Die Höhle der Löwen #dhdl

Tipps und Tricks für Gründer, die Löwen begeistern wollen

Slawa Kister war im vergangenen Jahr in der "Höhle der Löwen“. Nun gibt er seine Erfahrungen weiter. "Es ist wichtig die Inhalte für die Homestory und für den Pitch sehr gut zu durchdenken. Im Grunde sollte jeder Gründer in der Lage sein, nach dem Elevator Pitch-Prinzip sein Produkt verständlich vorzustellen".
Tipps und Tricks für Gründer, die Löwen begeistern wollen
Donnerstag, 12. Februar 2015VonAlexander Hüsing

Welche Tipps haben Sie für die Fragestunde?
Wichtig ist es die dennoch recht kurze Zeit von 15 bis 20 Minuten so gut wie möglich für das Branding zu nutzten. Deshalb sollte im Text möglichst oft die Marke genannt werden. Anstatt “wir”, “unser Team” oder “unser Startup” zu sagen, sollte man – wie in unserem Fall – myCleaner sagen. Die potentiellen Kunden sollen sich den Namen gut einprägen. Wenn ein Produkt oder die Dienstleistung online auf eigener Webseite verkauft wird, bzw. das Start-up überhaupt eine Webseite hat, so würde ich auf jeden Fall empfehlen, statt Anzug oder sonstiger Kleidung ein einfaches T-Shirt anzuziehen und sowohl auf der Brust als auch auf dem Rücken das Logo und die Webseite möglichst hoch und groß lesbar zu platzieren, damit möglichst oft im Bild ist. Wir waren, so glaube ich, die einzigen, die einfaches, schwarzes T-Shirt mit myCleaner-Logo und unserer Domäne www.mycleaner.com auf der Brust und auf dem Rücken drauf hatten.

Warum dieser Start-up-Dresscode?
Das Unternehmen wird lediglich am Anfang kurz mit dem Namen vorgestellt und kurz eingeblendet. Die restliche Zeit sind hauptsächlich die Gründer und die Löwen im Bild. Ein Banner im Hintergrund kommt kaum zur Geltung und ist kaum lesbar. Viele Zuschauer können sich aber in der Zeit den Namen und die Webseite visuell gut merken. Viele sitzen während der Sendung mit einem Tablet, einem Smartphone oder mit einem Notebook auf dem Sofa und schauen sich schon beim Pitch sofort die Webseite an. Hat der Zuschauer gleich am Anfang verpasst sich die Webseite zu merken oder den Namen nicht gelesen bzw. nicht richtig gehört, so gibt man ihm in der gesamten Zeit eine weitere Möglichkeit. Diese Information ist am Ende richtig viel bares Geld wert. Auf jeden Fall sollte die Präsentation des Produktes oder die Idee richtig gut und professionell vorbereitet sein. Es gab Start-ups, die von den Löwen recht abwertend kritisiert wurden, weil die Vorbereitung auf die leichte Schulter genommen wurde. Schließlich soll aber auch der Zuschauer als potentielle Kunde ein professionelles Produkt sehen und nicht einen schlechten Prototyp. Sowohl die Zuschauer als auch die Löwen haben nicht zwingend die notwendige Vorstellungskraft sich das zukünftige Produkt vorzustellen, wenn ein Start-up erst ganz am Anfang der Umsetzung steht.

haben Sie noch weitere Tipps für die Fragestunde?
Auf die Fragerunde sollte man sich wirklich gut vorbereiten. Und man sollte in der Lage sein die wichtigsten Kennzahlen sofort beantworten zu können. Wenn die Produktionskosten und Preise abgefragt werden, so sollte man auf jeden Fall im gleichen Satz gleich dazu sagen, welche Kostenarten zusätzlich zu den Selbstkosten hinzukommen. Viele potentielle Kunden verstehen nicht, dass das Produkt in der Herstellung günstig sein muss, weil zum Beispiel Groß- und Einzelhandel auch noch ordentlich dran verdienen wollen. Wichtig ist es, dass man den anschließenden Schnitt der Aufnahme im Hinterkopf behält und über die gesamte Dauer auf dem Set ein möglichst durchgehend positives Bild abgibt. Denn beim Schnitt hat das Start-up gar keine Möglichkeit etwas zu entscheiden. Man sieht den eigenen Auftritt zum ersten Mal in der Ausstrahlung.

