Good Morning, Tel Aviv! Großer Hype in Israel um Wibbitz

Marketing & PR-Expertin Andrea Frahm nimmt für deutsche-startups.de die brodelnde israelische Start-up-Szene unter die Lupe und berichtet in ihrer Kolumne Good Morning, Tel Aviv! Israel regelmäßig aus dem Start-up-Paradies Tel Aviv, stellt Gründer […]
Good Morning, Tel Aviv! Großer Hype in Israel um Wibbitz
Montag, 17. Juni 2013VonAndrea Frahm

Marketing & PR-Expertin Andrea Frahm nimmt für deutsche-startups.de die brodelnde israelische Start-up-Szene unter die Lupe und berichtet in ihrer Kolumne Good Morning, Tel Aviv! Israel regelmäßig aus dem Start-up-Paradies Tel Aviv, stellt Gründer vor, berichtet über innovative Projekte und Initiativen und durchleuchtet das Geheimnis des Erfolges des Start-up-Hubs im Nahen Osten. In der ersten Ausgabe geht es um Wibbitz.

Israel – Land mit knapp acht Millionen Einwohnern, umzingelt von Feinden an jeder Landesgrenze, und permanent im Kriegszustand. Ein Land, das sich zu Recht selbst als Start-up bezeichnet: 4.000 Start-up-Companies, davon alleine 560 Neugründungen im vergangen Jahr sprechen für sich. Übersetzt heißt dies eine Unternehmensgründung pro 2.000 Einwohner und zweieinhalb Mal so viel Risikokapital pro Kopf wie in den USA (und 30 Mal mehr als in Europa).

Das erste israelische Start-up auf meiner Liste musste ganz klar Wibbitz (www.wibbitz.com) sein, denn der Hype um die Gründer hierzulande ist groß, haben sie es doch geschafft, mit ihrem Konzept innerhalb weniger Monate die US-Verlagswelt zu erobern. Das Business-Konezpt: Wibbitz ist eine Plattform, die textbasierte Artikel automatisch in Videoclips umwandelt. Mit 2,3 Millionen US-Dollar Investment von Horizons Ventures (Facebook, Spotify) im vergangenen Jahr zählen etablierte News-Portale wie CNN oder die New York Times mittlerweile zum festen Kundenstamm der Text-to-Video Website. Ich traf das Gründerteam Yotam Cohen und Zohar Dayan in ihrem loftartigen Büro über den Dächern des Rothschild Boulevards und sprach mit ihnen über die israelische Gründerszene, den Vorsprung gegenüber Europa und Expansionspläne.

Wie entstand die Wibbitz-Idee, und wie genau funktioniert euer Service?
Unsere Plattform analysiert Texte und wandelt diese automatisch mit Hilfe von Images und gefilmtem Footage in Videoclips um. Lange Texte im Web zu lesen, strengt an und kann besonders auf Smartphones schnell nerven und anstrengen. Wir fragten uns also “Warum gibt es noch keine Technologie, die es erlaubt, ellenlange Pressetextte automatisch zu erfassen und in Videos zu verwandeln?” So entstand die Business Idee. Unsere Technologie beinhaltet die automatische Filterung passender Videos und Fotos aus dem Netz, und es wird sofort ein Audio File kreiert. Der gesamte Content wird dann in ein Video verpackt, egal ob News, Sport, Entertainment, Finanzen oder Technologie.

Ihr bietet auf eurer Website einen Free Trial Service an. Kann dieser von jedem Blogger etc genutzt werden?
Ja, es gibt eine kostenlose Basisversion, die jeder auspobieren kann. Alles was du tun musst, ist, die RSS Feeds von deiner Webseite einzugeben, und es wird automatisch ein Newsclip generiert, allerdings nur mit den Headlines. Die Premium-Version hingegen verwandelt ganze Tex-Inhalte und beinhaltet unsere individuelle Beratung. Normalerweise ist die Erstellung eines Videos sehr kosten- und zeitintensiv. Wir bieten ein skalierbares und kosteneffizeintes Tool mit weitaus mehr bedarfsgerechten Monetarisierungsmöglichkeiten.

Wie genau sah der Launch aus? Mit welchen Maßnahmen seid ihr gestartet?
Begonnen haben wir mit der Basis-Version des Konzepts und konnten durch virale Aktionen und Word To Mouth innerhalb kurzer Zeit 50.000 Webseiten gewinnen, die den Service regelmäßig nutzten. So kamen wir auf 17 Millionen generierten Videos pro Monat, und das ohne jegliche Marketing-Maßnahme von unserer Seite. Währenddessen haben wir kontiniuerlich am Ausbau der Premium-Version gearbeitet und diese weiterentwickelt. Heute sind wir in der Lage, mit unserer Software mit einer einzigen URL innerhalb von 15 Sekunden ein Video zu kreieren.

