mechanismen, dazu drei Beispiele:

1. Der Roboter „Robert“ steht jederzeit am Rande des Gartens und möchte eine bestimmte Lieferung Pflanzen kaufen und bietet Kaufpreise über dem Marktpreis. Freunde können beim Besuch des Gartens den Roboter ölen, wodurch der gebotene Preis für die Ware nochmals steigt. Meist hat man die Pflanzen für Robert nicht auf Lager, so dass diese erst angepflanzt werden müssen um den „Roboterbonus“ zu bekommen.

2. Im Stile von Zynga werden links im Bild Missionen angezeigt. Beispiele hierfür sind: „ernte 50 Stachelbälle“ oder „baue einen Relax-Bereich für deinen Helfer“. Mit dieser Mechanik kann das Spielverhalten geregelt werden. Besucht ein Spieler beispielsweise nie die Farm seiner Freunde, kann er durch die Mission „helfe 30mal deinen Freunden im Garten“ dazu incentiviert werden an diesem Mechanismus teilzunehmen. Bei erfolgreichem Abschluss einer Mission erhält der Spieler nämlich eine Prämie aus virtueller Währung oder virtuellen Gütern.

3. Eines der neueren Features von Monster World ist die Einführung des Monsterbabys: Ein süßes Monsterbaby wird im Garten platziert und bedarf einer Menge Aufmerksamkeit. Bekommt es nicht genug zu essen und nicht genügend Streicheleinheiten ist das Geschrei groß und kann nur durch das Klicken der entsprechenden Funktionen gestoppt werden. Desweiteren verlangt das Baby nach Spielsachen, die der Spieler bauen muss. Die Bauteile für zum Beispiel eine Schaukel, finden sich in bestimmten Pflanzen wieder. So kann wiederum durch Anreize das Spielverhalten gelenkt werden. Ist das Baby glücklich gibt es in einer Lotterie zusätzliche Preise gewinnen – alle 24 Stunden nur ein Mal versteht sich.

Monetarisierung
Wir reden von einem Spiel, das uneingeschränkt umsonst gespielt werden kann, der Spieler sich jedoch durch Kauf virtueller Güter Vorteile verschaffen kann. Der Klassiker sind sogenannte „Booster“ mit denen Wartezeiten verkürzt werden können. Im Klartext heißt das: Pflanzen, die 72 Stunden zum Reifen brauchen sind sofort fertig und können geerntet werden; Pflanzen die verdorrt sind können wieder gerettet werden. Ist der Spieler bereits eine längere Zeit dabei und hat entsprechend viele Felder, wird das Ernten zur zeitlichen Belastung. Hier bietet Monster World ebenfalls Zeitersparnis gegen Bezahlung: Im Shop erhält man WooGoo, einen Treibstoff mit dem man einen Ernteroboter antreiben kann und den Ernteprozess um ein Vielfaches beschleunigt. Zu guter Letzt gibt es noch virtuelle Güter, die nur gegen Bezahlung erworben werden können. Zur Erinnerung, Monster World ist ein Free2play Game: Circa 97 % der User spielen das Spiel umsonst und geben kein Geld aus. Die restlichen 3 % der Spieler geben meist Kleinstbeträge aus. Bei fast 18 Millionen monatlich aktiven Usern (MAUs) zahlt sich dies jedoch aus.

Zur Person
Sebastian Sujka ist Redakteur und Mitgründer von SocialGamesObserver, dem europäischen B2B Blog über Social Games, Social Networks und Virtual Currency. SocialGamesObserver veröffentlicht News, Interviews und Analysen und führt zusätzlich wöchentliche Statistiken über Spiele-Trends auf über einem Dutzend Social Networks auf appstats.eu.