Brand Confusion – wer sind die und wenn ja wie viele?

Die richtige Namenswahl: Sie gehört zu den wichtigsten Entscheidungen in der Gründungsphase. Wer hier nicht einige wichtige Punkte beachtetet riskiert nicht nur rechtlichen Ärger sondern auch eine sogenannte Brand Confusion. So bezeichnet man […]
Brand Confusion – wer sind die und wenn ja wie viele?
Freitag, 6. September 2013VonChristina Cassala

Die richtige Namenswahl: Sie gehört zu den wichtigsten Entscheidungen in der Gründungsphase. Wer hier nicht einige wichtige Punkte beachtetet riskiert nicht nur rechtlichen Ärger sondern auch eine sogenannte Brand Confusion. So bezeichnet man das Phänomen, dass Kunden eine Marke nicht richtig zuordnen können. – Gastbeitrag von Frederik Fischer, Gründer von tazaldoo. Eine Brand Confusion beschreibt das Phänonmen, dass Kunden eine Marke nicht richtig einordnen können.

Klassische Beispiele sind ähnlich klingende Marken oder Namen, die beim Kunden falsche Assoziationen wecken. Auch die Konkurrenz zwischen Firmen- und Produktnamen können zu einer Brand Confusion führen – siehe dazu auch: “‘Es war unklug, den Produkt- vom Firmennamen zu trennen’ – 15 Fragen an Frederik Fischer von Tazaldoo“.

Die Namenwahl ist daher eine deutlich weniger triviale Entscheidung, als viele denken. Anstatt jedoch zwanghaft zu versuchen, sich einen wahnsinnig kreativen Namen aus den Synapsen zu quetschen, der auf Anhieb das komplette Produkt kommuniziert und dabei so klingt wie Models aussehen, lohnt es sich, Abstand von zu hohen Erwartungen zu nehmen. Wer sich von Anfang an von deskriptiven Namen verabschiedet spart sich eine Menge Frust.

Der Name muss originell und gut klingen

Es ist nicht nur häufig verteufelt schwer einen beschreibenden, originellen UND gut klingenden Namen zu finden – es ist auch sehr wahrscheinlich, dass Konkurrenten dieselbe oder eine ähnliche Idee hatten. Bereits vor der Namenswahl muss daher sorgfältig geprüft werden, ob es nicht schon ähnlich klingende Firmennamen in derselben Waren- bzw. Dienstleistungsklasse gibt. Dies kann nämlich neben der grundsätzlichen Verwechslungsgefahr ausgewachsene rechtliche Konsequenzen haben. Eine Recherche in der Datenbank des Deutschen Patent- und Markenamtes hilft hier nur bedingt. Denn bereits eine phonetische Ähnlichkeit führt unter Umständen zu Abmahnungen. Und selbst wenn es nicht zu juristischen Turbulenzen kommt, bleibt die Gefahr, dass Kunden einen nicht richtig zuordnen und so häufig verwundert bei der Konkurrenz landen. Die beiden News-Startups Storify und Storiful können hierüber ein (Klage)Lied singen.

Fantasienamen können helfen

Wem übrigens partout kein gut klingender Fantasiename einfällt sei die Blending-Methode empfohlen. Hier werden einfach Buchstaben oder Silben mehrerer Wörter zusammengezogen. Beispiele hierfür sind Wooga (WO Of GAming) und Opodo (OPortunity tO DO). Alternativ kann man sich auch von fremden Sprachen inspirieren lassen. So hat das Kampagnennetzwerk Avaaz sich beispielsweise bei der Namenswahl beim persischen Wort für “Geräusch” oder “Lied” bedient. Auch unser Firmenname ist durch einen Mischung aus beiden Methoden entstanden. Wir haben Journalisten aus aller Welt gefragt, wie sie unser Produkt in ihrer Sprache beschreiben würden. Ein Kollege aus Kirgistan schlug die Wörter taza (“Analyse”) und taldoo (“rein”, “gründlich”) vor. Diese zogen wir zusammen und kreierten so das Fantasiewort Tazaldoo.