Wie lang war das längste Wibbitz Video?
Gute Frage! Wir konzentrieren uns auf kurze Clips mit einer Länge von 1 bis 2 Minuten. Sogenannte Short Form Clips sind einfach am populärsten, insbesondere im Hinblick auf mobile Endgeräte. Der User braucht keinen ellenlangen Clips. Es geht darum, die wichtigsten Infos visuell und verständlich hervorzuheben.

Was war euer Biggest Challenge vor dem Launch?
Die größte Herausforderung war, ein Expertenteam im Bereich NLP (Natural Language Process) zusammenzustellen, also Profis aus diversen Bereichen, die in der Lage sind, Texte zu verstehen, die wichtigsten Elemente herausarbeiten und visuell umzuwandeln.

In Tel Aviv sollte es ja einfach sein, gute Developer zu finden, mag sich mancher denken. Wie sieht die Realität aus?
Nicht wirklich. Es gibt hier mittlerweile so viele Start-ups, im Grunde genommen startet fast jeder nach dem Militäreinsatz mit seinem eigenen Business-Konzept durch. Dementsprechend groß ist die Konkurrenz mittlerweile. Wir haben den Vorteil, unser Office auf dem Rothschild Boulevard, dem Herzen Tel Avivs, zu haben. Hier sind alle wichtigen Internet Companies zu Hause, man ist mittendrin. Und es hilft uns natürlich, ein brandneues Konzept am Start zu haben. Die besten Entwickler bekommt man am besten mit einzigartigen innovativen Business Ideen.

Ihr fokussiert euch derzeit auf den US-Markt. Wie schaut es mit Europa aus?
Wir haben eine globale Vision und planen auf lange Sicht die Eroberung des europäischen Marktes. Ein nicht unwesentlicher Vorteil ist die Nähe Israels zu Europa. Wir befinden uns bereits in Gesprächen mit deutschen Verlagshäusern.

Wie groß ist das Team, und auf welche Bereiche fokussiert ihr euch?
Wir sind eine technologische Firma, daher liegt der Fokus ganz klar auf Entwicklung und NLP. Bei uns arbeiten zur Zeit 14 Mitarbeiter, davon sind neun Entwickler. Da die visuelle Seite eine große Rolle spielt, haben wir einen Creative Director. Des Weiteren haben wir gerade in New York ein Office eröffnet, um direkte Ansprechpartner vor Ort zu haben. Alles Technologische wird auf jeden Fall von Israel gesteuert.

Start-up-Hub Europa vs Israel. Was sind eurer Meinung nach die wesentlichen Unterscheidungsmerkmale? Was läuft in Israel anders?
Es passiert gerade viel. Israel ist um Längen voraus, was zum goßen Teil am Spirit des Landes liegt. Fast jeder will hier ein Internet Entrepreneur sein. Als Internet Entrepreneur mit einem aufstrebenden Startup bist du hier ein Celebrity, ein Star, und der Medienrummel zieht natürlich die Investoren an. In Europa ist es immer noch wichtiger, zu Beginn der Karriere einen Job in einem großen Unternehmen zu bekommen. Hier will einfach jeder nach dem Militär sein eigenes Unternehmen gründen und tut es auch. Und wenn wir gerade vom israelischen Militärservice sprechen: Was du dort lernst, hilft ungemein fürs Berufsleben. Aufgrunder der hohen Anzahl an Start-ups wird es allerdings auch hierzulande immer härter, Investoren zu finden.

Stichwort Vorbild/Role Model. Habt ihr eins?
Da fällt mir spontan Richard Branson ein.

Was wird die digitale Zukunft bringen?
Wir werden uns immer mehr in eine automatisierte Zukunft bewegen. Devices werden mit uns sprechen. Es wird für jedermann das Normalste der Welt sein, sich mit ihrem Smartphone zu unterhalten. Smart TVs, Smart Glasses werden ebenfalls dazu beitragen, dass wir Inhalte auf anderen Wegen beziehen. Smartphones haben es bereits erfolgreich vorgemacht. Wibbitz.com wird dazu beitragen, Content auf anderen digitalen Wegen zu generieren. Nichtsdestotrotz glauben wir daran, dass Print trotzdem immer einen signifikanten festen Platz in unserem täglichen Leben beibehalten wird.

Foto (oben): skyline cityscape with national Israeli flag and high rise hotel buildingsTel Aviv Israel from Shutterstock