Wie haben Sie sich sonst so auf die Sendung vorbereitet?
Vorbereitend auf die Sendung hatten wir uns einige Sendungen von “Dragon’s Den” und “Shark tank” angeschaut und wussten dennoch nicht was auf uns zukommt. Der wesentliche Vorteil der Start-ups, die in der zweiten Staffel teilnehmen wollen, ist, dass sie sich die gesamte erste Staffel anschauen können. Die meisten Fragen wiederholen sich, so dass man sich sehr gut vorbereiten kann und aus den Fehlern der Start-ups sehr gute Rückschlüsse ziehen kann. Das empfehle ich auf jeden Fall zu tun. Gegenüber den Investoren kann ich nur empfehlen freundlich, respektvoll und dennoch sehr selbstbewusst gegenüber zu treten. Wenn man das Angebot für unfair hält, sollte man es besser in der Sendung gleich ablehnen, obwohl die Entscheidung binnen Minuten und Sekunden gefällt werden muss, was durchaus schwierig ist. Ich empfehle auch konkret das Angebot von den Investoren zu hinterfragen, um zu verstehen was einem wirklich versprochen wird, ob es so eingehalten werden kann und was es tatsächlich wert ist.

Worauf muss man vorbereitet sein, wenn die Sendung dann tatsächlich ausgestrahlt wird?
Von der Aufnahme bis zu Sendung vergehen einige Monate. Man sollte auf jeden Fall vor der Sendung eine eigene Webseite fertig gestellt oder falls notwendig überarbeitet haben. Die Webseite sollte idealerweise responsive sein, sprich auf die Darstellung auf Smartphones und Tablets optimiert sein. Wenn es sich um ein Produkt handelt, so sollte man das Produkt sowohl im eigenen Online-Shop als auch bei Amazon platziert haben. Viele Zuschauer sind bereits Amazon-Kunden und neigen eher dazu bei Amazon einzukaufen. Zu Produktvertrieb auf Amazon gibt es noch reichlich andere Vorteile, über die man sich im Netz erkundigen kann. Auf der Webseite ist es empfehlenswert noch ein kurzes Erklärvideo zum Produkt oder zur Dienstleistung zu platzieren.

Während der Sendung sind viele Websites der Start-ups abgestürzt: Wie kann man sich auf den Ansturm vorbereiten?
Ganz wichtig ist es die Server-Kapazität aufzustocken, so dass der Server dem Ansturm von Zuschauern standhält. Die Server vieler Start-ups aus der ersten Sendung sind in ersten Minuten wegen Überlastung ausgefallen, was finanziell wirklich bitter ist. Für maximal ein paar hundert Euro kann man bei seinem Hosting-Provider die Serverkapazität entsprechend anpassen und schnell skalierbar machen. Es gab unterschiedliche Aussagen darüber wie viele in der Sendung auf der Webseite waren. Aus eigener Erfahrung und aus Gesprächen mit anderen Start-ups kann ich sagen, dass man während der Sendung mit 20.000 bis 50.000 Besuchern rechnen kann. Das kann man dann auf die Klicks pro Sekunde runter brechen, um die notwendige Serverkapazität zu berechnen. Aussagen wie 500.000 Besucher während der Sendung, die den Server zum Einsturz gebracht haben, halte ich persönlich für etwas unrealistisch. Bei 1,5 bis 2 Millionen Zuschauern müsste somit jeder dritte oder vierte Zuschauer mit einem Notebook, Smartphone oder Tablet am Fernsehen sitzen und von dem Produkt so interessiert sein, dass man sofort auf die Webseite des Start-ups geht. Am nächsten Tag klingt die Besucherzahl auch deutlich ab. Das sind unsere Erfahrungswerte, die von einigen anderen bestätigt wurden, jedoch für gibt es mit Sicherheit auch Start-ups mit Produkten, die auf größere Nachfrage stoßen. So gab es Aussagen von Foodist, dass der Umsatz innerhalb von 24 Stunden während und nach der Sendung bei 300.000 Euro lag und es 1 Millionen Seitenaufrufe – nicht mit Besuchern zu verwechseln – gab. Das ist wirklich gigantisch und ich freue mich für die Gründer, wenn es tatsächlich so war. Die Besucherwelle auf der Webseite empfehle ich auf jeden Fall dazu zu nutzen, um neue Facebook-Fans, Twitter-Follower und Newsletter-Abonnenten zu gewinnen. Wir hatten hierzu einen Störer, einen überblendeten Pop-up, auf unserer Seite platziert und die Besucher dazu animiert unser Facebook-Fan zu werden sowie ein Gutschein jedem Newsletter-Abonnenten angeboten. Gleichzeitig hatten wir ein Gewinnspiel auf unserer Facebook-Seite gestartet. Es gibt sicherlich noch viele weitere Ideen, um diese kurzzeitige Aufmerksamkeit der Masse für sich gewinnbringend zu nutzten, man sollte sich dazu viele Gedanken machen und die Zeit vor der Sendung für die Realisierung nutzen. Auf diese Weise kann man den Auftritt in der Sendung, neben der Reichweite, dem Branding und ordentlichen Umsatz, mit weiteren Vorteilen für sich nutzten, so dass das Investment der Löwen gar nicht mehr an erster Stelle stehen muss. Mit diesen Gedanken im Hinterkopf kann man auch etwas entspannter gegenüber den Löwen treten.

