Typische Probleme von Start-ups im Reisegeschäft – Gastbeitrag von Sebastian Mastalka

Keine Frage – die Reise- und Tourismusbrache ist ein attraktives Geschäftsfeld für junge Unternehmer. Doch in der Reisebranche ist Kreativität gefragt, denn die Verbraucher wollen mit neuen Konzepten überrascht werden. Zu den aktuellen […]

Keine Frage – die Reise- und Tourismusbrache ist ein attraktives Geschäftsfeld für junge Unternehmer. Doch in der Reisebranche ist Kreativität gefragt, denn die Verbraucher wollen mit neuen Konzepten überrascht werden. Zu den aktuellen Trends zählt die Vermittlung privater Unterkünfte an Reisende, mit denen diese Anbieter dem Hotelgewerbe Konkurrenz machen wollen. Die aktuell bekanntesten Online-Vermittler sind das US-amerikanische Unternehmen Airbnb (www.arirbnb.de) sowie deren deutsche Pendants Wimdu (www.wimdu.com) und 9flats (www.9flats.com). Obwohl auf unterschiedlichen Kontinenten sesshaft, haben alle drei Start-ups Gemeinsamkeiten – dazu zählen neben dem Geschäftsmodell auch die branchenspezifischen Probleme, die immer wieder für Schlagzeilen sorgen. Grund genug, der Frage einmal näher nachzugehen, was denn die typischen Probleme von Start-ups in der Reisebranche sind.

Trotz Investorengelder nicht erfolgreich

10 Millionen US-Dollar für 9flats im Mai, 90 Millionen Dollar für Wimdu im Juni und sagenhafte 110 Millionen Dollar für Airbnb im August dieses Jahres: Die Investoren geizen nicht mit Finanzspritzen für die Start-ups mit dem neuartigen Geschäftsmodell. Doch trotz der hohen Summen kommen alle drei Unternehmen auf keinen grünen Zweig. Warum? Die Gründe hierfür sind so vielfältig, wie die privaten Unterkünfte, die sie vermitteln. Aber der Reihe nach.
Der amerikanische Anbieter Airbnb wurde bereits 2008 gegründet und ist damit der älteste der drei Anbieter. Mit seinen deutschen Mitbewerbern gemein hat Airbnb ein überaus schnelles Wachstum. Der Grund hierfür ist im Innovationspotenzial des Geschäftsmodells zu finden. Macht eine Idee erst einmal Schule, entwickelt sich daraus ein globaler Konkurrenzkampf. So wollen die Amerikaner von Airbnb ebenso in Europa Fuß fassen, wie die deutschen Unternehmen Wimdu und 9flats in den USA. In der Reisebranche ist das ein häufig beobachtetes Phänomen, das allerdings Probleme mit sich bringt. Wer schnell wächst, muss seine Mitarbeiterzahl entsprechend anpassen. Das ist bei den deutschen Start-ups in schwindelerregendem Tempo geschehen. Im November 2010 gegründet, beschäftigte 9flats kaum ein Jahr später im August bereits über 100 Mitarbeiter, bei Wimdu arbeiteten ein Vierteljahr nach dem Launch im Februar
2011 schon rund 400 Menschen.

Schnelles Wachstum und der Start-up-Lernprozess – ein unglückliches Paar

Wimdu und 9flats beweisen: Ein gesundes Wachstum erfordert auch das Mitwachsen der Strukturen. Allzu schnelles Wachstum führt fast zwangsläufig zum Kontrollverlust und zu einem Ungleichgewicht in den Geschäftsbereichen. Das äußert sich zumeist im Personalbereich und ist ein deutliches Zeichen von Missmanagement. Jüngstes Beispiel sind die Massenentlassungen bei 9flats und Wimdu. Die Unternehmen erklärten, sie müssten bestimmte Abteilungen neu strukturieren. Es herrsche in einigen Bereichen ein Mitarbeiterüberschuss, in anderen ein Mangel.

Eine weitere Stolperfalle bei Start-ups in der Tourismusbranche – insbesondere bei solchen mit innovativen Konzepten – ist der umfangreiche Lernprozess. Fehler innerhalb der Geschäftsführung sind dabei vorprogrammiert, müssen aber nicht zwangsläufig dramatischen Konsequenzen mit sich bringen. Können sie aber, wie Airbnb, 9flats und Wimdu eindrucksvoll demonstrieren. Wohnungsverwüstungen, Versicherungsforderungen und insgesamt zu hohe Kosten: Die Online-Zimmervermittler haben mit vielen Widrigkeiten zu kämpfen. Viele davon waren im Voraus nicht absehbar und sind ein Teil eben jenes Lernprozesses, der alle Beteiligten viel Kraft kostet.

Wie dem auch sei, die Beispiele dieser Reise-Start-ups zeigen jungen Gründern auf, wie wichtig es ist, eine Unternehmung auf feste Füße zu stellen.

Tipps für Ihr Start-up in der Reisebranche

Auch wenn es banal klingen mag: Neben einer guten Idee sind die beiden wichtigsten Punkte für Existenzgründer im Bereich Reise & Tourismus ein fundierter Businessplan sowie eine standfeste Finanzierung. Bei der Planung helfen Infoportale im Internet, das Ministerium für Wirtschaft sowie Gründervereine, die in jeder größeren Stadt vorhanden sind. Sind die theoretischen Schritte abgeschlossen, beginnt der reale Wettkampf am Markt. Die Standbeine Marketing, Vertrieb und Buchhaltung zählen zu den wichtigsten Geschäftsbereichen und sollten in einem gesunden Maße ausgebaut werden. Ein Gleichgewicht zwischen den einzelnen Abteilungen im Unternehmen ist dabei wichtig, sonst gerät die Firma schnell in Schieflage. Wie das Beispiel der drei Online-Anbieter zeigt, ist langsames Wachstum auf Dauer die risikoärmere Strategie, um ein Start-up erfolgreich auf den Weg zu bringen. Grundsätzlich sind unüberlegte „Hau-Ruck-Aktionen“ in der Gründungsphase gefährlich für das noch labile Betriebskonstrukt.

Der Abschluss der richtigen Versicherungen ist für Start-ups eine weitere elementare Voraussetzung. Wer einen Abschluss versäumt, riskiert leicht den finanziellen Ruin. Für Vermittlungsunternehmen von privaten Unterkünften etwa ist der Vermieterschutz ein wichtiges Thema. Vandalismus und andere Schäden, die auf den Anbieter zurückfallen könnten, sollten durch die richtige Police abgedeckt sein. Für Start-ups der Reisebranche ist zudem ein Eintrag ins Tourismushandbuch eine Überlegung wert. Das erhöht die eigene Sichtbarkeit im Dschungel der Neugründungen.

Wie sich zeigt, sind die Online-Portale Airbnb, 9flats und Wimdu gute Anschauungsbeispiele für die Problemanalyse von Start-ups in der Tourismusbranche. Wollen Sie in der Reisebranche erfolgreich sein, dann planen Sie mit kühlem Kopf und überstürzen Sie nichts. Wer zu schnell rennt, gerät bald ins Stolpern.

Zur Person
Sebastian Mastalka ist als Geschäftsführer der Ferienwohnungen.com GmbH (www.ferienwohnungen.com) Kenner der Branche.

Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.