Ist der Online-Handel mit Brillen ein Rückfall ins Mittelalter?

Harte Worte findet Günther Fielmann, Chef der bekannten Optikerkette, bei “Welt Online” zum Thema Online-Brillenhandel: “Das ist ein Rückfall ins Mittelalter. Damals gab es auf den Märkten auch nur Fertigbrillen. Nur der Augenoptiker […]
Ist der Online-Handel mit Brillen ein Rückfall ins Mittelalter?
Montag, 7. Mai 2012VonAlexander Hüsing

Harte Worte findet Günther Fielmann, Chef der bekannten Optikerkette, bei “Welt Online” zum Thema Online-Brillenhandel: “Das ist ein Rückfall ins Mittelalter. Damals gab es auf den Märkten auch nur Fertigbrillen. Nur der Augenoptiker kann eine Brillenstärke bestimmen oder die Brille anpassen. Das geht nicht über das Internet”. Die Online-Konkurrenz wird diese Äuerßung freuen, immerhin müssen Brillenshop wie Brille24.de (www.brille24.de), Mister Spex (www.misterspex.de), Netzoptiker (www.netzoptiker.de) und ganz neu brillen.de (www.brillen.de) nicht befürchten, dass der deutsche Marktführer (1,05 Milliarden Euro Umsatz) im großen Stil in den Online-Handel einsteigt.

Zumindest hält sich der Fielmann-Chef aber ein kleines Hintertürchen offen: Er könne jederzeit damit beginnen, falls die Online-Brille denn von Kunden gewünscht sei. aber ist dies nicht schon der Fall? Der Online-Optiker Mister Spex erwirtschaftete im vergangenen Jahr mit dem Verkauf von Brillen, Sonnenbrillen und Kontaktlinsen einen Umsatz in Höhe von 17 Millionen Euro (vorjahr: 11 Millionen). Das Unternehmen sieht sich damit unter “den zehn umsatzstärksten Händlern der deutschen Optikbranche”. “Umfangreiche Kommunikationsmaßnahmen wie TV-Spots und technische Innovationen wie unsere 3D-Online-Anprobe haben dazu geführt, dass sich immer mehr Menschen eine Brille im Internet bestellen“, sagt Mister Spex-Geschäftsführer Dirk Graber.

Mister Spex machte 2011 17 Millionen Euro Umsatz

“Mittlerweile haben wir schon mehr als 300.000 Kunden.” Für Fielmann mit seinen 6,7 Millionen verkauften Brillen im vergangenen Jahr sind dies Peanuts. Es scheint aber bereits Menschen zu geben, die “Online-Brillen” wünschen. Auch Mario Zimmermann, Geschäftsführer von Brille24.de, ist mit dem vergangenen Jahr zufrieden: “Der Brillenhandel im Internet boomt. Als Pionier unter den Online-Optikern profitieren wir mehr denn je von dieser Entwicklung. Brille24.de blickte zum Ende des Geschäftsjahres auf eine halbe Million zufriedene Kunden zurück”. An Spitzentagen gingen bei Brille24.de im vergangenen Jahr 3.500 Brillen pro Tag über die virtuelle Ladentheke. Insgesamt eine stattliche sechsstellige Zahl. Am besten Tag 2010 verkaufte das Unternehmen rund 2.000 Brillen. Auch bei Brille24.de geht es somit aufwärts. Von Netzoptiker gibt es leider keine Zahlen. Ohnehin scheint das Start-up, welches von Rocket Internet unterstützt wird, zuletzt auf der Bremse zu stehen.

Bleibt von der neue Anbieter brillen.de. Das Start-up, welches von Optiker Matthias Kamppeter und Gutscheine.de-Gründer Marcus Seidel, geführt wird, will den Markt mit einer Kombination aus Online-Shop und Filialnetz erobern. “Die Brille muss nicht zurückgesendet werden, wenn diese nicht ganz passt, sondern kann einfach in eine der 15 Filialen gratis angepasst werden, sowie bei jedem anderen Optiker auch”, teilt das Unternehmen mit. Beim Preis setzt brillen.de auf das Einheitsprinzip, das auch brille24.de fährt. Einstärkenbrillen kosten bei brillen.de 39,90 Euro und Gleitsichtbrillen 149,90 Euro. Vielleicht findet der Fielmann-Gründer diese Online-Offline-Kombi spannender als die klassischen Online-Optiker. Wobei auch Mister Spex schon längt in der realen Welt gelandet ist: Das Start-up startete Mitte des vergangenen Jahres ein Partnerprogramm mit lokalen Optikern. Diese erbringen Serviceleistungen wie Sehtest und Brillenanpassung für Mister Spex-Kunden. Mittelalter sieht anders aus!

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Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.