Bauerntüte liefert nun bundesweit

“Wir verstehen uns als Alternative zum Supermarkt”

"Viele unserer Bio-Produkte finden sich nicht im Supermarkt und entstehen oftmals noch in Handarbeit, welche im Regelfall teurer als Waren im Discounter sind. Wir wollen kleine landwirtschaftliche Betriebe fördern", sagt Manuel Perera, Gründer der Kölner Bauerntüte, die nun expandiert.
“Wir verstehen uns als Alternative zum Supermarkt”
Montag, 8. Dezember 2014VonThomas Riedel

Ab sofort ist der Online-Lebensmittelhändler Bauerntüte deutschlandweit verfügbar. Damit stellt sich der Anbieter für regionale Bio-Produkte der nationalen Konkurrenz. Während der Online-Handel mit Lebensmitteln in Nachbarländern bereits angekommen ist, ist Deutschland erst noch am Anfang. Von bislang gerademal 1 % der Lebensmittel, die online bestellt werden, soll die Zahl 2020 auf 20% steigen. Von diesem Wachstum will Manuel Perera, der Gründer der Bauerntüte, profitieren.

Was ist die Bauerntüte und wie ist die Idee dazu entstanden?
Das Start-up Bauerntüte ist ein Online-Lebensmittelhandel und wir verstehen uns als Alternative zum Supermarkt und der damit verbundenen Massenproduktion. Wir beziehen die meisten Lebensmittel direkt von Bauernhöfen und Manufakturen aus Köln und dem Umland. Die Idee enstand auf dem Wochenmarkt. Ich fragte mich: Warum kann man sich so schöne, frische und regionale Produkte nicht einfach nach Hause liefern lassen, am besten ohne Abo? Eine Art 24-Stunden Wochenmarkt im Netz. Mittlerweile besteht unser Team aus drei festen Mitarbeitern und vier Freelancern.

Wie funktioniert euer Geschäftsmodell?
Bauerntüte besteht aus mehreren Geschäftseinheiten: Einerseits beliefern wir Kunden im B2C-Bereich, andererseits beliefern wir im Raum Köln und Leverkusen auch Großkunden (B2B), wie Kindergärten, Kinos, Kioske und Großraumbüros mit Obst, Gemüse, Getränken und Fleisch. Neben den Lebensmittellieferungen werden wir ab dem Frühjahr 2015 Ausflüge in die Region zu unseren Partnerhöfen vermitteln.

Wie hat sich das Geschäft im Laufe der Zeit entwickelt – Und welche Learnings habt ihr machen müssen?
Im Februar 2014 sind wir an den Markt gegangen und sind bereits kurz davor den Break-Even zu erreichen. Uns war es von Anfang an wichtig nah am Kunden zu sein um auf Feedback eingehen zu können. Am Anfang haben wir zum Beispiel viel zu kompliziert gedacht und uns dadurch vieles unnötig schwer gemacht. Ich erinnere mich beispielsweise an die Usability unseres Shops an der wir viel gearbeitet haben und noch arbeiten müssen. Der Online-Lebensmittelhandel birgt generell viele Hürden, die man erst meistern muss. Mittlerweile haben wir das im Griff und es bieten sich ganz neue Nischen, Perspektiven und Optionen an, die wir 2015 angehen werden. Aktuell arbeiten wir mit sieben Bauernhöfen und vier weiteren Partnern zusammen und erweitern laufend unser Sortiment.

Ihr habt bereits Mitte November das Liefergebiet auf die gesamte Bundesrepublik ausgeweitet. Gerade die Logistik ist ja der Knackpunkt. Wie löst ihr das Problem?
Naja, unser Hauptaugenmerk ist natürlich immer noch das Motto “aus der Region für die Region“. Da unser Sortiment immer größer wird und schon viele Spezialitäten dabei sind, die man nur hier in NRW bekommt, macht ein deutschlandweiter Versand Sinn. Die Expansion ist durch unseren Vertriebspartner DHL-Kurier möglich, welche sich auf die Distribution von Lebensmitteln spezialisiert hat. So können wir komplett NRW am nächsten Tag und den Rest Deutschlands bereits übermorgen beliefern. Die Sendungen laufen hier nicht über das normale Paketnetz, so dass auch empfindliche Lebensmittel wie Eier unbeschadet ankommen. Für uns heißt das jetzt aufstocken.