Was sollten Gründer, die sich in die Höhle wagen auf gar keinen Fall machen?
Im Hinblick auf neue potentielle Investoren – nach der Sendung – kann ich jedem nur empfehlen keine unrealistische Zahlen zu nennen. Die Investoren wollen diese Zahlen als allererstes geprüft haben. Wenn es sich dann gleich herausstellen sollte, dass es so nicht stimmt, dann ist der Vertrauensbruch derart groß, dass die Investoren weitere Gespräche sofort abbrechen. Auch würde ich keinem empfehlen im Hinblick auf die Sendung auf Lager zu produzieren – in der Hoffnung, dass die Nachfrage sehr groß sein wird – um nach der Sendung schnell liefern zu können. Fällt die Nachfrage nicht so wie erwartet aus, bleibt man erst Mal auf den Kosten sitzen. Ist die Nachfrage tatsächlich hoch, so sollte man im Anschluss eine gute Kommunikation zu den Kunden aufbauen und die Verzögerung aufgrund von enormer Nachfrage proaktiv kommunizieren. Ungeduldige Kunden kann man beispielsweise mit einem Goodie wieder glücklich machen.

Zum Schluss noch ein Blick auf myCleaner selbst: Wie hat sich ihr Start-up seit der Sendung entwickelt?
Die Sendung wurde Mitte Februar des vergangenen Jahres gedreht und leider erst im August ausgestrahlt, so dass die Auswirkung der Sendung erst in der zweiten Jahreshälfte ihre Wirkung zeigte. Gleich nach der Aufnahme hatten wir im März auf der Crowdinvesting-Plattform Seedmatch von knapp 200 Privatinvestoren 200.000 Euro eingesammelt. Der Fokus im vergangenen Jahr lag bei uns insbesondere im Vertrieb unserer Reinigungsmittel für die Autowäsche ohne zusätzlicher Verwendung von Wasser. Wir haben ein Online-Shop entwickelt und im Mai live gesetzt, um den Vertrieb sauber abwickeln zu können und die Produkte sowohl b2c- als auch b2b-Kunden anbieten zu können. Wir haben vor allem viele Autovermietungen als Kunden gewinnen können und sind gerade dabei den Vertrieb international aufzustellen. Die größte US-amerikanische Autovermietung hat bereits an über 60 % ihrer Mietstationen die Autoreinigung auf unsere Reinigungsmethode mit unseren Produkten umgestellt und baut es aktuell national und international weiter aus. Der Vorteil im Vertrieb der Reinigungsmittel ist, dass wir sofort national und international Umsätze generieren und damit schnell skalieren können. Im Service konnten wir im Laufe des vergangenen Jahres viele neue Firmenkunden gewinnen, unter anderem KPMG, dm, Texas Instruments und viele andere namhafte Unternehmen, die Ihre Fuhrparks durch unsere Mitarbeiter in eigenen Parkhäusern reinigen lassen. Insgesamt ist unser Umsatz im vergangenen Jahr auf 600.000 Euro angestiegen und wurde im Vergleich zu 2013 verdoppelt. Damit konnten wir auf Monatsbasis unser Break-Even erreichen.

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Zur Person
Slawa Kister ist Mitgründer und Geschäftsführer bei myCleaner, der Online-Plattform für mobilen Autoreinigung als Vor-Ort-Service. Kister ist dabei für Finanzen, Strategie und Optimierung betriebswirtschaftlicher Prozesse verantwortlich. Vor seiner Zeit bei myCleaner sammelte Kister als Unternehmensberater und Projektleiter weltweit Erfahrungen in der Standardisierung IT-gestützter Geschäftsprozesse für global agierende Unternehmen unter anderem Daimler, BoschRexroth, Kyocera, Roche, und Fendt.

Foto (oben: © VOX
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Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.