#Interview

“Ziel war es, möglichst schnell erste Umsätze aufzuzeigen”

marta bringt "Betreuungskräfte aus Osteuropa direkt mit Betreuungssuchenden in Westeuropa" zusammen. Capnamic, Almaz Capital und Co. investierten zuletzt 6,6 Millionen in marta. Anfangs konnte sich das Team nicht mal ein Büro leisten und startete in der heimischen Wohnung.
“Ziel war es, möglichst schnell erste Umsätze aufzuzeigen”
Freitag, 21. Oktober 2022VonAlexander Hüsing

Das Berliner Unternehmen marta, 2021 von Philipp Buhr und Jan Hoffmann gegründet, positioniert sich als “Plattform die Familien mit Betreuungskräften zusammenbringt”. “marta betreibt eine Plattform, die häusliche Betreuungskräfte aus Osteuropa direkt mit Betreuungssuchenden in Westeuropa verbindet. Dabei verzichtet marta auf die klassischen Vermittlungsstrukturen, in welchen fünf Parteien in den Prozess involviert sind, die Kosten in die Höhe treiben, Transparenz verringern und Kommunikationskanäle verlängern”, erklärt Gründer Buhr das Konzept.

Capnamic Ventures, Almaz Capital. Ithaca, GMPVC, SumUp Impact Fund, Verve Ventures und Angel-Investor:innen wie Christian Vollmann, Johannes Schaback, Laura Esnola, Steffen Zoller und Julian Stiefel investierten zuletzt 6,6 Millionen Euro in marta. Zunächst aber setzen die Hauptstädter auf Bootstrapping. “Ziel war es, möglichst schnell erste Umsätze aufzuzeigen, um damit Investoren von der Geschäftsidee zu überzeugen. Zu diesem Zeitpunkt gab es nur eine Kollegin in Rumänien, die Ansprechpartnerin für Betreuungskräfte war, ich war Ansprechpartner der Familien in Deutschland und 24/7 erreichbar”, berichtet Buhr.

Im Interview mit deutsche-startups.de spricht der marta-Macher außerdem über Fragenkataloge, Schicksalsschläge und Katzenallergien.

Wie würdest Du Deiner Großmutter marta erklären?
marta betreibt eine Plattform, die häusliche Betreuungskräfte aus Osteuropa direkt mit Betreuungssuchenden in Westeuropa verbindet. Dabei verzichtet marta auf die klassischen Vermittlungsstrukturen, in welchen fünf Parteien in den Prozess involviert sind, die Kosten in die Höhe treiben, Transparenz verringern und Kommunikationskanäle verlängern. Die Plattform von marta berücksichtigt die Individuellen Bedürfnisse beider Parteien, macht auf Basis dieser maßgeschneiderte Angebote und stellt sicher, dass alle Nutzer Informationen in Ihrer Muttersprache erhalten, um so Missverständnisse aufgrund von Sprachbarrieren zu verhindern. Sämtliche administrativen Prozesse, wie die korrekten Anmeldung, Versicherung und Rechnungsstellung der Betreuungskräfte, werden ebenso durch die Plattform von marta unterstützt.

Wie funktioniert denn euer Geschäftsmodell?
Unser Geschäftsmodell funktioniert ähnlich wie das von Upwork oder Fiverr – findet eine Betreuungskraft einen Auftrag über unsere Plattform, wird eine Vermittlungsgebühr an marta fällig. Die aktuelle Vermittlungsgebühr liegt bei 21 % netto.

Wie genau hat sich marta seit der Gründung entwickelt?
Da wir ohne externes Funding gestartet sind und uns kein Büro leisten konnten, habe ich die ersten Vermittlungen von Betreuungskräften aus meiner Wohnung in Berlin-Wedding durchgeführt. Ziel war es, möglichst schnell erste Umsätze aufzuzeigen, um damit Investoren von der Geschäftsidee zu überzeugen. Zu diesem Zeitpunkt gab es nur eine Kollegin in Rumänien, die Ansprechpartnerin für Betreuungskräfte war, ich war Ansprechpartner der Familien in Deutschland und 24/7 erreichbar. Währenddessen war mein Co-Founder Jan noch dabei, seinen Job als Managing Director SumUp US zu übergeben und ich somit vorerst alleine. Zum Glück ist unser Plan dann recht schnell aufgegangen, wir haben unser Pre-Seed Funding erhalten, Jan hatte seinen Job übergeben, wir konnten in unser erstes Büro am Alexanderplatz ziehen und innerhalb weniger Wochen ein Team von 30 Leuten zusammenstellen. Im Verlaufe des Jahres 2021 haben wir dann Büros in Hermannstadt, Rumänien und Danzig, Polen eröffnet und unsere Userzahlen stark gewachsen. So konnten wir dann auch Investoren für eine starke Seed-Runde gewinnen und unser Team auf 50 Leute erweitern.

Blicke bitte einmal zurück: Was ist seit der Gründung so richtig schief gegangen?
Ein großer Fehler von uns lag darin zu versuchen, die Vermittlung so stark zu vereinfachen, dass wir den Fragenkatalog für Nutzer auf circa zehn Fragen reduziert haben. So war der Onboarding-Prozess zwar super, aber im Nachhinein sind oftmals Probleme aufgetreten, da zwei Parteien zusammengebracht wurden, die ganz klar nicht zusammen passten – beispielsweise eine Betreuungskraft, die in einen Haushalt mit einer Katze kommt, aber eine Katzenallergie hat. Oder eine zierliche Dame, die zu einem großen stämmigen Mann kommt, der gehoben werden muss. Inzwischen beantworten Nutzer 50 bis 70 Fragen und generieren so über 100 Datenpunkte und wir können solche Fehler vermeiden. Ein Schicksalsschlag, den wir erlitten haben, war der plötzliche Tod eines guten Freund und Kollegen, als Folge einer Covid-Erkrankung. Das hat uns alle ziemlich aus der Bahn geworfen und war eine große Herausforderung auf persönlicher und professioneller Ebene. Csaba war verantwortlich für die Rekrutierung von Betreuungskräften in Rumänien. Ohne Ihn, in einem Land, dessen Sprache wir nicht sprechen, das Unternehmen fortzuführen, das Team zusammenzuhalten und weiterzuentwickeln, war nicht einfach. Wir vermissen ihn immer noch.

Und wo hat Ihr bisher alles richtig gemacht?
Der Markt für die häusliche Betreuung ist in Deutschland unzureichend reguliert und birgt viele rechtliche Herausforderungen. Daher haben wir bereits zur Gründung von marta einen Deal mit CMS Hasche Siegle geschlossen, welcher der Anwaltskanzlei Anteile an marta zugesichert hat und uns im Gegenzug eine umfängliche Rechtsberatung sowie die Erstellung sämtlicher Vertragswerke zugesichert hat – ein Service der uns vor dem Funding nicht erschwinglich gewesen wäre.

Wo steht marta in einem Jahr?
Unser Fokus in den nächsten Monaten wird darauf liegen, die Customer Experience für Betreuungssuchende und Betreuungskräfte maximal zu erhöhen. Erst im Anschluss wollen wir weitere Märkte, geographisch sowie produktseitig angreifen.

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Foto (oben): Marta

Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.