“Jeder hatte uns damals von unserer Idee abgeraten – 15 Fragen an Daniele Fontaniello von brandnooz

Jeden Freitag beantwortet ein Gründer oder eine Gründerin unseren standardisierten Fragebogen, den es inzwischen auch in gedruckter Form und als eBook gibt – siehe “Hinter den Kulissen deutscher Start-ups“. Der kurze Fragenkatalog lebt […]
“Jeder hatte uns damals von unserer Idee abgeraten – 15 Fragen an Daniele Fontaniello von brandnooz
Freitag, 30. August 2013VonChristina Cassala

Jeden Freitag beantwortet ein Gründer oder eine Gründerin unseren standardisierten Fragebogen, den es inzwischen auch in gedruckter Form und als eBook gibt – siehe “Hinter den Kulissen deutscher Start-ups“. Der kurze Fragenkatalog lebt von der Vergleichbarkeit der unterschiedlichen Fragen, die alle Gründerinnen und Gründer beantworten müssen – diesmal antwortet Daniele Fontaniello von brandnooz.

Was bedeutet es Ihnen, Ihr eigener Chef zu sein?
Entscheidend war für mich nicht mein „eigener Chef“ zu sein, sondern in einem Unternehmen zu arbeiten, wo es um die Sache selbst, d.h. das Produkt und den gemeinsamen Erfolg im Team geht. Ich hatte genug von Unternehmenspolitik und Reibereien zwischen großen Abteilungen, die Ressourcen auffressen und am Ende wenig bewegen. Das wollten wir bei uns besser machen: „Dedication and passion“ sind daher auch die treibenden Schlagworte in unserem Team.

Bei welcher Gelegenheit kam Ihnen die Idee zu Ihrem Start-up?
Die Idee kam mir in meinem letzten Job als Brand Manager – dort ging es um Produktinnovationen und erfolgreiche Neuprodukteinführungen. Da fiel mir auf, dass es weder für die Industrie noch für Konsumenten geeignete Plattformen mit Hintergrundinformationen bzw. Testmöglichkeiten von Neuprodukten gab. Da jedoch für beide Seiten ein hohes Interesse daran besteht neue Produkte auszuprobieren, bekannt zu machen und Feedback zu geben, bzw. zu erhalten, war die Idee recht schnell konkretisiert. Unser eigentliches Produkt hat sich seitdem stetig weiterentwickelt, so dass eine Idee alleine nicht ausreicht: So wurde z.B. 2012 die brandnooz Box von uns entwickelt, eine Abo-Box voll mit leckeren neuen Lebensmittelprodukten bekannter Markenartikler. Denn nur durch stetige Marktbeobachtung und Anpassung ist der Erfolg gesichert.

Woher stammte das Kapital für Ihr Unternehmen?
Wir sind klassisch „Bootstrapped“ und haben unsere Ersparnisse in brandnooz investiert. Um das erste Jahr über die Runden zu kommen, mussten wir daher parallel noch als Freelancer arbeiten. Nach der Betaphase und etlichen Learnings haben wir uns dann Geld von der Bank geliehen, um den Relaunch zu starten.

Was waren bei der Gründung Ihres Start-ups die größten Stolpersteine?
Neben den finanziellen Hürden hauptsächlich, dass uns erst mal jeder von unserer Idee abgeraten hat! Mein Partner Johannes Nielsen und ich, wir hatten beide gutdotierte Jobs und einen Start in die Selbstständigkeit zum Höhepunkt der ersten Finanzkrise im April 2009 traf nicht überall auf Zustimmung. Außerdem waren „Word-of-Mouth“ und „Social Media“ zu diesem Zeitpunkt kaum bekannt, geschweige denn in den Mediaplänen der Markenartikler verankert. Aber wir haben fest an die Idee „Neues als Erster auszuprobieren“ geglaubt und sie über die Jahre hin erfolgreich weiterentwickelt.

Was würden Sie rückblickend in der Gründungsphase anders machen?
Weniger konservativ agieren und noch schneller sein. Wir waren am Anfang zögerlich, wollten wenig investieren, um Kosten und Risiko niedrig zu halten. Aber nur zu Dritt im Home-Office und mit den günstigsten Dienstleistern erreicht man eben keine Spitzenleistungen. Um es besser zu machen, braucht man in der Regel Fremdkapital und das hätten wir uns noch früher und in größeren Mengen beschaffen sollen. Die Bank fragte uns damals noch, ob wir nicht lieber etwas mehr Geld beleihen wollten, denn einen zweiten Anlauf gäbe es nicht so schnell. Was soll ich sagen, das Geld war schneller weg als geplant! Am Ende hätten wir uns mit mehr Investitionskapital selbst weniger ausgebremst und frühzeitiger ein hohes Wachstumspotential erzielt.

