15 Fragen an Max Gärtner von Vicampo

“Gerade am Anfang ist Flexibilität wichtig”

Jeden Freitag beantwortet ein Gründer oder eine Gründerin unseren standardisierten Fragebogen. Der Fragenkatalog lebt von der Vergleichbarkeit der unterschiedlichen Fragen, die alle Gründerinnen und Gründer beantworten müssen – diesmal antwortet Max Gärtner von Vicampo.
“Gerade am Anfang ist Flexibilität wichtig”
Freitag, 22. November 2013VonChristina Cassala

Jeden Freitag beantwortet ein Gründer oder eine Gründerin unseren standardisierten Fragebogen, den es inzwischen auch in gedruckter Form und als eBook gibt – siehe “Hinter den Kulissen deutscher Start-ups“. Der kurze Fragenkatalog lebt von der Vergleichbarkeit der unterschiedlichen Fragen, die alle Gründerinnen und Gründer beantworten müssen – diesmal antwortet Max Gärtner von Vicampo.

Was bedeutet es Ihnen, Ihr eigener Chef zu sein?
Mir macht es vor allem Spaß, Dinge voran zu treiben, zu entwickeln, mit meiner Arbeit einen Unterschied zu machen. Wer mein Chef ist oder ob ich überhaupt einen Chef habe, spielt dabei eine eher untergeordnete Rolle. Mich reizt vorrangig, was für eine Arbeit ich mache, nicht für wen. Aber die Richtung vorzugeben, wenn es denn dann erfolgreich ist, ist natürlich ein tolles Gefühl!

Bei welcher Gelegenheit kam Ihnen die Idee zu Ihrem Start-up?
Die Idee kam meinem Bruder, der nach seinem Studium an der EBS Business School Weinwelt-Rheingau gegründet hat. Dabei handelt es sich um einen klassischen Weinhandel, allerdings ausschließlich für Weine aus dem Rheingau. Er merkte dann schnell, dass es ziemlich viele Nachteile mit sich bringt, ein eigenes Lager zu haben: Mindestabnahmemengen, gebundenes Kapital, Angebotsgröße usw. müssen immer im Blick behalten werden. Die teuren Weine hatten wir beispielsweise oft nur in kleinen Mengen vorrätig. Wollte ein Kunde dann eine größere Menge haben als vorrätig, erfolgte der Versand nach einem kurzen Telefonat ganz einfach direkt vom Weingut zum Kunden.

So entstand die Idee zu Vicampo: Wir konzentrieren uns auf das, was dem Kunden den größten Mehrwert bietet. Dazu gehören die größte Auswahl an deutschen und internationalen Weinen online sowie eine gute Usability des Shops. Im Gegensatz zu herkömmlichen Online-Shops sparen wir uns die Kopfschmerzen, die durch ein eigenes Lager entstehen.

Woher stammte das Kapital für Ihr Unternehmen?
Wir sind drei Gründer und haben jeweils 20.000 Euro mit in das Unternehmen gebracht. Dazu verzichteten wir alle für sechs Monate auf unser Gehalt. Damit war der Grundstein gelegt und wir konnten beginnen, eine solide Finanzierung auf die Beine zu stellen.

Was waren bei der Gründung Ihres Start-ups die größten Stolpersteine?
Eine der größten Schwierigkeiten bestand darin, 200 Winzer individuell von dem Konzept hinter Vicampo zu begeistern und für uns zu gewinnen. Wir waren und sind nach wie vor an den spannendsten Winzern interessiert. Diese haben in den meisten Fällen aber bereits zahlreiche Vertriebskanäle, so dass es für sie keine Notwendigkeit gibt, zusätzlich an externe Händler zu verkaufen. Dennoch ist es uns gelungen, einen Großteil davon zu überzeugen, dass das Modell von Vicampo für alle Beteiligten Sinn macht.

Was würden Sie rückblickend in der Gründungsphase anders machen?
Rückblickend würde ich, und ich denke da spreche ich auch für meine Partner, vieles anders machen. Als Gründer entwickelt man sich ständig weiter, hinterfragt kontinuierlich und versucht permanent, Dinge beim nächsten Mal besser zu machen. Aber darin sehe ich kein Problem, im Gegenteil. Gerade am Anfang ist Flexibilität wichtig. Wir probieren lieber Dinge aus, als uns ewig den Kopf darüber zu zerbrechen.

Jedes Start-up muss bekannt werden. Welche Marketingspielart ist für Sie besonders wichtig?
Keine, der Kanalmix macht’s. Und hier gilt: probieren, analysieren, optimieren.

Welche Person hat Sie bei der Gründung besonders unterstützt?
Gerade während der Gründungsphase haben wir drei Gründer Felix, Daniel und ich uns hauptsächlich gegenseitig unterstützt. Wir hatten alle, jeder für sich und seinen Bereich so seine Sorgen und Hoffnungen, gleichzeitig wussten wir um die aktuellen Probleme, die es als Großes und Ganzen zu bewältigen galt. Da hat es sehr geholfen, mit all dem nicht allein zu sein.