Aufbau der Marke

Aber steht der Name, fängt die Arbeit erst an denn eine Marke ist mehr als ein Name – eine gute Marke hat eine Identität. Sie hat ein Logo, einen Webauftritt und Accounts in sozialen Medien. Umso ärgerlicher ist ein Fehler, den viele Start-ups begehen: Die getrennte Kommunikation von Produkt und Firmenname. In vielen Fällen macht es Sinn das Produkt- vom Firmennamen zu trennen. Wichtig ist in dem Fall ergibt aber frühzeitig zu entscheiden, welche Marke primär aufgebaut werden soll – die der Firma oder die des Produkts.

Wir zum Beispiel hatten ursprünglich vor nicht ein einzelnes Produkt, sondern eine ganze Reihe von Social Media Recherchetools zu entwickeln. DEshalb entschieden wir uns dafür zunächst die Firmenmarke aufzubauen und richteten folglich unseren Webauftritt und die Außenkommunikation (z.B. bei Präsentationen, in der Presse) darauf aus. Unter dieser Dachmarke und angelehnt an unsere Corporate Identity wollten wir dann in Folge unsere Recherchetools veröffentlichen eine Reihe von Social-Media Recherchetools veröffentlichen. Bereits unser erstes Produkt, die Twitter-Kontextsuchmaschine Tame (http://tame.it), bescherte uns jedoch ein so euphorisches Feedback, dass wir uns entschieden an diesem einen Produkt festzuhalten und Tame weiter zu optimieren.

Unternehmen vs. Produkt

Das Problem: Während Tazaldoo bereits eine Markenidentität hatte, war Tame zunächst nur eine Web-Applikation. Zwar hatten wir auch für Tame ein Logo gestalten lassen aber abgesehen davon lief die Außendarstellung in Form der Firmen-Website, Visitenkarten und Social-Media Kanäle noch über Tazaldoo. Als wir immer stärker versuchten, Tame in den Mittelpunkt der Kommunikation zu rücken, nahmen die Missverständnisse zu. In den Medien wurde häufig nur tazaldoo.com verlinkt und bei Wettbewerben wie dem German Silicon Valley Accelerator wurde korrekterweise nicht Tame, sondern Tazaldoo als Gewinner kommuniziert.

Kurz gesagt: Ein Großteil der Aufmerksamkeit, die sinnvollerweise in unser Produkt hätte fließen sollen, floss so tatsächlich in unseren Firmennamen. Solch eine Brand Confusion schadet stets Firma und Produkt gleichermaßen.

In dieser Situation gibt es nun zwei Auswege:

1. Man ändert den Firmennamen in den Produktnamen oder umgekehrt bzw. gründet eine neue Firma, die wie das Produkt heißt und die zu 100% von der ursprünglichen Firma gehalten wird.
2. Man lässt den Firmennamen “verschwinden”. Rechtlich ändert sich nichts aber auf den Visitenkarten wird nur mehr der Produktname kommuniziert, die Firmenseite geht offline oder in der Produktseite auf und in der Außenkommunikation wird konsequent nur noch vom Produkt gesprochen. Wichtig ist allerdings, dass die Firmenmarke in der sonstigen Korrespondenz (z.B. Geschäftsbriefe) weiter genutzt wird. Denn wer eine Marke fünf Jahre nicht mehr nutzt verliert die Rechte an ihr.

Wir haben uns für die zweite Option entschieden. Die Aufwendungen die in den Aufbau der Firmenmarke geflossen sind, muss man auf jeden Fall abschreiben. Aber immerhin entstehen weniger zusätzlichen Kosten und administrativer Aufwand.

Zur Person
Frederik Fischer ist Gründer von Tazaldoo (www.tazaldoo.com), die mit Tame (tame.it) eine Kontextsuchmaschine für Twitter entwickelt haben. Zuvor sammelte der studierte Journalist Erfahrung in diversen Print- und TV-Redaktionen, darunter ARD, ZDF, Zeit online und Business Punk. Der gebürtige Dachauer studierte in Hannover und den Niederlanden sowie in London.

Christina Cassala

Christina Cassala, Redakteurin bei deutsche-startups.de, war schon zu ihren besten Uni- Zeiten in den 90er Jahren journalistisch tätig. Gleich nach dem Volontariat arbeitete sie bei einem Branchenfachverlag in Hamburg, ehe sie 2007 zu deutsche-startups.de stieß und seither die Entwicklungen der Start-up Szene in Deutschland mit großer Neugierde beobachtet.