Jedes Start-up muss bekannt werden. Welche Marketingspielart ist für Sie besonders wichtig?
Ganz klar: „Social Media“ und „Word-of-mouth“. Für die Bewerbung der brandnooz Box setzen wir auf unsere brandnooz Community aus zur Zeit rund 82.000 Nutzern und deren Social Media-Aktivitäten: Jede brandnooz Box wird durchschnittlich auf rund 120 Blogs redaktionell veröffentlicht, dabei spielen auch die „Unboxing-Videos“ auf Youtube und zumeist bebilderte Produktrezensionen in den Social Media -Communities der Abonnenten eine wichtige Rolle. So werden knapp 20 Prozent der brandnooz Box-Umsätze über Facebook generiert.

Die Online-Nachberichterstattungen der brandnooz Boxen erzielen dabei im Schnitt monatliche Reichweiten von bis zu 1.700.000 Kontakten. Die Bilanz nach rund einem Jahr brandnooz Box mit inzwischen 11.000 verkauften Exemplaren pro Monat: Monatlich kommen rund 800 neue Abonnenten für die brandnooz Box dazu. Damit haben wir bewiesen, dass unsere Geschäftsidee nicht nur für Markenartikler funktioniert, sondern auch das eigene Produkt in einem Jahr bekannt und in der Zielgruppe relevant gemacht hat. Und damit widerlegen unsere Zahlen auch die oft noch vorherrschende Meinung, dass Social Media kein Abverkaufsgarant im E-Commerce sei.

Welche Person hat Sie bei der Gründung besonders unterstützt?
Wir uns selbst: Mein Partner Johannes Nielsen und ich haben uns seit Beginn gegenseitig fachlich intensiv ausgetauscht und motiviert. Das ist für Start-ups nicht selbstverständlich, dennoch enorm wichtig für den Erfolg: Im Idealfall hat jeder Partner sein Kompetenzzentrum und stimmt sich über die wichtigsten Ziele kontinuierlich ab, tauscht sich aus. Wenn einer zweifelt, dann motiviert meist der Andere, das gibt Stärke in der Zusammenarbeit. Eine zweite Meinung ist immer hilfreich, manchmal auch eine Dritte. Und hier kommt unser Team mit neuen Ideen und Input ins Spiel: Unser inzwischen recht gewachsenes Team ist beste Inspiration und Unterstützung für uns beide.

Welchen Tipp geben Sie anderen Gründern mit auf den Weg?
Vergesst nie den Kunden! Viele Gründer, wir eingeschlossen, sind in ihre Idee verliebt und versuchen sie stetig weiter zu optimieren. Dabei verliert man manchmal den Blick für das Wesentliche, den Kunden, der am Ende über Erfolg und Misserfolg entscheidet. Insbesondere bei B2B Kunden kommen neben der Idee aber auch noch andere Erfolgsfaktoren zum Tragen. Hierfür haben wir uns einen Vertriebscoach engagiert. Mit seiner Hilfe haben wir den entscheidenden Weg der Kundenansprache und –gewinnung eingeschlagen, der schlussendlich für den anschließenden Erfolg verantwortlich war.

Sie treffen den Bundeswirtschaftsminister – was würden Sie sich für den Gründungsstandort Deutschland von ihm wünschen?
Lieber Herr Rösler, wir von brandnooz denken: Deutschland ist recht gut aufgestellt, was den finanziellen Support von Start-ups anbelangt – Kürzungen im Gründungszuschuss hin oder her, für gute Ideen ist Unterstützung da. Das ist schon mal sehr positiv. Die Fragen, die wir Ihnen aber stellen möchten sind zugleich unser Verbesserungswunsch: Wie kann man in Deutschland fehlenden Mut und deutschen Pessimismus bei potentiellen Gründern von politischer und gesellschaftlicher Seite frühzeitig positiv entgegenwirken? Und wie kann man bereits bestehende Unternehmen motivieren, mit diesen StartUps dann zusammenzuarbeiten und Vertrauen in die Gründer und ihre Ideen zu legen – den Start-ups somit auch Wachstumschancen eröffnen?