Wie funktioniert das Einhalten der Kühlkette?
Das geschieht mit einer passiven Kühlung. Bei der Beschaffung und dem Versand arbeiten wir mit Kühlboxen. Wenn die Bestellung beim Kunden eintrifft, wird unsere gekühlte Bauerntüte aus der Box genommen und dem Kunden überreicht. Der Fahrer nimmt die Box dann wieder mit. Damit man nicht ewig auf seine Bestellung warten muss, existiert ein zwei-stündiges Lieferfenster, welches flexibel ausgewählt werden kann. Sollte ein Kunde nicht anzutreffen sein, wird dieser angerufen. Sollte das auch erfolglos bleiben, wird die Bauerntüte bei einem Nachbarn zwischengeparkt.

Das gute an der Bauerntüte in NRW ist ja, das die Lebensmittel aus der Region kommen. In Berlin bekommt man dann Berliner Lebensmittel?
Eine Art Franchise-Modell ist natürlich angedacht. Bis dahin versenden wir in andere Städte Kölner Lebensmittel und Delikatessen.

Wenn man sich die Preise im Shop anschaut, dann handelt es sich nicht um Discountpreise.
Viele unserer Bio-Produkte finden sich nicht im Supermarkt und entstehen oftmals noch in Handarbeit, welche im Regelfall teurer als Waren im Discounter sind. Wir wollen kleine landwirtschaftliche Betriebe fördern, so dass diese Strukturen erhalten bleiben. Unsere Landwirte, Produzenten und Partner erhalten allesamt einen fairen Lohn.

Wie wollt ihr euch gegen die nationale Konkurrenz durchsetzen?
Zunächst ist uns Transparenz im Produktionsprozess sehr wichtig, so dass wir mit allen Partnern Videos produziert haben, welche die Fragen: Wer, wie, was, wo schon im Vorfeld beantworten. Nahezu alle Produkte in unserem Onlineshop stammen aus NRW, so dass weite Wege wegfallen und die Produkte besonders frisch sind. Ein weiterer USP sind die einzigartigen Produkte, die wir anbieten. Auch das reichhaltige Produktsortiment, welches sogar Wurst- und Fleischwaren beinhaltet, ist hervorzuheben. Zudem liefern wir diese leckeren Produkte an Klein- und Großkunden. Das Wichtigste: Unseren Lebensmitteln kann man vertrauen. Zudem bringen wir nicht nur die Region in die Stadt, sondern mit unseren Ausflügen auch die Städter hinaus aufs Land. Wir verzichten zudem auf eine eigene teure Infrastruktur. Nur innerhalb Kölns fahren wir hauptsächlich an Großkunden selbst aus.

Welche Herausforderungen müsst ihr in Zukunft noch bewältigen?
Bauerntüte versteht sich auch als Schnittstelle zwischen Erzeugern und Konsumenten, so dass es auch bald möglich sein wird, über unser Portal direkt mit Produzenten zu kommunizieren. Zudem werden wir ab dem Frühjahr Ausflüge zu Partnerhöfen anbieten, die mit Hofführungen und erlebnisorientierten Kursen/Workshops ein vielfältiges Ausflugsprogramm bieten. Das angesprochene Franchise-Modell ist ein weiteres langfristiges Ziel. Um die nächsten Meilensteine zu erreichen, wird noch Kapital benötigt. Daran arbeiten wir zur Zeit.

Foto: Copyright Nicole Wahl

Thomas Riedel

Thomas Riedel, Online-Redakteur von deutsche-startups.de und dem neuen Schwestermagazin digitale-leute.de und arbeitet seit 2005 als Journalist. Schon während seinem Volontariat bei einem regionalen Familienmagazin bloggt er über die Tech-Szene und baut den Online-Kalender Nerdhub auf, der deutschlandweit Termine agreggiert. Einen Namen machte er sich als Beobachter der regionalen Tech-Szene in NRW.