Welchen Tipp geben Sie anderen Gründern mit auf den Weg?
Um eine gewisse Glaubwürdigkeit zu erzielen, sollte zunächst das Produkt fertig sein, bevor beispielsweise mit dem Marketing begonnen wird. Glaubwürdigkeit ist das A und O, ohne das sich kein treuer Kundenstamm aufbauen lässt.

Sie treffen den Bundeswirtschaftsminister – was würden Sie sich für den Gründungsstandort Deutschland von ihm wünschen?
Wahrscheinlich eine prinzipielle Vereinfachung bei den ganzen Formalitäten. Aber damit kenne ich mich im Detail nicht gut genug aus um konkrete Vorschläge machen zu können. Nur dieses Gefühl, dass es einfacher gehen könnte und auch sollte.

Was würden Sie beruflich machen, wenn Sie kein Start-up gegründet hätten?
Ich vermute, ich würde weiterhin für Bain & Company als Berater arbeiten, also den Job machen, den ich vorher hatte. Dieser Job hat mir ebenfalls riesigen Spaß gemacht. Vielleicht würde ich aber auch als Filmproduzent arbeiten, das war mein Berufswunsch bevor ich über Umwege in der Beratung gelandet bin. Würde mich auch immer noch reizen, leider kann man nicht alles auf einmal machen.

Bei welchem deutschen Start-up würden Sie gerne mal Mäuschen spielen?
Westwing. Bei Bain & Company war Stefan Smalla ein Kollege von mir. Was er da in kurzer Zeit hochgezogen hat, finde ich absolut beeindruckend.

Sie dürften eine Zeitreise unternehmen: In welche Epoche reisen Sie?
Kommt ganz darauf an. Zeitreise für wie lange? Für eine Wochenendparty würd ich mir gerne einmal die 20er in Berlin oder New York anschauen. Prinzipiell glaube ich aber, dass ich genau zur richtigen Zeit lebe. Freiwillig für länger in ein Zeitalter ohne Internet? Eher nicht.

Sie haben eine Million Euro zur persönlichen Verfügung: Was machen Sie mit dem ganzen Geld?
Für mich persönlich brauche ich aktuell nicht viel, das meiste was mir Spaß macht ist umsonst oder kostet nicht viel. Da ich später mal eine Familie haben möchte, würde ich wahrscheinlich dafür etwas auf die hohe Kante legen, den Rest in die Firma stecken.

Wie verbringen Sie einen schönen Sonntag?
Zuerst einmal ausschlafen, dann mit meiner Freundin, Familie oder einfach mit der Sonntagszeitung in Ruhe frühstücken. Ein bisschen arbeiten, Fußball spielen, noch ein bisschen Arbeiten. Anschließend ein gutes Abendessen, und danach entspannen, zum Beispiel bei einem Film oder einem Glas Wein mit der Freundin oder Freunden.

Mit wem würden Sie sich gerne einmal auf einen Kaffee oder ein Bier verabreden?
Mein Favorit für ein gemeinsames Getränk wäre definitiv Angela Merkel, aber natürlich auf einen Wein. Man hört fast immer nur Gutes von ihr, doch bei öffentlichen Auftritten kommt davon oft leider nicht viel rüber, z.B. beim dem TV-Duell fand ich beide Kandidaten zum Fremdschämen. Mich würde es daher sehr reizen, mir ein eigenes Bild von ihr machen zu können.

Im Fokus: Weitere Fragebögen in unserem großen Themenschwerpunkt 15 Fragen an

Zur Person:
Max Gärtner ist Gesellschafter und Mitgründer von Vicampo.de (www.vicampo.de), Wine-in-Black.de (2011) und weinwelt-rheingau.de (2009). Zunächst begann Max Gärtner sein Studium zum Diplom Medienwirt an der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz im Jahr 2006. Zuvor erhielt er ein Stipendiat der Studienstiftung. Er absolvierte außerdem ein Full-Time MBA an der Rotterdam School of Management/ AGSM Sydney (2010), bevor Max Gärtner als Senior Consultant bei Bain & Company (Schwerpunkt Handel & Konsumgüter) (2007-2011) tätig wurde.

15 Fragen als eBook und in gedruckter Form

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Christina Cassala

Christina Cassala, Redakteurin bei deutsche-startups.de, war schon zu ihren besten Uni- Zeiten in den 90er Jahren journalistisch tätig. Gleich nach dem Volontariat arbeitete sie bei einem Branchenfachverlag in Hamburg, ehe sie 2007 zu deutsche-startups.de stieß und seither die Entwicklungen der Start-up Szene in Deutschland mit großer Neugierde beobachtet.