Was würden Sie beruflich machen, wenn Sie kein Start-up gegründet hätten?
Auf jeden Fall wieder etwas mit Lebensmitteln. Seit über zehn Jahren habe ich die Idee eines „Chilled Food Supermarkts“ und das bedeutet für mich „Convenience ohne Zusatzstoffe“. Wer weiß, vielleicht schaffe ich es irgendwann mal auch diese Idee umzusetzen.

Bei welchem deutschen Start-up würden Sie gerne mal Mäuschenspielen?
Um ehrlich zu sein, wäre es für mich viel spannender bei unseren Box-Abonnenten Mäuschen zu spielen. Den Überraschungsmoment erleben, wenn sie die brandnooz Box öffnen und ein Produkt nach dem anderen entdecken und ausprobieren. Es scheint, als ob die Abonnenten die Box als „Kinderüberraschungsei für Erwachsene“ wahrnehmen. Auf youtube ist das Phänomen in den monatlichen Vlogger Unboxing Videos zwar sehr gut sichtbar, aber sicherlich zeigt es noch lange nicht das, was beim Testen so alles vor sich geht und das würde uns natürlich unbedingt interessieren!

Sie dürften eine Zeitreise unternehmen: In welche Epoche reisen Sie?
Mit einer aktuellen brandnooz Box unter dem Arm in die Zukunft: Was sagen Konsumenten zu den Produkten von 2013? Welche Innovationen hatten Bestand, welche wurden wie weiterentwickelt? Und was gibt es generell für Lebensmittelneuerungen und neue Marken? Zurück geht es dann mit der brandnooz Box 2050, zum Testen im Team.

Sie haben eine Million Euro zur persönlichen Verfügung: Was machen Sie mit dem ganzen Geld?
Nennen Sie mir einen Gründer, der eine Million Euro nicht in sein Unternehmen investieren möchte, oder zumindest einen Teil davon! Geld zur persönlichen Verfügung ist bei Unternehmern ja meist auch immer “berufliche Verfügung“. Daher ist die Antwort schnell gefunden: Die brandnooz Abo-Box und unser Testportal in noch mehr Ländern launchen.

Wie verbringen Sie einen schönen Sonntag?
Oder vielleicht auch einen schönen Samstag? Ich liebe es in Deutschland und auch im Ausland in Supermärkten zu schlendern. Bei einem Besuch kann gerne mal mehr als eine Stunde draufgehen, bei der ich mich in endlosen Details verstricke: Neuprodukte, Packungsdesigns, Platzierungen, Sortimente, Promotionaktionen etc. Für einen schönen Sonntag gehört für mich zum Ausklang die Sendung „Weltspiegel“ unbedingt dazu. Den schaue ich schon seit über 25 Jahren mit Begeisterung und konnte so als Student die GEZ Gebühren vor mir selbst rechtfertigen.

Mit wem würden Sie sich gerne einmal auf einen Kaffee oder ein Bier verabreden?
Mit jedem, der eine gute Idee hat, egal ob für sich oder für uns. Vielleicht also demnächst mit Ihnen?

Im Fokus: Weitere Fragebögen in unserem großen Themenschwerpunkt 15 Fragen an

Zur Person
Daniele Fontaniello gründete gemeinsam mit Johannes Nielsen bereits 2009 brandnooz (www.brandnooz.de). Zuvor war er im Marketing bei Coca-Cola und Reemtsma tätig gewesen. Dort betreute er u.a. die Marken West Cigarettes und Coca-Cola Classic und war neben der Innovationsentwicklung auch mit der Einführung von Neuprodukten betraut.

15 Fragen als eBook und in gedruckter Form

“Hinter den Kulissen deutscher Start-ups: 45 Gründer über den Aufbau ihres Unternehmens”, heißt der erste Titel der neuen Buchreihe von deutsche-startups.de. Unser erstes Buch, ein Best-of der Rubrik 15 Fragen an, steht unter dem Motto: Von Gründern lernen, sich von deutschen Unternehmern inspirieren lassen. 45 Gründer berichten von Ihren eigenen Erfahrungen, geben wertvolle Tipps und teilen ihre Inspirationen mit den Lesern. Weitere Infos über “Hinter den Kulissen”. Unser erstes Buch jetzt bei Amazon bestellen.

Christina Cassala

Christina Cassala, Redakteurin bei deutsche-startups.de, war schon zu ihren besten Uni- Zeiten in den 90er Jahren journalistisch tätig. Gleich nach dem Volontariat arbeitete sie bei einem Branchenfachverlag in Hamburg, ehe sie 2007 zu deutsche-startups.de stieß und seither die Entwicklungen der Start-up Szene in Deutschland mit großer Neugierde beobachtet.